BriMel trifft
Eva-Maria Uebel im Einsatz für das Frauenhaus

Eva-Maria Uebel in ihrem Büro | Foto: Brigitte Melder
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Ludwigshafen. Am 13. März traf ich mich mit der 1. Vorsitzenden des Frauenhauses Ludwigshafen, Frau Eva-Maria Uebel, um mehr über diese besondere Einrichtung zu erfahren. Gerade in den letzten Monaten in Zeiten von Corona, wo Homeoffice und Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden stattfanden, stieg und steigt die Gewalt in der Familie drastisch an.

??? Ich denke mal, dass die Mehrheit an Gewalttaten von Männern begangen wird. Umgekehrt wohl eher selten, oder?
Uebel: Dass die Gewalt in den Familien drastisch ansteigt, können wir so pauschal nicht bestätigen. Wir haben pandemieunabhängig meist mehr Platzanfragen als freie Zimmer, sprich, schon vor Beginn der Pandemie war das Frauenhaus meistens voll ausgelastet. Die Anzahl der Platzanfragen ist zwischen Mai und August 2020, also der Zeit der Lockerungen stetig gestiegen, allerdings sind die Schwankungen auch nicht stärker als in den anderen Jahren.
Da wir eine Schutzeinrichtung für Frauen und deren Kinder sind, stehen diese natürlich zuerst in unserem Fokus.
Das Thema „Häusliche Gewalt“ ist, gerade durch Corona sehr in den Fokus gerückt, hierzu finden ja sehr viele Kampagnen statt – das ist unglaublich hilfreich, um auf das Thema aufmerksam zu machen und die Gesellschaft schaut genauer hin.
Generell gibt es aber auch Hilfeangebote für von Gewalt betroffenen Männern.

??? Dieses Frauenhaus bietet also Schutz für Frauen mit ihren Kindern vor ihren gewalttätigen Männern. Wo gibt es außer in Ludwigshafen noch Frauenhäuser im Kreis und wie nimmt man am schnellsten Kontakt auf?
Uebel: Ludwigshafen ist mit 13 Plätzen die größte Einrichtung in Rheinland-Pfalz von insgesamt 17 Häusern im Bundesland. Ludwigshafen hat als erstes Frauenhaus seit Eröffnung bereits einen eigenen Kinderbereich und eine eigene Erzieherin. Die Gründung erfolgte 1982. Über die Konferenz der Frauenhäuser https://frauenhaeuser-rlp.de findet man leicht die Einrichtungen mit den entsprechenden Kontaktdaten, um telefonisch oder per Mail Kontakt aufzunehmen. Die nächstgelegenen Frauenhäuser befinden sich in Mannheim, Frankenthal, Bad Dürkheim und Speyer.
Unsere Mitarbeiterinnen sind sehr gut geschult und beraten individuell die betroffenen Frauen. Jeder Fall ist etwas anders gelagert, auch zieht nicht jede Frau gleich in ein Frauenhaus. Wir können häufig Lösungen in einem Beratungsgespräch finden.
Anfragen haben wir immer deutlich mehr als freie Plätze. Häufig können Frauen auch nicht wieder ausziehen, da der Wohnungsmarkt leergefegt ist und die Frauen keine geeignete Wohnung finden. Das blockiert wiederum die Plätze für Aufnahmen. Zurzeit können wir auch nicht alle Zimmer belegen, da unser hausinternes Hygienekonzept das Freihalten von Zimmern für etwaige Quarantänefälle vorsieht.
In bedrohlichen Situationen läuft ein gut funktionierendes Netzwerk unter den Häusern und die bedrohten Frauen können dann ggf. in einer anderen Einrichtung unterkommen. Die Mitarbeiterinnen versuchen dann zeitnah eine Unterkunft zu organisieren.

??? Wie geht es dann weiter? Wird die Misshandlung erstmal im Krankenhaus oder Arzt dokumentiert?
Uebel: Nun, auch hier muss man schauen von welcher Art Gewalt wir sprechen. Zunehmend geht es auch um psychische Gewalt, die aber von den Frauen als ebenso unerträglich empfunden wird als die körperliche Gewalt.
Pauschal ist im Frauenhaus leider keine Aussage zu treffen, jeder Fall ist einzeln zu betrachten und anders gelagert. Bei körperlichen Verletzungen wird natürlich auch ein Klinik- oder Arztbesuch erfolgen und bei Anzeigen läuft dann auch die entsprechende Dokumentation.
Die Wege in ein Frauenhaus können durchaus über die Polizei erfolgen, die zu einer eskalierenden Situation hinzugerufen werden und die Frauen in Sicherheit bringen. Meistens ist es jedoch so, dass die Hilfe erst einmal über ein Beratungsgespräch abläuft und dann mit den Frauen die Umsetzung und Planung für den Einzug ins Frauenhaus erfolgt. Nach Einzug unterstützen die Mitarbeiterinnen u.a. bei der Existenzsicherung, bei Behördengängen und der Verarbeitung der erlebten Gewalt.
Wir verfügen in Ludwigshafen aber auch über eine externe Beratungsstelle – durch Corona finden jedoch so gut wie keine persönlichen Gespräche statt. Viele Beratungen laufen derzeit über das Telefon.
Im Bereich der telefonischen Beratungen können wir, seit Beginn der Coronapandemie, tatsächlich einen deutlichen Anstieg feststellen. Waren es im Jahr 2019 insgesamt 394, stiegen diese im Jahr 2020 auf 510 an.

???
Wie ist die „Erstausstattung“ im Frauenhaus? Sind genügend Räume vorhanden, Kleidung und Essen? Ich denke, manche Frauen flüchten Knall auf Fall ohne Koffer nur mit dem, was sie auf dem Leib haben. Kann man in irgendeiner Form helfen?
Uebel: Wie bereits angemerkt, kommt es vor, dass die Frauen rein gar nichts dabeihaben. Dann können wir immer mit dem Nötigsten aushelfen. Meist ist der Auszug aber geplant und somit haben die Frauen ihre persönlichen Sachen dabei.
Bei Auszügen aus dem Frauenhaus in eine neue eigene Wohnung geben wir auch immer wieder Bettwäsche, Handtücher und derlei Dinge mit in das neue Zuhause.
Wir haben sehr häufig Anfragen von Bürgern, die uns mit Sachspenden unterstützen möchten wie Möbel, Geschirr und dergleichen. Unser Platz in der Einrichtung ist aber sehr begrenzt, so dass wir nur wenig Lagermöglichkeiten haben. Manchmal zieht gerade eine Frau in eine eigene Wohnung, dann können wir die Spenden direkt vermitteln.

??? Wie erklären Sie sich, dass das Zusammenleben momentan so schwierig ist? Was raten Sie Paaren, wenn es in eine brenzlige Situation kommt?
Uebel: Unser Schwerpunkt liegt auf der Beratung und Unterstützung von Frauen, die Gewalt erlebt haben. Paare beraten wir nicht. Gewaltbetroffene Frauen finden wir in ALLEN Schichten, ALLEN Ethnien und in ALLEN Altersgruppen, dies einmal vorweg. Hier ist erst auch wieder gar nichts pauschal…
Wir leben seit einem Jahr mit maximalen Beschränkungen; es kommt in Familien zu HomeOffice, Kurzarbeit evtl. Arbeitslosigkeit – Verzweiflung, Sorgen – Kita’s und Schulen sind geschlossen und wir verbringe 24h-7Tage die Zeit mit dem Partner.
Wir alle merken ja selbst, dass fehlende soziale Kontakte, fehlender Sport oder ein anderer Ausgleich, etwas mit uns macht.
Das ist in keinster Weise zu rechtfertigen – Niemand, und ich meine wirklich niemand! hat das Recht zu schlagen oder zu unterdrücken. Nicht die Lebenspartner, nicht die Kinder, einfach Niemanden. Das ist einfach nur feige und zeugt von mangelndem Selbstbewusstsein, sich „Schwächere“ als „Opfer“ zu suchen, um sein eigenes Ego aufzupolieren.
Die Frauen suchen leider zu häufig die „Fehler“ noch bei sich selbst, das ist einfach falsch! Das versuchen wir zu vermitteln, aber der Knoten muss dann auch erst einmal platzen. Wir helfen und unterstützen sehr gerne dabei.
Jede häusliche Gewaltsituation ist anders – evtl. kann man einen Nachbarn ansprechen oder einen Familienangehörigen – im Notfall die Polizei – oder wenn die Möglichkeit besteht, selbst bei uns anrufen.
Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr war eine gesteigerte Anfrage nach den Lockerungen spürbar, da die Frauen vorher keine Gelegenheit hatten, sich Hilfe zu suchen. Sie konnten nicht raus oder wenn, dann war der Partner unter Umständen dabei; man konnte nicht telefonieren… das macht es schwierig, wir können ja erst helfen, wenn eine Anfrage kommt.

??? Seit wann haben Sie das Amt der ersten Vereinsvorsitzenden inne? Ist doch ein Verein oder?
Uebel: Wir hatten im letzten Jahr Neuwahlen und ich habe den 1. Vorsitz im Juli 2020 übernommen. Im Frauenhaus bin ich seit Ende 2016, erst als Beisitzerin und dann 2. Vorsitzende, aktiv.

??? Haben Sie einen direkten Draht zur Polizei oder Securitys, falls eine Situation zu eskalieren droht? Ich kann mir vorstellen, dass schon öfter versucht wurde, in das Frauenhaus einzudringen.
Uebel: Natürlich ist die Einrichtung auch gut mit der Polizei vernetzt und es finden zum Beispiel auch regelmäßige Fallbesprechungen von Hochrisikofällen statt.
Dass wir direkte Bedrohungslagen haben kommt zum Glück nicht häufig vor – wir haben aber immer wieder Frauen, die nicht in Ludwigshafen untergebracht werden können, da die Bedrohung einfach zu ernst ist und hier macht sich ein gutes Netzwerk bezahlt.

??? Am 20.03. findet von 19.00 bis ca. 20.00 Uhr eine Online-Charity-Lesung zugunsten des Frauenhauses Ludwigshafen statt. Dazu laden die CDU-Frauenunion Ludwigshafen und der CDU-Ortsverband Mittel/Nord/West ein. Die Krimiautorin Kirsten Sawatzki liest aus ihrem brandneuen Thriller „Die Komplizen des Todes“. Auch hier wird auf die Situation von Frauen aufmerksam gemacht und um Spenden gebeten. Ich denke mal, das lassen Sie sich nicht entgehen oder?
Uebel: 😊 natürlich lese ich selbst sehr gerne und liebe Thriller, da lass ich mir das natürlich nicht entgehen. Kirsten Sawatzki kommt ja aus der Region und umso schöner, dass wir am 20.3.21 vorab einen kriminalistischen Vorgeschmack auf ihr neues Buch bekommen. Das Buch erscheint ja erst am 23.3.21; ich habe es schon vorbestellt und freu mich darauf.
Als 1.Vorsitzende freut man sich selbstverständlich immer über solche Veranstaltungen. Als Präsenzveranstaltung wäre es natürlich schöner, aber wir müssen uns eben situativ anpassen.
Über eine rege Teilnahme freuen wir uns – ich hoffe auch, dass noch ein paar Leser neugierig werden und auch teilnehmen. Sie haben die Gelegenheit, im Anschluss Frau Sawatzki Fragen zu stellen.
Den Link kann man über unsere Facebook-Seiten erhalten – gerne auch direkt anfragen oder über die Veranstalter, die CDU Frauenunion Ludwigshafen und den CDU-Ortsverband Mittel/Nord/West
Die Teilnahme an der Lesung ist kostenlos, wir freuen uns aber über jede Spende, die wir erhalten. Und wenn sie noch so klein ist. Sie kommt direkt bei den Frauen und Kindern an. Wir haben immer kleine und große Projekte, die wir sehr gerne mit Hilfe der Spenden umsetzen. Spendenkonto Frauenhaus Ludwigshafen e.V., Sparkasse Vorderpfalz IBAN DE45 5455 0010 0191 4594 45

??? Vielen Dank für das Gespräch.

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Autor:

Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim

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