Modern geblieben unter dem Zeichen des Flammenkreuzes
Humorvolle Feier zum 100-jährigen Bestehen des Caritas-Zentrums
Ludwigshafen. Dass das Caritas-Zentrum Ludwigshafen auch nach 100 Jahren modern aufgestellt ist, bewiesen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eindrucksvoll beim Festakt zum Jubiläum. Das zeigte sich bei der Wahl des „Feierortes“: In einem ehemaligen Kino im Ludwigshafener Hemshof, „cinema paradiso“, wo vor vielen Jahren bereits eine Anlaufstelle für italienische Familien gewesen war, erwartete die Festgäste eine phantasie- und geschmackvoll eingerichtete Location.
Auch das Programm mit Andacht, Grußworten und einer Zeitreise durch die vergangenen 100 Jahre bewies, wie sehr das Zentrum mit der Zeit geht. Domkapitular Karl-Ludwig Hundemer begrüßte zahlreiche Vertreter aus Kirche und Politik sowie einige ehemalige Mitarbeiter des Zentrums. In der Andacht erinnerte er an das päpstliche Schreiben „deus caritas est“ und stellte eine Verbindung zum Text des Evangeliums her, in der Jesus das Doppelgebot erläuterte: Die Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen seien gleich wichtig, das eine ohne das andere nicht möglich. „Durch die Caritas-Arbeit wird das christliche Menschenbild praktisch“, erklärte er, und das Symbol von Caritas, das Flammenkreuz, sei dafür ein gutes Zeichen. „Seit 100 Jahren wirkt Caritas unter diesem Zeichen und diesem Anspruch“, lobte er – und überreichte Zentrumsleiterin Beate Czodrowski ein eigens für das Zentrum angefertigtes Flammenkreuz aus Holz.
Alle Gäste waren aufgerufen, auf bereit liegenden Händen aus Papier den Namen ihrer Einrichtung oder ihres Engagements zu notieren. Diese Hände wurden auf ein Netz gehängt und machten so deutlich, dass die Arbeit von Caritas nur in einem Netzwerk von vielen helfenden Händen möglich ist. Das machten später auch die Grußworte deutlich – vom katholischen Dekan Alban Meißner, seiner evangelischen Amtskollegin, Dekanin Barbara Kohlstruck, Bürgermeisterin Prof. Cornelia Reifenberg, Landrat Clemens Körner und Ortsvorsteher Christoph Heller.
Informativ und kurzweilig zugleich gestaltete sich der Vortrag von Zentrumsleiterin Beate Czodrowski. Sie nahm die Gäste mit auf eine Zeitreise. Sie erinnerte an die vielfältige Not im Jahr 1919 in Ludwigshafen und ganz Deutschland. Ein Jahr nach dem Krieg war die Armut unter den Menschen groß, es herrschte Wohnungsmangel, es gab zahlreiche Erkrankungen an Tuberkulose. „Die Menschen klingelten an den Pfarrhäusern“, berichtete Czodrowski, die sich für den Festakt in Archiven kundig gemacht hatte. Vier katholische Pfarrer entschieden daraufhin, dass die Hilfe professionalisiert und strukturiert werden müsse – der Beginn der Caritasarbeit in Ludwigshafen.
„Schon damals wurde der Caritas-Slogan ,Not sehen und handeln“ beherzigt’, so Czodrowski. Neben den Pfarrern halfen auch engagierte Menschen in den Pfarreien, die Aufgaben und auch die Hilfen wuchsen schnell. In den 50er und 60er Jahren, so Czodrowski in ihren Ausführungen, herrschte Mangel an Arbeitskräften – die „Gastarbeiter“ kamen ins Land. Damals bestanden die gleichen Herausforderungen, diese Menschen zu integrieren, ihnen die Ankunft in Deutschland zu erleichtern, Kindern mit Sprachunterricht den Schulerfolg zu ermöglichen. Im Laufe der Jahre bildeten sich im Caritas-Zentrum die einzelnen Beratungsangebote heraus – immer orientiert an den Bedürfnissen der Menschen und der Zeit.
Czodrowskis Ausführungen wurden – ebenso wie die Grußworte – immer wieder von einem ungebetenen Gast unterbrochen. Sehr zum Vergnügen der Feiergäste erschien „Mike“, ein Fernfahrer, der Führerschein und Wohnung verloren hat, dessen Freundin schwanger ist, und der nicht weiß, wohin mit seiner pflegebedürftigen Oma. Hinter „Mike“, der auch in seinem Äußeren viele Klischees bediente, verbarg sich Thomas Kölsch, Schauspieler am Chawwerusch-Theater in Herxheim. Er verstand es hervorragend, die Ansprüche der Hilfesuchenden kabarettistisch darzustellen, aber auch zu erläutern, wie hilfreich das Caritas-Zentrum arbeitet. An seinem Auftreten sei im Übrigen das Zentrum selbst schuld, stellte er klar: „Wenn ihr im Internet für euch werbt, braucht ihr euch nicht zu wundern, wenn die Menschen euch finden“, rief er Beate Czodrowski zu. „Mike“ erläuterte auf amüsante Weise das Subsidiaritätsprinzip und unterbrach auch Bürgermeisterin Reifenberg respektlos in ihrer Ansprache. Die jedoch parierte professionell und überaus humorvoll seine Angriffe.
Die gute Stimmung beim Jubiläum hielt auch nach dem offiziellen Teil an, als die Gäste bei Sekt und Häppchen im regen Austausch blieben. ps
Autor:Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen |
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