Hochwasserschutz: Stadt dämmt Gefahren ein - Bürger sind in Pflicht
Ludwigshafen. Einerseits liegen die meisten Städte Deutschlands an Flüssen und sind stark versiegelt. Andererseits muss man durch den Klimawandel mit mehr Unwetterereignissen rechnen. Nach der nationalen Wasserstrategie bereiten sich deutschlandweit Städte auf Starkregenereignisse vor, indem sie beim Hochwasserschutz nachbessern. Auch Ludwigshafen legt jetzt mit besserem Hochwasserschutzkonzept nach.
Von Julia Glöckner
Seit 2020 haben Stadt und Land gemeinsam Risikokarten für Hochwasser erarbeitet. Risikoflächen für Überflutungen gibt es demnach etwa überall dort, wo Grundwasserkörper durch längere Nassperioden, also anhaltende Niederschläge erfahrungsgemäß regelmäßig volllaufen. Auch in den Auen und am Rheinufer können Hochwasser auftreten. Derzeit erarbeiten Stadt, Land und ein beauftragtes Ingenieurbüro geeignete Vorsorgemaßnahmen. Im nächsten Schritt sollen dann in einem breit angelegten Bürgerdialog Erfahrungen der Bürger in die Überlegungen zum Hochwasserschutz und schließlich in die konkreten Pläne eingehen. Erst dann geht es in die konkrete Umsetzung.
Risikoflächen
„Die Risikoflächen am Rhein, in der Aue und an den Zuflüssen des Rheins, Isenach und Rehbach, sind gut prognostizierbar“, sagt Michael Probst vom Ingenieurbüro, das mit Hochwasserschutzkonzept beauftragt wurde, beim Pressegespräch am Donnerstag, 20. September. Zu den verheerenden Hochwassern in der Vergangenheit gehörte etwa der Deichbruch bei Oppau 1880/83. Die sogenannte „Badewanne“, also die Senkung im Gelände des Stadtteils, ist damals mit Wasser vollgelaufen. „Heute sind die Deiche besser aufgestellt“, ergänzt Probst. Trotz des Deichs liege die Wahrscheinlichkeit für ein Hochwasser in Oppau noch bei 0,033 Prozent, was der Wahrscheinlichkeit bei einem Autounfall zu verunglücken, entspreche. Die Wahrscheinlichkeit für großflächige Hochwasser liege noch bei 0,008 Prozent. Hier müsse also nachgebessert werden. Die Berechnung beruht auf künftigen Starkregenprognosen durch den Klimawandel.
Wo bislang Deiche, Mauern und Hochwasserwände entlang des Rheinufers Schutz bieten, muss man künftig weitere Defizite beheben. 70 Millionen Kubikmeter Rheinwasser müsse man zusätzlich durch Rückhaltebecken zurückhalten, damit der Ausgleich durch prognostizierte künftige Starkregengefahren wiederhergestellt ist, erklärt Umweltamtsleiter Rainer Ritthaler.
Entlang der Isenach und dem Rehbach gibt es heute große Siedlungsräume, wo Wasser nicht mehr abfließen kann. Dort gibt es bereits aber auch große Überflutungsflächen, auf die das Wasser bei hohen Pegeln abgeleitet werden kann.
Wie gut Ludwigshafen vor Überflutungen geschützt ist, hängt auch davon ab, wie effektiv Rückhaltebecken entlang des Oberrheins vom Bodensee bis Neuhofen Rheinhochwassern vorbeugen, in denen bei hohen Pegeln unterirdisch Wasser rückgestaut wird. Jede Kommune am Oberrhein ist in der Verantwortung, was in Staatsverträgen geregelt ist.
Es sind viele geeignete Maßnahmen denkbar: Weitere unterirdische Rückhaltebecken, höhere Deiche, größere Kanalsysteme mit zusätzlichen Rückstauentlastungskanälen oder Pumpen. Ferner sind mehr Überflutungsflächen sowie kleine Entsiegelungen entlang von Gehwegen als passende Maßnahmen in Überlegung. An den Kosten soll sich das Land mit bis zu 95 Prozent beteiligen.
Bürger gefordert
Die vorläufige Planung durchs Ingenieurbüro soll aber nicht nur Präventionsmaßnahmen der Stadt durchleuchten, sondern auch privaten Haushalten Hilfe bieten. Auch Haus- und Gewebebesitzer sind gefordert, ihr Heim vor Überflutung zu sichern. Welche Maßnahmen sich wo eignen, ist Thema des ersten Infoabends am Nachmittag, denn mit Prävention durch die Stadt ist es nicht getan. Nachdem alle Infoabende und Bürgerworkshops des Bürgerbeteiligungsverfahrens durchgeführt wurden, Erfahrungen und Vorschläge gesammelt sind, wird Stadtrat priorisieren – danach geht es in konkrete Umsetzung
Bürgerbeteiligung: Es liegt auch bei den Bürgern
Die Pflicht zur privaten Eigenvorsorge umfasst Schutzmaßnahmen an Häusern und Anlagen, Versicherungen, Installation von Warn-Apps und insbesondere korrektes Verhalten im Hochwasserfall. Nur so lassen sich im Vorfeld Schäden verhindern oder abmildern.
Sämtliche von der Stadt bereits ergriffenen Maßnahmen sollen nun in einem partizipativen Verfahren unter Einbeziehung der Bevölkerung weiterentwickelt werden. Wichtigstes Ziel des Konzepts ist daher auch die Aktivierung der Eigenvorsorge aller Betroffenen im Stadtgebiet Ludwigshafen. Maßnahmen zur Vorsorge und Schadensminderung sollen dabei aufgezeigt werden, Risikokarten helfen dabei, die eigene Situation besser einzuschätzen. Betroffene können sich beim Wirtschaftsbetrieb Ludwigshafen (WBL) zu geeigneten Schutzmaßnahmen beraten lassen, der sich Objekte anschaut und bei Schwachstellen berät.
In den kommenden Monaten bietet die Stadt unterschiedliche analoge und digitale Informations- und Dialogangebote an. Den Anfang machte eine Informationsveranstaltung im Pfalzbau am 20. September, 16 bis 19 Uhr. Gemeinsam mit Expert:innen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung sowie mit Bürger:innen sollen Themen der Hochwasservorsorge besprochen und gemeinsam Maßnahmen zur Schadensminderung – gerade auch im privaten Bereich – aufgezeigt werden. Anschließend haben Interessierte noch die Möglichkeit, online unter www.ludwigshafen-diskutiert.de Fragen einzureichen, die von Expert:innen beantwortet werden.
Weiterhin sind Stadtteilbegehungen geplant, zu denen Bürger:innen, aber auch die Politik des Stadtteils geladen sind. Zwei Online-Sprechstunden im November und Dezember werden nochmals allen Interessierten Gelegenheit bieten, direkt mit Expert:innen ins Gespräch zu kommen. Die Termine für die Stadtteilbegehungen und Online-Sprechstunden werden mit ausreichendem Vorlauf bekanntgegeben. Alle Informationen und Veranstaltungshinweise sind zu finden unter www.ludwigshafen-diskutiert.de. jg
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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