Historischer Stoff zu Schillers Zeit in LU aufgearbeitet in Zeitreise
Ludwigshafen. Die geschichtlichen Ereignisse um 1782, als Friedrich Schiller hier als desertierter Arzt Zuflucht fand, veranlassten Stadthistoriker dazu, eine Zeitreise zu planen und zu produzieren, die ab sofort im Schillerhaus zu sehen ist.
Zum Hintergrund
1764 eröffnete der Wirt Josef Heinrich Schick aus Bad Dürkheim hier den Gasthof "Zum Viehhof". Oggersheim war zu dieser Zeit Residenzstadt der Kurfürstin Elisabeth August mit 16 Gasthäusern. Der "Viehhof" war das am besten frequentierte, denn die Poststation lag günstig direkt gegenüber – ideal für Durchreisende. Vom 13. Oktober bis zum 20. November 1782 mieteten hier zwei weitere Gäste unter den Namen "Dr. Schmidt" und "Dr. Wolf" ein Zimmer – es waren Friedrich Schiller und sein Freund, der Musiker Andreas Streicher. Sie wollten unerkannt bleiben. Denn sie befanden sich auf der Flucht. Nach einem Jura- und Medizinstudium war Schiller seit 1780 Regimentsarzt in Stuttgart gewesen. Der Lohn war karg und die Arbeitsbedingungen schlecht. Schon lange hatte er sich mit Literatur beschäftigt und schließlich auch literarisch zu schreiben begonnen. Damit widersetzte er sich seinem Landesherrn, dem württembergischen Herzog Karl Eugen. Dieser wollte, dass er nur zu medizinischen Themen veröffentlicht. Schillers erstes veröffentlichtes Drama "Die Räuber" wird im Januar 1782 in Mannheim jedoch mit überwältigendem Erfolg uraufgeführt und macht ihn rasch berühmt.
Zur Uraufführung und auch noch ein weiteres Mal reiste Schiller nach Mannheim – allerdings ohne Erlaubnis. Zur Strafe erhielt er 14 Tage Arrest, das weitere Schreiben wurde ihm untersagt. Schiller floh schließlich gemeinsam mit seinem Freund in einer Nacht im September 1782 und war damit offiziell fahnenflüchtig. Die Reise führte ihn zunächst nach Mannheim, wo er sich die Förderung durch den Intendanten des Mannheimer Nationaltheaters erhoffte. Diesem war der offizielle Kontakt mit dem Flüchtigen allerdings zu heikel, Schiller reiste weiter nach Frankfurt, von dort über Worms nach Oggersheim, wo er mit Streicher im "Viehhof" unterkam. Die beiden Männer bezogen das linke Eckzimmer im ersten Stock und lebten dort aus Angst entdeckt zu werden, äußerst zurückgezogen. Die Nähe zu Mannheim und seinem Theater schien jedoch ideal, der Dichter hoffte auf eine dortige Annahme seines Dramas "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua". In Oggersheim arbeitete Schiller außerdem am Drama "Kabale und Liebe". Die Verhandlungen mit dem Mannheimer Theater blieben allerdings erfolglos, der "Fiesco" wurde abgelehnt und von Schulden belastet, verließ Schiller schließlich Oggersheim und reiste allein weiter in das thüringische Bauerbach. Die Gedenktafel an der Fassade ließ der bayerische König Ludwig I. 1856 zum 50. Todestag des Dichters unterhalb des einst von "Dr. Schmidt" und "Dr. Wolf" bezogenen Zimmers anbringen.
Eine Gedenkstätte entsteht
Um 1800 wurde in dem Gebäude kein Gasthof mehr betrieben. Nach dem Tod Josef Heinrich Schicks wurde es an die Familie Götz verkauft. Von 1902 bis 1910 diente der ehemalige "Viehhof" dem Kaufmann Philipp Götz, der zudem von 1902 bis 1910 Bürgermeister von Oggersheim war, als Geschäfts- und Wohnhaus. Anschließend wechselte das Gebäude die Besitzer, verschiedene Gewerbe hielten Einzug. 1956 wurde es schließlich von der Stadt gekauft und unter Verwendung älterer Bausubstanz renoviert. Zum 200. Geburtstag Schillers 1959 wurde das Haus mit einer großen Feierlichkeit als offizielle Schillergedenkstätte eingeweiht. Im Obergeschoss befindet sich seither ein kleines Museum, das seinem Leben und Werk gewidmet ist. Hier sind unter anderem Briefe aus seiner Zeit in Oggersheim und eine vollständige Sammlung der Erstausgaben seiner Werke zu sehen. jg/red
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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