100 Jahre Hans Warsch: Zweitältester Verein LUs hat seinen Stempel hinterlassen
![Die Prinzessin der Mondglotzer zu Gast auf der Prunksitzung des Karnevalsvereins Hans Warsch | Foto: Julia Glöckner](https://media04.wochenblatt-reporter.de/article/2025/02/10/2/1328252_L.jpg?1739200429)
- Die Prinzessin der Mondglotzer zu Gast auf der Prunksitzung des Karnevalsvereins Hans Warsch
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Ludwigshafen. Hans Warsch ist der zweitälteste Fasnachtsverein Ludwigshafens und zählt zu den 50 ältesten in den badisch-pfälzischen Landstrichen. Einige Mitglieder sind schon seit 70 Jahren dabei und könnten ihre eigene Chronik über die Fasnacht im Wandel der Zeit schreiben. Der namhafte Verein prägte die Fasnacht in Deutschland.
Von Julia Glöckner
Hans Warsch blickt auf eine lange Karnevalstradition zurück. Kerwebesucher gründeten den Fasnachtsverein Hans Warsch 1924 in fröhlicher Runde. Die zuständige Behörde verweigerte ihnen zunächst den Eintrag ins Vereinsregister. Denn unter den 15 Gründungsmitgliedern fehlte es an „höhergestellten Persönlichkeiten“, hieß es in der Stellungnahme des Amtsgerichts. In den Elferräten dominierten damals Eliten, Industrielle, Ärzte, Handwerksmeister, was fast obligatorisch war. „Das typische Elferratsmitglied war damals Handwerksmeister. Heute stehen die Vereine jedem offen, genauso wie der Vorstand. Die Mitgliedschaft ist bunt durchmischt“, erzählt Sibylle Huber, die seit den 1950ern Mitglied ist. „Der älteste Karnevalsverein Ludwigshafens, der KV Rheinschanze, hat uns schließlich 1925 aus der Taufe gehoben, indem er unser Pate wurde.“
Huber kam aus einer Fasnachter-Familie und ist seit den Nachkriegsjahren im Verein aktiv. „Ich war Turnerin mit Leib und Seele“, erzählt sie. „1953 tanzte ich im Alter von 13 Jahren zum ersten Mal als Tanzmariechen über die Bühne.“ Später heiratete sie Fritz Huber, der lange Jahre Präsident und Vorstandsmitglied bei Hans Warsch war.
Der traditionsreiche Verein hat der deutschen Fasnacht im badisch-pfälzischen Landstrich einige Neuerungen gebracht und damit einen großen Beitrag zur Brauchtumspflege geleistet. So etablierte er als erster Verein in der Region Damensitzungen – und damit später auch Frauen in den Vorständen. „Als ich in den Verein kam, war der Karneval eine reine Männerwirtschaft. Mein Mann war jeden Freitag unterwegs“, erzählt Huber. Die Vorstandsposten waren von Männern besetzt. „Bis in die 80er gab es noch sogenannte Herrensitzungen, die Männer alleine besuchten“, sagte Huber. Nur Spaß hätten ihrem Mann die schmutzigen Sitzungen in geschlossener Gesellschaft aber nicht immer gemacht. Gebuchte Tänzerinnen hätten nackt auf den Tischen getanzt, die Witze seien immer flacher geworden, wie er ihr erzählt habe.
Mit Damensitzungen, auf denen die Bütt wieder gute Laune verbreiten und von Esprit, Witz und Charme getragen sein sollte, wollte Sibylle Fritz Mitte der 70er dem negativen Trend etwas entgegensetzen. „Mit meinem Mann hatte ich anfangs deshalb Auseinandersetzungen“, erzählt sie. ‚Du wirst keine Damensitzung machen‘, habe er ihr gesagt. Die erste Damensitzung in der gesamten Region organisierte sie bald darauf mit dem neu gegründeten Damenelferrat in der Turnhalle Oggersheim. Dort trat sie selbst als Büttenrednerin auf. „Wir organisierten die Sitzungen in den Folgejahren größer, an denen bald 450 Frauen teilnahmen. Zwei, drei Vereine zogen in Ludwigshafen nach, dann wurden es immer mehr – in der gesamten Region. Viele haben ihre Damensitzungen heute wieder aufgelöst. Nur Ruchheim und wir veranstalten sie noch.“ Der Humor in der Bütt ist heute wieder geistreicher geworden, auch wenn manche Redner sie immer noch zum Klamauk verkommen lassen und besser als Clowns auftreten sollten. Hans Warsch legt großen Wert auf den guten Ruf der Bütt und bucht vor allem pfalzbekannte Redner.
Als deutschlandweit erster Verein richteten die Warschianer Tanzturniere für professionellen Gardetanz aus. Sie etablierten ihn damit als Wettbewerbs- und Leistungssport in der Deutschen Karnevalslandschaft. 1962 lud Hans Warsch zum Tanzturnier in die Festhalle Oggersheim. Der Verein richtete das Turnier immer wieder dort aus und machte es damit zu einem festen Termin im deutschen närrischen Fahrplan. „Die Nachfrage wurde immer größer, 1965 wanderten wir deshalb in die Eberthalle ab. Dort wurde schließlich sogar 1989 die Deutsche Meisterschaft im Gardetanz ausgetragen“, erzählt Huber. „Gardetanz ist heute Leistungssport und beliebter Jugendsport geworden. Die Aktiven trainieren das ganze Jahr hindurch, nehmen an Meisterschaften vor fachkundiger Jury teil, viele sind hochambitioniert.“
Viele der Bräuche aus Oggersheim sind traditionsgeladen. Benannt nach Hans Warsch, dem Oggersheimer Schafhirten, der den Spaniern auf ihrem Feldzug kühn entgegentrat mit den Worten „Oha, mach langsam, Feind“ und sie einlud, sich zuhause zu fühlen – grüßen die Warschianer sich untereinander gern mit „Oha“ statt „Ahoi“. Die Tanzgarde trägt eine Uniform, die der der streng erzogenen Karlsschüler nachempfunden ist, von denen auch Schiller einer war. Eine Anspielung auf Schillers Exil in Oggersheim, der dort vor der Obrigkeit nach Fertigstellung seines Dramas „Die Räuber“ mehrere Wochen lang Zuflucht fand.
Die Engagierten im Verein widmen dem Verein in der Hochsaison fast ihre gesamte Freizeit. Die To-Do-Liste des Vorstands ist lang. Es müssen Orden entworfen, Behörden angemailt, Bürgermeister geladen, Kosten kalkuliert, Programme und Events durchorganisiert, die Aufgaben entsprechend verteilt werden. Das alles dienst der Pflege des Brauchtums und der Hochsaison der Lebensfreude. Dass Karnevalsvereine wie Hans Warsch weniger mit Mitgliederschwund zu kämpfen als viele andere Vereine, ist ein großes Glück für die begeisterten Fastnachter in der Region. jg/red
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![Die Zwergengarde des KV Hans Warsch | Foto: Julia Glöckner](https://media04.wochenblatt-reporter.de/article/2025/02/10/8/1328258_L.jpg?1739200413)
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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