Lehrermangel verschärft soziale Unterschiede
Grundschule Gräfenau: Gelebte Vielfalt
Von Charlotte Basaric-Steinhübl
Ludwigshafen. Die Grundschule Gräfenau im Hemshof ist eine von 23 Grundschulen in Ludwigshafen. Dort wird Vielfalt gelebt: Über 400 Kinder aus 26 Nationen werden unterrichtet. Außerdem ist sie seit 2018 Schwerpunktschule. Dies bedeutet, dass Schüler*innen mit Behinderungen im inklusiven Unterricht zieldifferent und zielgleich gefördert werden. Hierfür ist vorgesehen, dass Schwerpunktschulen zusätzliche Lehrkräfte (Förderschullehrkräfte und pädagogische Fachkräfte) erhalten, welche gemeinsam mit den Regelschullehrkräften inklusiven Unterricht organisieren.
Allerdings gibt es einen akuten Lehrermangel, oft können nicht einmal alle Planstellen besetzt werden. Wochenblatt-Redakteurin Charlotte Basaric-Steinhübl hat mit Barbara Mächtle, Schulleiterin der Grundschule Gräfenau, über die Problematik gesprochen.
???: In welchen Fächern und / oder Bereichen würden Sie mehr Lehrkräfte einsetzen, wenn Sie nach Belieben aus dem Vollen schöpfen könnten?
Barbara Mächtle: Ich hätte gerne noch mehr Kapazität im DaZ-Bereich (Deutsch als Zweitsprache). Dies wäre wichtig nicht nur für Kinder, die erst seit relativ kurzer Zeit in Deutschland sind, sondern auch für Kinder, die hier geboren sind und aus den verschiedensten Gründen keine oder nur sehr geringe Deutschkenntnisse haben. Normalerweise geht man davon aus, dass die Kinder die ersten zwei Jahre nach ihrem Zuzug intensive Förderung benötigen, die dann verringert, beziehungsweise im idealen Fall beendet werden kann. Gerne hätte ich auch mehr Förderstunden für Kinder, denen es an Vorläuferfähigkeiten fehlt. Sehr viele Kinder besuchen den Kindergarten keine zwei Jahre. Dadurch können die Grundlagen, die für den Schuleintritt nötig sind, nicht ausreichend gelegt werden. Hier besteht also viel Nachholbedarf, bevor mit dem eigentlichen Schulstoff begonnen werden kann. Durch die Schließung der Kindergärten im Frühjahr ist die Situation noch verschärft worden.
Natürlich zeigen sich auch die Auswirkungen der Schulschließung. Der Unterrichtsstoff konnte trotz aller Bemühungen der Lehrkräfte nicht so vermittelt werden, dass es zu keinen Lücken gekommen wäre. Die personelle Kapazität, dies aufzuholen, ist nicht vorhanden.
Wenn wir die Möglichkeit hätten, würden wir auch gerne im AG Bereich mehr anbieten können. Gerade Kinder, die auf Grund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse Probleme im Unterricht haben, können hier beispielsweise in Bastel-, Spiele- oder Sport-AGs ihre Stärken zeigen und so ihr Selbstbewusstsein ausbauen.
An Schulen, an denen die meisten Kinder eher leistungsschwach sind, kommt die Förderung der leistungsstärkeren Kinder oft zu kurz. Auch hier hätten wir gerne mehr Kapazität.
???: Wenn an einer Schule Lehrer fehlen, fällt meist auch Unterricht aus – mit Folgen fürs Lernen, aber auch für die Betreuung von Kindern. Lehrermangel und Unterrichtsausfall reißen Lücken, die Eltern sofort im Alltag spüren. Gibt es Möglichkeiten, solche Fehlstunden aufzufangen?
Barbara Mächtle: Oftmals können diese Stunden nicht aufgefangen werden, besonders, wenn es sich um kurzfristige Ausfälle handelt. Aber auch bei Lehrkräften, die vom Präsenzunterricht befreit sind, ist es sehr schwer, die Ausfälle aufzufangen. Es gibt keine Lehrer mehr, die nicht bereits angestellt sind. Natürlich sind alle Schulen bemüht, so wenig Unterricht wie möglich ausfallen zu lassen, doch gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie können natürlich keine Gruppen in beliebiger Größe und Zusammensetzung gebildet werden. Kinder, die bei Unterrichtsausfall nicht zu Hause betreut werden können, werden selbstverständlich in der Schule beaufsichtigt.
???: Hat die Corona-Pandemie die Situation des Lehrermangels verschärft? Oder haben aktuellere Herausforderungen ihn eher in den Hintergrund gerückt?
Barbara Mächtle: Schulen, die Lehrkräfte haben, die vom Präsenzunterricht befreit sind, trifft es natürlich umso härter. Hier kommt es zwangsläufig zu Unterrichtsausfall. Je nach Situation an der Schule ist der Lehrermangel teilweise noch in den Vordergrund gerückt. ps/bas
Autor:Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen |
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