Online-Adventskalender Türchen 16: BUND blickt auf 40 Jahre ambitionierten Klima- und Umweltschutz zurück

Heute öffnet sich das 16. Adventskalender-Türchen auf wochenblatt-reporter.de | Foto: Wochenblatt-Redaktion
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Online-Adventskalender 2023.  Der Adventskalender porträtiert jeden Tag Helden im Alltag, die den noch zu wenig gehörten eine Stimme geben. Unsere Natur zählt dazu. Die Ortsgruppe des BUND Ludwigshafen feiert 2023 40Jahre Engagement für Umwelt und Klima. Im Austausch mit der Lokalpolitik blickt die Vorsitzende Sabine-Laubner-Draheim auf viele Erfolge zurück.

Wie überall in Deutschland sieht sich die BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz) Ortsgruppe als kritischer Partner der Kommune auf dem Weg Richtung Klimaneutralität und umweltschonendem Wirtschaften. So kartierte man in den letzten Jahrzehnten Lebensräume und Arten in Ludwigshafen und stellte Potenziale heraus, wo sich Naturflächen mit welchen Pflegekonzepte entwickeln können. Dabei arbeitet ein Netzwerk aus Naturschutzexperten etwa von Orbea, Pollichia/BUND und NABU eng zusammen.

Freiflächen und Versiegelung im Stadtgebiet

Der BUND ist beim Neubau in Stellungnahmen eingebunden. Als das Areal bei der Rosslache in Friesenheim zum Verkauf stand, setzten sich Naturschützer und Bürgerinitiative für den Erhalt des kleinen, verwilderten Hasenwäldchen ein – mit Erfolg. “Die Erbengemeinschaft, der es gehörte, hätte das Grundstück gern für die Bebauung freigegeben“, erklärt Laubner-Draheim. „Ein Teil des Wäldchens in Richtung Rosslache blieb letztlich als Ausgleichfläche fürs Neubaugebiet erhalten.“ Die Stadtentwicklungspläne um die Rosslache erhalten nun als Auflage, dass die Blockbebauung künftig nicht weiter in den Graben reingesetzt werden darf. Auch im Neubaugebiet Pesch-Haus Siedlung setzte man sich erfolgreich für den Erhalt von Freiflächen ein. „Wir wünschen uns zudem mehr Entsiegelungen. Fehlt dafür das Geld, oder der Wille?“, sagt Laubner-Draheim.

„Ludwigshafen denkt immer zu groß, etwa beim neuen Metropolhochhaus. Aber die Zeit der Glaspaläste ist vorbei. Mir hätte etwa eine Markthalle gefallen: den kreisrunden Gebäudekern der Tortenschachtel erhalten und nach außen die Geschäftseingänge legen, das wäre auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Der Erhalt von Gebäuden ist oft nachhaltiger als Abriss und Neubau“, erklärt Laubner-Draheim. An Bestandsgebäuden lasse sich zudem aufstocken oder nachverdichten. So vermeide man es, nach außen zu wachsen oder Freiflächen zu beanspruchen. Umweltverbände stören sich daran, dass am geplanten Metropolhochhaus, wenn es tatsächlich gebaut wird, keine Fassaden- oder Dachbegrünung geplant ist und es für noch mehr Versiegelung im Kern der City sorgt. Gelungene Bauprojekte im Stadtgebiet sind für Laubner-Draheim dagegen die Technischen Werke und die Pfalzwerke, die aus entkernten Altgebäuden, oder auf bereits versiegelten Flächen entstanden seien.

Sabine Yacoub, Vorsitzende des BUND Rheinland-Pfalz, Vorsitzende der Ortsgruppe Sabine Laubner-Draheim, Leiter des Bereichs Umwelt Reiner Ritthaler | Foto: BUND Ortsgruppe
  • Sabine Yacoub, Vorsitzende des BUND Rheinland-Pfalz, Vorsitzende der Ortsgruppe Sabine Laubner-Draheim, Leiter des Bereichs Umwelt Reiner Ritthaler
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Der Abriss der Hochstraße und die Planung einer ebenerdigen, Trasse ist für Laubner-Draheim trotz allem nachvollziehbar. „Die Instandhaltung der Hochstraßen würden auch künftig hohe Summen an Geld beanspruchen, das nicht da ist. Die breite Trasse ist so geplant worden, damit eine Förderung als Bundesstraße durch Bund und Land überhaupt möglich ist“, sagt sie. Deshalb ist es dringend erforderlich, Förderrichtlinien Richtung klimafreundliche Planung anzupassen. Eine schmalere Straße und die Mitplanung einer ÖPNV-Linie würde die Trasse zukunftsweisender machen.

Kleine Schritte, große Wirkung

Bei den Themen Verkehr, Entsiegelung oder Begrünung ließe sich mit wenig Aufwand schon viel machen. „Nach den Mobilitätskonzepten unseres Partnervereins VCD kann man mit kleinen kostenarmen Maßnahmen anfangen. Mit einfachen Pollern auf Kreuzungen oder durch Schilder lässt sich der Durchgangsverkehr reduzieren, der von überlasteten Hauptverkehrsstraßen auf Schleichwege durch Wohnviertel ausweicht. Auch beim Thema Entsiegelung könne man klein anfangen, so Laubner. „Wir sprechen uns für die Entsiegelung des Ebertparkplatzes aus, um dort Sandflächen oder Rasengittersteine zu verlegen. Ähnlich könnte man bei einigen Parkflächen im Stadtgebiet vorgehen.“

Aktionen der Ortsgruppe

Umweltverbänden ist klar: Es hängt viel davon ab, ob man die Bevölkerung bei der Klimawende mitnimmt. Die Umweltbildung steht deshalb auf der Agenda der Ortsgruppe. Sie ließ beim Better World Market Stelen zu den 17 Nachhaltigkeitszielen von Kindern bemalen, die im Hallenbad Nord ausgestellt wurden. Der nächste große Wildparktag 2024 bietet dank der Ortsgruppe wieder ein Naturquiz für Familien. Teil der Umweltbildung sind auch die geführten Touren. Sie führten in den vergangenen Jahren etwa zu den Sanddünen bei Speyer, ins Maudacher Bruch und zur Bocksbrücke. Sie zeigten die Rheinauen in ihrer Ursprünglichkeit und Authentizität, mit ihrer Geologie, Natur und in ihrer Entstehung. Es führten auch Touren durch Ebertpark oder am Rheinufer entlang.

Sanddüne in Speyer | Foto: BUND Kreisgruppe Ludwigshafen
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„Einmal im Jahr bietet die BUND-Ortsgruppe eine ‚Entschotterungsaktion‘ an und hilft dabei Familien aus Ludwigshafen, die Steinwüste im Garten wieder abzugraben und Stauden anzulegen“, erklärt Laubner-Draheim. Viele wünschen sich einen grünen Garten zurück, wenn sie merken, dass der Schotter das Mikroklimaklima aufheizt.

Die Ortsgruppe ist Pate des Biotops Kleine Bliese und damit für Schutz und Pflege des kleinen Areals verantwortlich, das sich aus einer ehemaligen Industriebranche entwickelt hat. „Wir überlassen das Gelände komplett der Natur im Sinne der Artenvielfalt. Gleichzeitig erfordert dies Pflege, weil es nicht verschlammen oder komplett verwalden soll. Die Wasser- und die Sandfläche soll erhalten bleiben.“ Denn viele Insekten haben dort Ruhe und Raum sich anzusiedeln.

„Die Kleine Blies ist eine ehemalige Industriebranche, die sich die Natur zurückerobert hat. Man weiß nicht, welche Stoffe der Schutt darunter verbirgt. Auch unter dem ehemaligen Metrogelände soll Giftmüll liegen. Der Michaelisberg ist eine ehemalige Müllhalde. Welche Stoffe die Böden dort enthalten, ist ebenso nicht vollständig ermittelt“, sagt Laubner-Draheim.
Leider haben Grünflächen in Ludwigshafen nicht die Qualität, dass man einen Schutzstatus als Natura-2000-Gebiet oder Naturschutzgebiete ausweisen könnte. Umweltschützer befürchten, dass sich Flächen nur dort sicher verteidigen lassen, wo ein starker Schutzstatus ausgewiesen ist.

Die Ortsgruppe setzt auf Umweltbildung, denn die Zwischenziele Richtung Klimaneutralität verzögern sich auch, weil viele Leute keine Abstriche bei der Größe ihrer Wohnflächen oder beim bequemen Autofahren machen wollen oder zögern in Modernisierung zu investieren. Zwar hat sich in Ludwigshafen bei Solar und Dachbegrünung im Gewerbe schon einiges getan, Kibek und Metro haben Gründächer. Mit Solar decken einige aber nur den Eigenbedarf. Um überflüssigen Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen zu können, braucht es größere Solardächer. „Durch mehr und angepasste Steuererleichterungen beim Thema Solar und würden die Bürger sich nicht reguliert fühlen. Man würde sie annehmen“, sagt Laubner. An öffentlichen Gebäuden geht man zumindest in boomenden Städten beim Thema Solar mit gutem Beispiel voran.

Beim ÖPNV-Ausbau gibt es Vorreiterstädte. Etwa Kopenhagen, wo heute die Autos aus der City rausgehalten werden oder Prag, wo Busse und Bahnen im 5-Minuten-Takt fahren und Senioren freie Fahrt haben. „In Ludwigshafen ist man noch Lichtjahre von solchen Verkehrskonzepten entfernt“, so Laubner-Draheim. Die staatlichen Fördertöpfe, die eigentlich für den Klimaschutz vorgesehen waren, sind wegen der Schuldenbremse derzeit in Gefahr. „Den Menschen muss klar sein: Die Natur wird es immer geben, sie rappelt sich wieder auf, aber unter Umständen mit weniger Menschen und schlechteren Lebensbedingungen“, sagt sie. „Klima- und Naturschutz sollten wir immer mitdenken.“ jg/red

Die Mitglieder der BUND Ortsgruppe schaffen den Schotter weg und pflanzen Stauden ein  | Foto: Kreisgruppe BUND Ludwigshafen
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Autor:

Julia Glöckner aus Ludwigshafen

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