BriMel zuhause
Interview mit Pflegedirektorin Alexandra von Rex vom KliLu
Ludwigshafen. Nach über einem Jahr kontaktierte ich am 12. Mai die Pflegedirektorin Alexandra von Rex im Klinikum, Ludwigshafen. Das letzte Mal war es April 2020 als ich ihr mehrere Masken von unseren fleißigen Schneiderlein für das Pflegepersonal brachte. Mittlerweile dürfen ja nur noch ffp2-Masken getragen werden.
??? Frau von Rex, wie ist es Ihnen in der Zwischenzeit ergangen? Sind Sie selbst von Corona verschont geblieben oder hatten sie es bereits?
Von Rex: Vielen Dank, dass Sie sich nach uns erkundigen. Ich bin bisher ohne Infektion durch die Pandemie gekommen. Im beruflichen Umfeld schützen wir uns ja bestmöglich, privat habe ich seit über einem Jahr alle Kontakte auf ein absolutes Minimum reduziert um mich und meine Familie somit keiner unnötigen Gefahr auszusetzen.
??? Nun gab es ja in 2020 besonders für die aufopfernden Pflegerinnen und Pfleger immer mal wieder Applaus, Masken und allerlei Leckereien. Gab es noch eine finanzielle Anerkennung?
Von Rex: Die Welle der Solidarität zu Beginn der Pandemie hat uns alle sehr gerührt und motiviert. Was die Gastronomie, aber auch Privatpersonen aus Ludwigshafen und dem Umland für uns auf die Beine gestellt haben, war grandios. Für die von Ihnen angesprochenen bundesweiten Bonuszahlungen ist unser Haus nicht in Frage gekommen; hier liegen komplexe Berechnungen zu Grunde. Doch viel wichtiger als alle Zeichen symbolischer Anerkennung, ist für uns im Klinikum der Zusammenhalt gewesen. Hätten wir nicht so stabile, tolle Teams, die sich gegenseitig uneingeschränkt unterstützen, dann wäre dies alles nicht leistbar gewesen. Es ist der Teamgeist, der uns durch die Pandemie trägt.
??? Wie sieht die Situation momentan im Klinikum aus? Zu wenig Personal und zu viele Überstunden?
Von Rex: Wir haben im Laufe der Pandemie keine auffällige Fluktuation von Mitarbeitern erfahren müssen, was uns sehr stolz macht. Hinzu gekommen sind neue Pflegekräfte, die sich bewusst an unserem Haus beworben haben, weil sie wahrgenommen haben, wie stark wir in dieser Krise zusammenhalten und welch wichtige Arbeit wir im Rahmen der Pandemiebekämpfung hier in der Region spielen. Doch man muss ganz klar sagen: Wir konnten deshalb diese Krise überstehen, weil wir ein sehr großes Haus mit mehr als 1500 Pflegekräften sind. Dies gibt uns die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit unseren Betrieb auf das Pandemiegeschehen anzupassen, Teams neu zusammenzustellen, Intensivpflegekräfte aus unserem sehr großen OP-Bereich für die Versorgung der Covid-Patienten abzuziehen usw. Das wäre uns in diesem Maße nicht möglich gewesen, wenn wir kein großes Haus der Maximalversorgung wären. Die Last verteilt sich bei uns auf viele, viele Schultern. Das hilft!
??? Gerade in der Pflege muss immens viel geleistet werden und diese schweren Zeiten nagen an vielen. Ich hab gelesen, dass man, um die Widerstandskraft zu stärken, den Kurs nicht zu verlieren und aus Krisen gestärkt hervorzugehen, Resilienz trainieren kann. Es wurden Resilienz-Fächer mit kleinen und großen Tipps verteilt. Können Sie das kurz erklären, denn dies ist wohl ein großes Thema?
Von Rex: Früh in der Pandemie haben wir begonnen mit externen Psychologen zusammenzuarbeiten und unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an 7 Tagen die Woche zu unterstützen. Denn eins war klar: Keiner von uns hat jemals zuvor in seinem Berufsleben eine solche Ausnahmesituation erlebt, die dann auch noch mehr als ein Jahr anhält. Gemeinsam mit den Pflegekräften ist das große Thema Resilienz erwachsen, das wir für 2021 auf vielfältige Weise bearbeiten werden. Es geht um die persönliche Widerstandskraft, diese zu stärken kann man trainieren. Mithilfe kleiner und großer Angebote sollen die Mitarbeitenden befähigt werden, gewappnet zu sein für die Stürme im Alltag. Die Möglichkeiten reichen von kurzen Atemübungen, über Entspannungstechniken bis hin zu Einzelgesprächen mit unseren Psychologen. Wir freuen uns darauf, in den nächsten Monaten noch ganz viel auszuprobieren. Uns ist wichtig: Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll es gut gehen.
??? Ist die Anwartschaft zu „Deutschlands beliebtestem Pflegeprofi 2021“ neu oder gab es die schon immer, war mir nur nie bewusst?
Von Rex: Tatsächlich gibt es das schon länger, in diesem Jahr ist das Team KliLu mit vielen Auszubildenden und Teams vertreten, was uns sehr freut und stolz macht.
??? Im ehemaligen Flachbau des Personalwohnheimes sind für die Bereiche Aus-, Fort- und Weiterbildung der KliLu-Pflegeakademie neue Klassen-, Seminar- und Lernräume entstanden. Sie tun wirklich sehr viel für Ihre Mitarbeiter. Neben der Pflege am Menschen auch noch die Weiterbildung zu managen bedarf doch bestimmt vieler logistischer Überlegungen. Vielleicht fehlt ja gerade dieser eine Pfleger in der Praxis. Entscheiden das Sie als Team, wer wann zu welchem Seminar geht oder meldet man sich da selbst an?
Von Rex: Es ist eine Mischung aus beidem. Unsere Pflegekräfte zu unterstützen, sich weiter zu entwickeln ist uns ein Herzensanliegen. Daher stehen wir gerne beratend zur Seite, wenn Mitarbeiter sich mit der eigenen Karriereplanung befassen. Wir gehen aber auch gezielt auf solche zu, bei denen wir Entwicklungspotenzial sehen und zeigen ihnen die vielfältigen Möglichkeiten auf.
??? Ich gehe mal davon aus, dass immer weiter nach Pflegepersonal gesucht wird. Wie kann man diesen Beruf schmackhaft machen?
Von Rex: Pflege geht mit der Zeit. Es ist ein modernes Berufsfeld mit unzähligen Spezialisierungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Und: Sie müssen keine Sorge haben, dass der Beruf in einigen Jahren nicht mehr existiert. Unsere Gesellschaft kann nicht auf professionelle Pflege verzichten. Für mich ist es immer noch der schönste Beruf von allen!
??? Das hört man doch gerne. Vielen Dank für das Gespräch.
(mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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