Konzert im alten Hallenbad Nord
"Klezmer meets Balkan" - höchst vergnüglich
Ein Abend wie dieser wird allen im Gedächtnis bleiben, den Mitwirkenden, der „Tacheles Klezmer Band“, wie den Zuhörenden in der „Lucation“, dem ehemaligen Hallenbad Nord, das von der GML seit etlichen Jahren als Löschwasserbecken genutzt wird, und das zugleich als Kulisse für zahlreiche Kulturereignisse dient. Unter der Überschrift „Klezmer meets Balkan“ zeigten die fünf Musiker mit Robert Plasberg an der Violine ganz große Kunst: Klezmer klassisch, wenn es so etwas gibt. Im Licht des schwindenden Tages, an der Decke der großen Schwimmhalle eine Lightshow, die in allen Farben das Feuer der Müllverbrennungsanlage imitiert. Die Besucher erfahren, dass in Sichtweite die Abfälle einer Million Menschen zur Energienutzung verwendet werden. Eine Einladung folgt, sich in der Konzertpause die sinnreich gestaltete Ausstellung über Struktur und Sinnhaftigkeit dieser Müllverwertung genauer anzusehen.
Die Atmosphäre dieses Konzertsaales ist einmalig. Im großen Becken, in dem vormals geschwommen wurde, sind auf kleinen Inseln Bilder montiert. Die Wände komplettieren diese ungewöhnliche Galerie. Doch zurück zur Musik, deretwegen an die 70 Menschen den Weg zum „Freischwimmer“, so ein anderer Name der „Lucation“, fanden und höchst vergnügliche Stunden verbrachten. Der Name des Konzertes „Klezmer meets Balkan“ war zugleich Programm. Fünf Herren an Violine, Kontrabass, Akkordeon, Horn und Klarinette boten einen Streifzug durch das musikalische Erbe europäischer Juden. Robert Plasberg moderierte mit knappen und doch mitunter launischen Worten den Abend, dann spannten die Musikanten einen großen Klangteppich auf.
Die „Tacheles Klezmer Band“ braucht den Vergleich mit großen Interpreten wie Feidmann nicht zu scheuen. Mit Robert Majeric an der Klarinette, Uli Holz am Kontrabass, Sebastian Kraus am Akkordeon und Christian Tönnes auf dem Horn unternahm Robert Plasberg auf seiner Violine einen vergnüglichen Streifzug durch das musikalische Erbe der jiddischen Welt, die vor der Katastrophe des Holocaust ein eigener Kosmos war. In Liedern und Tänzen aus Mazedonien und Moldawien, aus Polen andere Ländern, in denen jüdische Menschen vormals ihre Kultur lebten. Wer die Augen schloss sah Szenen von Schlangenbeschwörung vor sich, Tänzerinnen lasziv ihre Schleier bewegen. Dann wieder der raue Klang der Puszta, gepaart mit schmelzenden Tönen. Dass das Zusammenspiel der Musiker so gut gelang, ist natürlich zuerst ihrer Professionalität geschuldet. Aufmerksam hörten sie die Stimmen der anderen, Zwiegespräche entstanden, wie sie intimer nicht sein können.
Mit „Klezmer meets Balkan“ eröffnete die Tacheles die Saison, weitere Auftritte in Ludwigshafen, aber auch im Rahmen des Kultursommer Rheinland-Pfalz in Worms, Mainz und Speyer werden folgen. Dazu Gastspiele in der Pfalz, im Badischen, Hessischen, ja bis Nürnberg führt der Weg. Und dass der Auftakt im alten Hallenbad so gut gelang, das mag als Omen für 2022 gelten. Der Verein Fridolin, Kammermusik und Konzerte, dessen Vorsitzender Robert Plasberg ist, hat noch viel vor. „Mazel tow“ möchte man auf Jiddisch da nur wünschen.
Günther Hummrich
Autor:Günther H.P. Hummrich aus Ludwigshafen |
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