Krimi aus dem Pfälzerwald
Bernhard Kimmel war Al Capone von der Pfalz

Bernhard Kimmel wird zum Gerichtsprozess in Frankenthal gebracht. | Foto: Archiv RHP
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 Pfalz. Der Anführer der Kimmel-Bande Bernhard Kimmel narrte die Polizei, inszenierte sich als edler Verbrecher a la „Schinderhannes“ und war ein Medienstar. Letztlich gingen 187 Delikte auf das Konto der Bande, bei Einbrüchen wurde 150.000 D-Mark erbeutet, ein Bandenmitglied ermordete einen Hüttenwart des Pfälzerwald Vereins und er selbst musste sich für den Tod eines Polizisten verantworten.

„Nehmt mir doch grad mal die Handschellen ab, damit ich der Tilly meinen Mantel umlegen kann“, hatte Bernhard Kimmel bei einem Ortstermin am Brechloch die Polizeibeamten gebeten. Die dachten sich nichts dabei und taten es. Mit einem Sprung hechtete der Kopf der Kimmel-Bande einen sechs Meter tiefen Hang hinunter, besorgte sich aus einem nahe gelegenen Versteck neue Waffen und befreite seine Freundin auch noch.

Polizei tappte im Dunkeln

Die Kimmel-Bande hatte zwischen 1957 und 1961 bei Einbrüchen in der Pfalz insgesamt 150.000 D-Mark erbeutet und die Polizei tappte völlig im Dunkeln. Es hätte noch lange so weiter gehen können. Die sechs jungen Männer vergruben die Beute in Aluminium-Milchkannen im Pfälzerwald.
Doch dann in der Silvesternacht von 1960/61 geschah das Ungeheuere: Die Bande um den damals 25-jährigen Webergesellen Kimmel zog in dieser Nacht durch den Pfälzerwald. Zunächst zündeten die jungen Männer, angetrunken wie sie waren, die Totenkopfhütte an. Dann gingen sie weiter zu der einen Kilometer entfernten Hellerhütte und randalierten dort. Plötzlich ein Licht, ein Schuss. Das Bandenmitglied Lutz Cetto hatte den damals 49-jährigen Hüttenwart Karl Wertz mit seiner Neun-Millimeter-Pistole erschossen. Heute erinnert ein Ritterstein an den Hüttenwart des Pfälzerwald Vereins.

Kimmel narrte die Polizei

Eine Woche lang dauerte die Fahndung nach dem Kopf der Bande. Bernhard Kimmel, den die Presse nun den „Al Capone von der Pfalz“ nannte, war der Polizei zusammen mit seiner Freundin Mathilde Dohn - die „Revolver-Tilly - immer ein Stück voraus. Mit 1.000 Beamten durchforstete den Pfälzerwald – der größte Einsatz den die Rheinland-Pfälzische Polizei bis dahin erlebt hatte. Doch Kimmel gelang es immer wieder, die Fahnder zu narren. Schließlich stellte er sich selbst der Polizei.
Doch damit ist die Geschichte noch lange nicht am Ende. Kimmel gelang beim Ortstermin am Brechloch die Flucht. Wieder schafften es die Ordnungshüter nicht, den Verbrecher zu stellen. Vier Tage später stellte er sich erneut den Behörden. Bei dem Prozess am Landgericht Frankenthal wurde 1963 zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. 1970 wurde er wegen guter Führung vorzeitig entlassen. Eine Zeit lang verkehrt er im linken Kulturbetrieb und gibt Interviews, in denen er sein „Schinderhannes“-Image als edler Verbrecher pflegt.

Kimmel kann es nicht lassen

Doch Kimmel kann es nicht lassen. Bereits 1975 wird er nach einem Bankeinbruch bei Frankfurt in der Nähe des Tatorts geschnappt. In seinem Auto findet man Werkzeug, das zum Einbruch passt. Trotz der vielen Indizien gelingt es nicht, ihm die Tat nachzuweisen. Er wird freigesprochen.
Am 12. Dezember 1981 endet die kriminelle Karriere. Bei einem Einbruch in eine Sparkasse in Bensheim an der Bergstraße erschießt Brrnhard Kimmel einen Polizisten, ein anderer Polizist wird durch die Explosion eines Sprengsatzes schwer verletzt und bleibt querschnittsgelähmt. Kimmel selbst wurde auch verletzt und festgenommen. Diesmal wird er zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach 22 Jahren wird er entlassen. Insgesamt hat er 30 Jahren hinter Gittern verbracht. Zuletzt lebte er in Offenbach an der Queich und zog jüngst in ein Alterheim um. Die Beute in den Milchkannen wurde nie gefunden.

Kimmel und die Medien

Bereits über die spektakuläre Flucht und die missglückte Fahndung wurde bundesweit unter anderem im Spiegel berichtet. Redegewandt und charismatisch suchte Bernhard Kimmel früh selbst den Kontakt zur Presse, worauf die Regenbogenpresse auch gerne einging. 1969 wurde ein Film mit dem Titel „Al Capone von der Pfalz“ für das Deutsche Fernsehen unter anderem mit Christof Wackernagel und Rainer Werner Fassbinder als Schauspieler gedreht. Zum 70. Geburtstag von Kimmel sendete der Südwestrundfunk 2006 eine Dokumentation. Im selben Jahr wurde die Dokumentation „Mein Freund, der Mörder“ über Kimmel von Peter Fleischmann ausgestrahlt, der ihn Jahre lang begleitet hatte. Außerdem erschienen mehrere Bücher über den „Al Capone von der Pfalz“. [rko]

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