Thema Erbrecht
Ausgleich für Pflege
Erbrecht. Grade über das Erbrecht gibt es viele Gerüchte. Bis der Fall des Erbens eintritt, haben die wenigsten etwas mit diesem Recht zu tun. Und außerdem wird auch das Erbrecht ständig verändert und angepasst. So gibt es wenig gesichertes Wissen über das Erbrecht. Dabei ist das Erbvolumen hierzulande beträchtlich: Bis zu 400 Milliarden Euro werden laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung jährlich vererbt und verschenkt. Es ist also nicht unwichtig, die aktuellen Regelungen zu verstehen. Experten der Arag-Versicherung erklären aktuelle Neuerungen im Erbrecht.
Erbausgleich für Pflegeleistungen
Eine wichtige Neuerung der letzten Erbrechtsreform ist die bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung. Ohne Testament gingen pflegende Angehörige früher häufig leer aus. Nach der jetzigen Regelung erhält jeder gesetzliche Erbe einen Ausgleich für Pflegeleistungen und zwar unabhängig davon, ob er für die Pflegeleistungen auf eigenes berufliches Einkommen verzichtet hat. Die Höhe des Ausgleichsbetrages orientiert sich unter anderem an Dauer und Umfang der Pflegeleistungen.
Erbschaft im Ausland
In unserer globalen Gesellschaft werden auch die Erbfälle mit Auslandsbezug immer häufiger. Nahezu eine halbe Million Fälle sind es jährlich in der EU: Rentner, die in ihr Ferienhaus auf Mallorca ziehen, Arbeitnehmer, die ins Ausland entsandt wurden oder Familien, die auswandern. Sie alle sollten bedenken, dass sie nach der seit August 2015 geltenden EU-Erbrechtsverordnung im Todesfall möglicherweise nach dem Recht ihres Aufenthaltslandes beerbt werden – selbst, wenn sie nach wie vor die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Dies kann zu unliebsamen Überraschungen führen. So ist etwa das im deutschen Erbrecht geltende Pflichtteilsrecht einigen anderen Erbrechtsordnungen unbekannt. Auch die Beteiligung des Ehegatten am Erbe kann anders oder gar nicht geregelt sein.Betroffene sollten sich daher von einem Notar beraten lassen und ein Testament erstellen, in dem deutsches Erbrecht gewählt wird.
Erbschaft an Pflegekräfte problematisch
Wer einen im Alter gut pflegt, soll belohnt werden. Wer keine eigenen Angehörigen hat oder kein gutes Verhältnis zu Kindern oder Enkeln, möchte vielleicht die vertraut gewordenen Pflegekräfte oder das Pflegeheim als Erbe einsetzen. Das ist nicht so einfach. Laut den Heimgesetzen der Länder dürfen Träger, Leitung und Mitarbeiter weder Geld noch geldwerte Leistungen zusätzlich erhalten. Nur kleine Aufmerksamkeiten sind erlaubt.
Anders sieht es aus, wenn der Heimträger als Begünstigter nichts von der Erbschaft weiß, weil dann der Verdacht der Bestechlichkeit nicht im Raum steht. Wenn ein Mitarbeiter ohne sein Wissen im Testament bedacht werden soll, kann das arbeitsrechtliche Folgen haben. Oft sehen die Arbeits- oder Tarifverträge vor, dass die Mitarbeiter Zuwendungen nur mit Genehmigung des Arbeitgebers annehmen dürfen. Statt Erbe gibt’s womöglich eine fristlose Kündigung!
Unkomplizierter ist die Sache, wenn man Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten oder die Haushaltshilfe im Testament bedenken möchten. Für sie gelten die Heimgesetze nicht. Allerdings kann auch die Pflegekraft laut Arbeits- oder Tarifvertrag verpflichtet sein, die Genehmigung ihres Arbeitgebers einzuholen, bevor sie eine Zuwendung annimmt.
Erbschaft in Steueroasen melden
Ein verstecktes Konto auf den Kaiman-Inseln, in der Schweiz oder einer anderen Steueroase erben – wer träumt nicht davon. Glückspilze, die davon betroffen sind, sollten das Konto keinesfalls verschweigen, um sich so vor Zahlungen zu drücken. Wer solch eine Erbschaft nicht beim Finanzamt meldet und erwischt wird, zahlt hohe Strafen. Als Erbe hat man dafür drei Monate Zeit – und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem Sie von dem Erbe erfahren.
Strafrechtlich hat man nichts zu befürchten – selbst wenn es sich um Schwarzgeld handelt. Es gilt hier der Leitsatz: Steuerschuld kann man erben – Strafbarkeit nicht. Die hinterzogenen Steuern plus sechs Prozent Zinsen pro Jahr muss man jedoch nachzahlen – rückwirkend über einen Zeitraum von zehn Jahren.
Auch bei Selbstanzeigen spielen unversteuerte Erbschaften eine Rolle. Wenn die Erbschaft schon mehr als elf Jahre zurückliegt, ist die zu zahlende Steuer auf das Erbe ebenso verjährt wie die Strafe. Das gilt aber nicht für die Steuer auf die durch das Konto verdienten Zinsen. Wer eine noch nicht verjährte Erbschaft außen vorlässt, macht sich nicht nur strafbar, sondern riskiert auch, dass seine Selbstanzeige unwirksam wird. rk/ps
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.