Neujahrsempfang - Stadt LU
Neujahrsansprache von der Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck

Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck beim Neujahrsempfang der Stadt Ludwigshafen  | Foto: Michael Sonnick
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  • Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck beim Neujahrsempfang der Stadt Ludwigshafen
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Liebe Ludwigshafenerinnen und Ludwigshafener, liebe Gäste !

Auch in 2023 war Krise der Normalfall und hat der Politik und Gesellschaft weiterhin ganz verschiedene Kraftanstrengungen abverlangt.

Wir blicken jetzt schon auf über 10 Jahre Ausnahmesituationen zurück :

Angefangen
- bei der Finanz- und Bankenkrise,
- über die europäische Staatsschuldenkrise,
- die Corona-Pandemie,
- der nach wie vor anhaltende brutale russische Angriffskrieg auf die Ukraine,
- die Energiekrise
- die Kostensteigerungen bei Energie und Rohstoffen,
- die Inflation,
- der furchtbare Krieg in Nahost.
Und auch die globale Klimakrise ist nicht mehr nur abstrakt und irgendwo weit weg, sondern in unserem Alltag
– auch in Deutschland und Ludwigshafen – konkret.
2023 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. In diesen Tagen verfolgen wir wieder, wie die Menschen
in unserer unmittelbaren Nachbarschaft und mitten in Deutschland mit einem gewaltigen Hochwasser, Sturmfluten und Starkwinden kämpfen.
Wir haben es mit parallelen, sich überlappenden Herausforderungen zu tun. Dazu kommen Digitalisierung, Energiewende, und weitere wichtige Megatrends eines Wandels, die uns alle fordern. Im Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern ist spürbar, dass der Dauermodus von Krise und Transformationsdruck etwas mit den Menschen macht. Dass die damit verbundenen Herausforderungen nicht ohne Folgen bleiben. 
Das, was ich im persönlichen Austausch erfahre, ist häufig eine Art Krisenmüdigkeit.
Dass die Gesellschaft den Umbrüchen, den damit verbundenen Veränderungen und notwendigen Maßnahmen für eine gute Zukunft
in manchen Teilen leider nicht mehr so aufgeschlossen gegenübertritt. Ich kann diese Veränderungserschöpfung zumindest ein stückweit durchaus verstehen. Gleichzeitig spornt es mich für meine Arbeit als Oberbürgermeisterin und Kommunalpolitikerin an.
Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat einmal gesagt, „Kommunen sind Heimstadt der Demokratie“. Städte und Gemeinden sind eben die Räume, wo Menschen dem Staat direkt begegnen. Was auf anderer Ebene entschieden wird, wird bei uns vor Ort in praktischer Politik Realität. Angesichts der politischen Großwetterlage waren – und sind – die Aufgaben bei uns in Ludwigshafen ebenfalls davon geprägt, diese schwierigen Zeiten möglichst gut zu bewältigen.

Die Zahl der Herausforderungen hat dabei nicht ab-, sondern eher zugenommen.
Aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand, im Gegenteil.
Wir kommen unserer Verantwortung nach und haben im vergangenen Jahr einiges erfolgreich gemeinsam auf den Weg gebracht.
Ich möchte deshalb heute gleich zu Anfang meiner Neujahrsansprache DANKE sagen !
Den vielen Ehrenamtlichen, aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen wie Sport, Soziales, Kultur, Bildung, den Rettungsdiensten, Kirchen und Konfessionsgemeinschaften und den vielen, die ich jetzt unerwähnt lasse.
Den ehrenamtlichen Ortsvorsteherinnen und Ortsvorstehern, Ortsbeiräten und Stadträten, die unsere Stadt mitgestalten.
Und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und der städtischen Tochtergesellschaften und Beteiligungen
sowie den Dezernentinnen und Dezernenten, die unermüdlich im Dienst der Allgemeinheit das Beste für die Menschen in unserer Stadt wollen. Das ist besonders in diesen Zeiten unheimlich wertvoll, in denen negative Schlagzeilen oder Empörungswellen in den Sozialen Medien den Blick verstellen für das Positive und all das, was sich zum Guten verändert und worauf wir stolz sein können.

Und es hat sich einiges getan:
Vier Jahre nach der Sperrung und drei Jahre nach dem Abriss ist am 31.10.2023 der Grundstein für die neue Hochstraße Süd gelegt worden. Freigegeben für den Verkehr wird sie Anfang 2026.
Und das ist einmalig schnell – so schnell, wie es innerhalb des gesetzlichen Rahmens möglich war.
Nach Jahren der Planung starten wir in diesem Jahr konkret auch mit dem Bau der Helmut-Kohl-Allee.
In diesem Bereich sieht man aktuell die Arbeiten am Rathausturm oder die Vorbereitungsarbeiten an verschiedenen Stellen.
Im Frühjahr beginnen die Arbeiten an der neuen Westbrücke – die von der A 650 kommend über die Bahngleise hin zur Helmut-Kohl-Allee führen wird.
Unser Plan ist, dass die Helmut-Kohl-Allee Ende 2031 komplett für den Verkehr befahrbar sein wird.
Es ist uns gelungen, mit Bund und Land ein weitreichendes Finanzierungspaket zu schnüren.
Der Landkreis hat seine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Helmut-Kohl-Allee zurückgenommen.
All das sind gute Nachrichten für Ludwigshafen und die gesamte Metropolregion Rhein-Neckar.
Denn wir sind hier in der Region über Stadt- und Ländergrenzen eine Lebens- und Schicksalsgemeinschaft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich kenne und verstehe ich in Teilen auch die Sorgen von Menschen, die die Helmut-Kohl-Allee für überdimensioniert halten und gerne andere Schwerpunkte setzen würden. Das sind legitime Anliegen und ich schätze es, wenn sich Menschen für unsere Stadt engagieren.
Davon lebt unsere Demokratie. Wir bleiben hier im Dialog. Ich will aber auch keine falschen Versprechungen machen:
Wir sind hier aufgrund der Förderbedingungen dazu angehalten, so zu bauen, dass die Straße den Vorgaben entsprechend leistungsfähig ist. Das ist die Grundbedingung, damit die Mittel von Bund und Land fließen.
Aber: die Helmut-Kohl-Alle erlaubt es uns, mitten in der Stadt auf dem Areal der heutigen Hochstraße Nord und rechts und links der Helmut-Kohl-Allee, wo heute alles grau in grau ist, ein neues, nachhaltiges und grünes Stadtquartier zu entwickeln. Das ist eine riesige Chance. Erst vor ein paar Wochen haben wir im Stadtentwicklungsausschuss Überlegungen und Verfahrensschritte zur zukünftigen City-West – dem Areal rund um die Helmut-Kohl-Allee – vorgestellt. In diesem Jahr werden wir die Grundlagen für die künftige Planung legen. Da kommt jetzt richtig Bewegung rein. Und es wird deutlich, dass wir eben nicht nur Straßen bauen, sondern einen bedeutenden Beitrag zur Stadtentwicklung insgesamt leisten können. Beim Thema Mobilität im städtischen Raum geht es heute längst nicht mehr nur darum, mit dem Auto von A nach B zu kommen. Wir müssen alle Fortbewegungsarten im Auge behalten.
Denn: Immer mehr spielt auch das Fortkommen auf zwei Rädern eine Rolle. Deshalb soll ein Radweg unterhalb der Hochstraße Süd
künftig den Hauptbahnhof mit der die Konrad-Adenauer-Brücke und der gesamten Region verbinden. Dieser Radschnellweg soll in Zukunft von Schifferstadt kommend zur Ludwigshafener Innenstadt auch eine Anbindung an die Radschnellwege der Mannheimer Rheinseite, z.B. Richtung Heidelberg, sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir leben in Zeiten der Veränderung. Das spüren wir in nahezu allen Gesellschaftsbereichen. Auch in unserer Arbeitswelt. Das Tempo, mit dem sich die Art und Weise, wie wir arbeiten und Dienstleistungen erbringen, wandelt sich, wird immer rasanter. Mit unserem Projekt „Arbeitsplatz der Zukunft“ nimmt die Stadtverwaltung die damit verbundenen Herausforderungen ganzheitlich in den Blick und wir entwickeln uns hin zu einer modernen Verwaltung, die fit für die Zukunft ist.
Maßgabe ist die Zufriedenheit der Bürgerinnen, Bürger und Mitarbeitenden. Vor allem treiben wir die Digitalisierung von Leistungen voran. Wir wollen den veränderten Anforderungen aus Bürgerschaft und Unternehmertum besser gerecht werden und ressourcenschonend und schnell agieren. Dass sich diese Anstrengungen lohnen, zeigt der Smart City Index : Im Digitalranking der deutschen Großstädte kletterte Ludwigshafen in den vergangenen 2 Jahren um 11 Plätze nach oben auf Rang 43. Als Verwaltung sogar um 18 Plätze nach oben auf Rang 34. 
Herzlichen Dank an alle in der Stadtverwaltung, die zu diesem Sprung nach vorne beigetragen haben !
Digitale Potenziale nutzen wir auch mit weiteren neuen Online-Angeboten.
Außerdem steht die komplette Neugestaltung unserer städtischen Homepage an.
Wir wollen unsere Website so aufstellen, dass sie den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer möglichst vollständig gerecht wird
– inklusive eGovernment-Anwendungen.

Wichtige Impulse für das digitale Rathaus der Zukunft. Für eine erfolgreiche Zukunft ist Digitalisierung aber nur ein Baustein.
Es braucht vor allem auch gute Bildung. Das fängt schon bei unseren Kleinsten an. Deshalb ist es gut, dass im letzten Jahr zwei neue Kindertagesstätten eingeweiht werden konnten. Die Kita Wörthstraße für 135 Kinder und die Kita Süd für 170 Kinder. In Maudach fangen die Bauarbeiten für die neue Kindertagesstätte Mitte des Jahres an. Hier wird Platz geschaffen für 110 Kinder.
Ich weiß, dass vielen Eltern die angespannte Lage der Kita-Plätze Sorge bereitet.
Dass wir in Ludwigshafen damit nicht alleine dastehen, sondern überall im Land Kita-Plätze fehlen, ist da auch kein Trost.
Wir wissen, da müssen wir besser und schneller werden. 
Aber seien Sie versichert, wir unternehmen alle Anstrengungen, den Kita-Ausbau schneller voranzutreiben Wir überarbeiten aktuell die Strukturen innerhalb der Verwaltung, und werben, wo immer es möglich ist, um gutes Personal.
Hier wäre noch mehr Unterstützung, die für attraktivere Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und eine bessere Bezahlung für das Kita-Personal sorgt, ungemein wichtig. Wie wichtig frühkindliche Bildung ist, haben wir nicht zuletzt am Beispiel der Gräfenau-Grundschule sehr deutlich vor Augen geführt bekommen.

Ich bin der Leiterin Frau Mächtle sehr dankbar, dass sie die Courage hatte, die Probleme offen auszusprechen. Es hilft nichts, sich die Dinge schön zu reden, weil man damit nicht weiterkommt. Hier muss schnell und zielgerichtet, der jeweiligen Situation angemessen, gehandelt werden ! Und das nicht nur bei der Gräfenau-Schule.

Mich wundern Pisa-Ergebnisse nicht, wenn schöngeredet und nicht gehandelt wird. Ludwigshafen hat aufgrund seiner Bevölkerungsstruktur besondere Herausforderungen, die entsprechend mehr Unterstützung brauchen ! 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Zukunftsfragen sind aber nicht allein Bildungsfragen. Im Sinne der kommenden Generationen zu handeln, heißt auch, den Klimaschutz weiter voranzutreiben. Ganz konkret auch vor Ort.
Als Kommune kommt uns beim Klimaschutz eine Schlüsselrolle zu, die wir bei allen damit verbundenen Herausforderungen
entschlossen annehmen. Auf dem Weg in die Klimaneutralität legt Ludwigshafen mit der kommunalen Wärmeplanung
das Fundament für den Umstieg auf erneuerbare Energien. Bis spätestens 2045 wollen wir klimaneutral sein. Aber auch unsere energieintensive Industrie muss von Bund und Land im Blick behalten werden. Ich mache mir große Sorgen, was da noch auf uns zukommt, wenn der durch die Politik eingeleitete Strukturwandel nicht rechtzeitig durch Anpassungsmaßnahmen begleitet wird.
Wir stellen uns aber nicht nur die Frage, wie wir als Stadt den Klimawandel meistern und die Energiewende erfolgreich hinbekommen, sondern kümmern uns ganz konkret um die Zukunft unserer Innenstadt und unserer Stadtteile.
In den kommenden Jahren sollen die City und die angrenzenden Quartiere moderner werden und sich für neue und zeitgemäße Formen des Lebens, Wohnens, Arbeitens und Einkaufens in der Stadt öffnen.
Ganz aktuell ist die Umgestaltung des Friedrich-Wilhelm-Wagner-Platzes. Nach dem Abriss der Pavillons soll der gesamte Platz ein neues ansprechendes und grünes Gesicht erhalten. Wie das aussehen wird, wollen wir mit Ihnen, liebe Bürgerinnen und Bürger, gemeinsam diskutieren.
Sichtbare Veränderungen und Akzente in der Innenstadt können Sie jedoch schon heute sehen und erleben, dank des Förderprogramms Innenstadt-Impulse. Sei es die farbliche Gestaltung der Unterführung vom Berliner Platz zum Rheinufer,
die Aufstellung von bunten Pflanzkübeln in der Innenstadt oder die Durchführung von attraktiven Veranstaltungen, wie die erfolgreiche Premiere des After-Work-Events „Grill and Chill“, das über 1.000 Besucherinnen und Besucher an den Ludwigsplatz gelockt hat. Unser Ziel ist es, aus unserer Innenstadt im Rahmen der City-Vision 2053 einen Erlebnisraum zu machen. Eine Innenstadt für die Menschen. Ein Ort, an dem man nicht nur wohnt, arbeitet und Gastronomie genießt, sondern, an dem man gerne ist und gerne Zeit verbringt. Durch das Modellvorhaben haben wir die Chance, die Innenstadt trotz Strukturwandel attraktiver zu gestalten und neue Wege für eine lebendige City zu gehen. Es geht um ein Zukunftsbild, das wir Schritt für Schritt zum Leben erwecken und in die Realität umsetzen. Damit verbinde ich auch die große Hoffnung, dass sich endlich eine Lösung für das Metropol am Berliner Platz abzeichnet und wir bei diesem Ärgernis – dieser Zumutung für die Stadtgesellschaft – vorankommen.
Über die Idee an der Konzepttafel hinaus sind wir beim Modellvorhaben Stadtdörfer, das wir schon mit Leben gefüllt haben. In Oppau und Edigheim konnten wir im Herbst vier Projekte umsetzen und das Angebot für Kinder, Jugendliche und auch Seniorinnen und Senioren im Stadtteil verbessern. Ich spreche hier von der Umgestaltung des Oppauer Parks und des Spielplatzes Anglerstraße,
von neuen Fitnessgeräten und Bewegungsgeräten südlich vom Sportplatz Edigheim sowie einer Spiel- und Kletteranlage am Wolfsgrubenweg. Auch der Rudolf-Hoffmann-Platz wurde im Rahmen des Programms „Sozialer Zusammenhalt“ und mit breiter Bürgerbeteiligung umgestaltet – von einem reinen Rasenplatz zu einer kleinen Parkanlage mit generationenübergreifenden Spiel- und Erholungsangeboten. Ein attraktives Wohnumfeld entsteht aber nicht allein durch ein schönes Quartier. Es braucht auch eine gute Nahversorgung. Daher wird aktuell unser Einzelhandelskonzept fortgeschrieben.

Hier stellen wir uns die Frage, wie wir mit dem Strukturwandel und der räumlichen Entwicklung des Einzelhandels umgehen.
Wie wir die Nahversorgung sichern und weiterentwickeln. Das Konzept soll dieses Jahr vom Stadtrat beschlossen werden
und als Grundlage in die Fortschreibung des Flächennutzungsplans einfließen. Hochstraße, Digitalisierung, Kita-Ausbau, Klimaschutz und Stadtentwicklung.
Wir haben viel auf den Weg gebracht und angepackt. Daran werden wir in diesem Jahr weiter anknüpfen. Wohl wissend, dass die Herausforderungen nicht kleiner werden. Das gilt vor allem mit Blick auf die Rahmenbedingungen, in denen wir vor Ort für ein zukunftsfähiges Miteinander sorgen müssen. Allen voran braucht es dazu endlich wirksame Wege aus der städtischen Finanzmisere. In diesen herausfordernden Zeiten wäre eine starke Unterstützung der Städte angezeigt. Stattdessen lassen Bund und Land uns Kommunen allein mit einer ungelösten Altschuldenfrage und einer unzureichenden Finanzierung von an uns übertragenen Leistungen. Integrationskosten, die Bewältigung der kommunalen Wärmeplanung, Wohngeldreform, Unterbringung von Geflüchteten
oder Kostensteigerung im öffentlichen Nahverkehr – nirgends erhalten wir eine angemessene kostendeckende Finanzausstattung.
Das starre Festhalten am Spardiktat in diesen schwierigen Krisenzeiten gefährdet die lokale Daseinsvorsorge und letztlich das Vertrauen in wichtige Grundpfeiler unseres demokratischen Miteinanders. Das darf nicht sein.
Deshalb werden wir als Stadt Ludwigshafen – gemeinsam mit einem Landkreis – eine gerechte und den Aufgaben angemessene finanzielle Ausstattung durch Bund und Land einklagen. Die Gespräche zur Konkretisierung laufen bereits. Wir brauchen eine konsequente Anwendung des Konnexitätsprinzips.
Heißt : Wer bestellt, bezahlt. Und zwar alles !
Nur so kommen wir weg von der Mangelverwaltung. Hin zu einer lebensnahen Kommunalpolitik, entlang der Belange der Menschen vor Ort mit guten Kitas, Schulen, Radwegen, Sportstätten und einem vitalen kulturellen Angebot. 
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir auf die letzten Wochen und Monate zurückblicken, dann wird schnell klar, dass die uns abverlangten Kraftanstrengungen durch die Unterbringung und Verteilung von Geflüchteten noch zusätzlich fordern.
Die Stadt Ludwigshafen ist gesetzlich verpflichtet, 4,5 Prozent der Menschen aufzunehmen, die dem Land Rheinland-Pfalz zugewiesen werden. Wir ducken uns da nicht weg.
Im Gegenteil : Wir werden unserer Verpflichtung gerecht, Menschen, die wegen Krieg und Verfolgung geflohen sind, aufzunehmen.
Wir wollen und müssen helfen, sind aber bei Versorgung und Integration an unserer Kapazitäts- und Leistungsgrenze angelangt. Wir fordern von Bund und Land, die Kommunen bei der Bewältigung dieser Aufgabe nicht allein zu lassen. Es braucht eine Zuweisungspolitik, die auf die jeweiligen sozialen Strukturen vor Ort Rücksicht nimmt. Und wir brauchen endlich eine auskömmliche
Finanzierung, die sich an den realen Kosten orientiert. Wir vor Ort wissen, wie wichtig der Rückhalt und die Akzeptanz in der Gesellschaft ist, wenn es darum geht, dass die Aufnahme von Geflüchteten gelingt. Aktuell setzen wir mit der Walzmühl eine zeitlich begrenzte Notlösung um. Vor wenigen Wochen haben wir die Anwohnerschaft zu einem Bürgerforum eingeladen, um offen über die Pläne zu sprechen. Es gab eine engagierte, teils auch emotionale Diskussion, die den verschiedenen Perspektiven Raum gelassen
und gezeigt hat, dass es eben kein schlichtes Schwarz oder Weiß gibt, sondern viele Zwischentöne. Wir werden auch in diesem Jahr
über die Unterbringung von Geflüchteten reden müssen – jede Lösung ist letztendlich ein Kompromiss und das Ergebnis eines Abwägungsprozesses. Die eine Super-Lösung, mit der alle zufrieden sind, kann ich nicht versprechen. Aber wozu ich stehe, ist, dass wir diesen gesellschaftlichen Dialog, auch wenn es manchmal schwierig ist, weiter konsequent und mutig führen. Es ist die Stärke unserer Demokratie, dass wir eben auch kontroverse Debatten offen führen und unterschiedliche Meinungen und Ambivalenzen
aushalten können. 
Ich verstehe, auch mit Blick auf die Walzmühle, die Kritik und die Sorgen, die sich damit verbinden; aber die Alternative wären
Schulturnhallen, Gemeinschaftshäuser oder die Eberhalle gewesen. Als Stadt haben wir dazu eine klare Haltung : Wir haben in der Corona-Zeit bitter erleben müssen, wie ausgerechnet Kinder und Jugendliche, aber auch der Breitensport unter den vielen Einschränkungen zu leiden hatten. Daher kommt eine Lösung zu Lasten von Kindern, Bildung oder Breitensport für uns nicht in Frage. Ebenso wenig wollen wir auf Gemeinschafts- oder Veranstaltungshäuser zurückgreifen. Gerade die für den gesellschaftlichen Zusammenhalt so wichtigen Vereine machen hier ihre Veranstaltungen. Ein funktionierendes gesellschaftliches Leben mit sportlichen und kulturellen Veranstaltungen ist für unsere Stadtgesellschaft von immenser Bedeutung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind keine einfachen Zeiten. Es macht mich betroffen, wie sehr die furchtbare Gewalt im Nahen Osten auch das Miteinander bei uns herausfordert. Ich verurteile es aufs Schärfste, dass der Terror der Hamas hierzulande von manchen Gruppen gefeiert und verherrlicht wird, dass Israel-Flaggen heruntergerissen werden. Natürlich sehe ich auch die unerträgliche Situation der Zivilisten in Gaza und verurteile dies ebenfalls. Aber man muss genau hinschauen und nicht einseitig Terror verherrlichen. Antisemitismus und Hetze haben in unserem Land und in unserer Stadt keinen Platz – egal, aus welcher Ecke der Gesellschaft sie kommen. Wir spüren, wie wichtig es gerade in diesen Zeiten ist, sich dafür einzusetzen, dass unser Miteinander friedlich und weltoffen bleibt. Dafür sind alle demokratischen Kräfte gefragt, ganz besonders auch vor Ort in der Kommunalpolitik.
Was nicht hilft, ist, mit vermeintlich einfachen Lösungen den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen zu streuen. Mit einem pauschalen Dagegen-Sein verbindet sich kein Gestaltungsanspruch ! Demokratie lebt vom „für etwas“ sein, lebt vom konstruktiven Dialog, vom Wettbewerb der Argumente. Weniger Hetze und Empörung, mehr Dialog. Zuhören statt diffamieren. Das erscheint mir gerade am Anfang dieses Wahljahres das Gebot der Stunde zu sein. Es treibt mich um, dass es Stimmen gibt, die einem glauben machen wollen, die Welt wäre nur noch schwerlich auf eine bessere Spur zu bringen. Dabei haben wir allen Grund zur Zuversicht.
Der US-amerikanische Autor und Prediger Henry Ward Beecher hat einmal formuliert: „Jeder neue Tag hat zwei Griffe. Wir können ihn am Griff der Ängstlichkeit oder am Griff der Zuversicht halten.“ Lassen Sie uns das neue Jahr zuversichtlich in Angriff nehmen. Wir haben es in der Hand, im Miteinander unsere Stadt weiter voranzubringen. Machen wir uns auf und starten mit neuem Mut und neuer Zuversicht in 2024.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass das Jahr 2024 ein gutes Jahr für Sie wird !

Bevor ich gleich Ulf und Sebastian Lanzet zu mir auf die Bühne bitten darf für die traditionelle Übergabe der Neujahrsbrezel,
haben wir ein weiteres Mal das Vergnügen, der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz zu lauschen. Sie hören von Gustav Holst aus
„Die Planeten – Venus“.

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Autor:

Michael Sonnick aus Ludwigshafen

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