Aufruf des Vereins Ludwigshafen setzt Stolpersteine zur Putzaktion
Mitmachen statt zuschauen!
Von Charlotte Basaric-Steinhübl
Ludwigshafen.„Die Welt haben wir nicht nur gemeinsam mit denen, die mit uns leben, sondern auch mit denen, die vor uns waren und denen, die nach uns kommen werden.“ Mit diesem Zitat von Hannah Arendt eröffnete Monika Kleinschnitger vom Verein „Ludwigshafen setzt Stolpersteine“ ihre Ansprache beim Gedenkabend am 28. Oktober im Wilhelm-Hack-Museum.
Dieser bildete den Abschluss eines langen Tages. Zuvor verlegte der Kölner Künstler und Bildhauer Gunter Demnig 23 weitere Stolpersteine an acht ehemaligen Wohnorten in Oggersheim, in Nord/Hemshof, in der Innenstadt und der Südlichen Innenstadt. Diese erinnern an Männer, Frauen und Kinder, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wurden. Jeder einzelne Stolperstein macht den Lebensweg von einem Menschen, dessen Lebensplanung jäh und brutal von einem unmenschlichen Regime unterbrochen wurde, wieder sichtbar. Insgesamt sind nun 276 Stolpersteine im Ludwigshafener Pflaster eingelassen.
Die Gedenkveranstaltung am Abend wurde von Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck eröffnet. Diese dankte zuerst den Angehörigen, die sogar den Weg aus Israel und England auf sich genommen hatten, um bei der Verlegung der Stolpersteine für ihre Familien dabei zu sein. Sie betonte, wie wichtig die Erinnerungsarbeit sei. Die Menschen damals wurden nicht etwa verfolgt, weil sie etwas Schlimmes getan hatten, sondern aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Tätigkeit als Gewerkschafter, wegen einer Krankheit oder ihrer sexuellen Orientierung.
Beispielhaft erzählte sie vom Schicksal Otto Scheuerbrands, der wegen seiner Homosexualität mit 17 Jahren zwangssterilisiert wurde. Er wurde wegen „Erregung geschlechtlichen Ärgernisses“ zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Nach der Ableistung der einjährigen Strafe wurde er in das KZ Dachau eingewiesen. Otto Scheuerbrand starb mit 27 Jahren im KZ-Lager Mauthausen.
Die Oberbürgermeisterin betonte, dass sie im Folgenden als Privatperson spreche. Sie nahm Bezug auf die aktuelle Lage im Land und führte aus, dass die Ergebnisse der Landtagswahl in Thüringen zeigten, wie wichtig es sei, zu erinnern. „Wir müssen hart dafür kämpfen, dass sich das nicht wiederholt.“
Nach den Ansprachen wurde von der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Athos Ensemble die tief bewegende Komposition „Gulag Cantate“ (Lieder aus dem Lager) von Jefferson Schoepflin aufgeführt. Sie erzählt das Schicksal von Erna, aber auch die Geschichte der Millionen von Menschen, die unschuldig in Lagerhaft waren.
Nach dem Konzert gab es auf dem Hans-Klüber-Platz eine Illuminierung, die den Standort der früheren ostjüdischen Synagoge erlebbar machte.
Mitmachen statt Zuschauen und ein Zeichen setzen!
In Erinnerung an die „Reichsprogromnacht“ vom 9. auf den 10. November 1938, in der die Verfolgungen von jüdischen Bürgerinnen und Bürger eine neue Stufe der Gewalt erreichten, ruft der Verein Ludwigshafen setzt Stolpersteine und seine Schirmherrin Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck gemeinsam dazu auf, ein Zeichen zu setzen und Stolpersteine zu putzen. Mit der Gedenkaktion „Erinnerung aufpolieren!“ vom 8. bis zum 15. November soll an diese Schicksale erinnert werden. Alle Bürgerinnen und Bürger, Schülerinnen und Schüler werden dazu aufgefordert, wachsenden antisemitische Tendenzen in unserer Gesellschaft aktiv entgegen zu treten und einen oder mehrere Stolpersteine zu säubern und zu polieren. Dieses Zeichen für eine tolerante Gesellschaft kann jeder setzen.
276 Stolpersteine sind im Ludwigshafener Pflaster verlegt. Die Adressen lassen sich auf der Homepage des Vereins www.ludwigshafen-setzt-stolpersteine.de im Gedenkbuch finden oder auf dem digitalen Stadtplan der Stadt Ludwigshafen unter dem Schwerpunkt Kultur. Gerne kann ein Foto vom geputzten Stolperstein oder vom Putzeinsatz per E-Mail an info@lu-stolpersteine.de gesendet werden. bas
Stolpersteine reinigen:
Stolpersteine sind Wind und Wetter ausgesetzt und müssen in regelmäßigen Abständen gereinigt werden. Dafür werden ein handelsüblicher Abwaschschwamm, ein Putzmittel für Metalloberflächen und einige Blätter Küchenkrepp benötigt. Zusätzlich sind eine kleine Flasche mit Wasser, ein Lappen und eventuell ganz feine Stahlwolle (000 oder 0000) hilfreich.
Um die Steine zu reinigen, geht man wie folgt vor: Den groben Straßenschmutz mit dem Lappen oder einem Papiertuch entfernen; mit dem Schwamm (ruhig mit der groben Seite) den Stein mit dem Metallputzmittel einreiben und dies einwirken lassen; den Stein durch kräftiges Reiben mit dem Schwamm reinigen; wenn möglich mit Wasser abspülen; mit Lappen oder Papiertüchern trocknen; wenn vorhanden, den absolut trockenen Stein mit der feine Stahlwolle polieren.
Jetzt sollte der Stein wieder glänzen.
Weitere Informationen:
www.ludwigshafen-setzt-stolpersteine.de
https://stadtplan.ludwigshafen.de/
Die Verlegeorte der Stolpersteine sind unter 'Themen' - Kultur' zu finden.
Autor:Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen |
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