Warum war die Pfalz bayerisch?
Pfalz. Fast 170 Jahre war die Pfalz ein Teil von Bayern. Aber eigentlich war es so, dass Bayern ein Teil der Pfalz, genauer: der Kurpfalz wurde.
von Roland Kohls
Von 1777 bis 1946 gehörte die Pfalz zu Bayern, also fast 170 Jahre lang. Denn mit dem Tod von Kurfürst Maximilian III. Joseph von Bayern Ende 1777 starb auch die bayerische Linie der Wittelsbacher aus. So erbte Kurfürst Karl Theodor von der Kurpfalz, der ebenfalls zur Dynastie der Wittelsbacher gehörte, Bayern. Eigentlich wurde also Bayern ein Teil der Kurpfalz und nicht die Pfalz Teil Bayerns. Aber Karl-Theodor verlegte sofort danach seine Residenz von Mannheim nach München und die Pfalz wurde bayerisch und nicht umgekehrt.
König von Bayern herrscht über die Pfalz
Doch dieses Kurpfalz-Bayern gab es nicht für lange Zeit. 1794 besetzen französische Revolutionstruppen die linksrheinische Pfalz und die rechtsrheinischen Gebiete der Kurpfalz fiehlen Baden zu. Als dann Karl Theodor 1799 ohne Nachkommen starb, erbte Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken – ebenfalls ein Wittelsbacher - die Ansprüche auf Bayern und die Kurpfalz. Während des Kriegs, den Napoleon gegen ganz Europa führte, ging der Kurfürst 1806 einen Geheimvertrag mit Frankreich ein, in dem sich Bayern mit Frankreich verbündete. Im Gegenzug wurde Bayern zu einem Königreich aufgewertet. Das blieb auch nach Napoleons Niederlage 1813 bei der Völkerschlacht von Leipzig so. Die Pfalz wurde anschließend zunächst unter österreichisch-bayrische Verwaltung gestellt. Die rechtsrheinischen Teile der Kurpfalz blieben verloren.
Bayern tauscht Pfalz gegen österreichische Gebiete
Beim Wiener Kongress 1815 wurde die Pfalz Österreich zugeschlagen, doch im Vertrag von München 1816 bekam das Königreich Bayern die Pfalz im Tausch gegen das Herzogtum Salzburg, Gebiete in Tirol und Teile des heutigen Oberösterreichs von Österreich zurück. Von 1816 bis 1946 blieb die Pfalz Teil Bayerns. Hauptstadt des Rheinkreises oder auch der Rheinpfalz wurde Speyer. Erster Regierungspräsident für den Regierungsbezirk Pfalz wurde Hofrat Franz Xaver von Zwackh, weshalb die Pfälzer fortan alle bayerischen Beamten „Zwockel“ nannten. Ein sogenannter „Landrath“, der mit aus 20 verdienten Persönlichkeiten bestand, hatte die Aufgabe, auf die besonderen Belange der Pfalz hinzuweisen.
In der Rheinpfalz herrschen andere Gesetze
Allerdings herrschten in der Pfalz andere Gesetze als in Bayern. Die Aufhebung der Grundherrschaft wurde hier nämlich aus der französischen Zeit ebenso übernommen wie die Trennung von Verwaltung und Justiz, die Gewerbefreiheit und der Code Civil. In Bayern wurde die Grundherrschaft erst mit der Deutschen Revolution 1848 abgeschafft, der Code Civil galt im Regierungsbezirk Rheinpfalz bis zum Jahr 1900, als im gesamten Deutschen Reich das Bürgerliche Gesetz-Buch eingeführt wurde. Die französische Vergangenheit hat nicht nur im Pfälzer Dialekt Spuren hinterlassen, sondern lebte auch in einem besonderen Freiheitswillen fort, wie das Hambacher Fest 1832 auf dem Hambacher Schloss in Neustadt und der Pfälzische Aufstand nach dem Scheitern der 1848er-Revolution bezeugen.
König Ludwig I. von Bayern in der Pfalz
Die prägenste Persönlichkeit für diese bayerische Epoche der Pfalz war der bayerische König Ludwig I., der von 1825 bis 1848 herrschte. König Ludwig I. von Bayern gründete an der ehemaligen Rheinchance die Stadt Ludwigshafen, ließ den dortigen Rheinhafen ausbauen und die Ludwigsbahn von Ludwigshafen bis ins Saarland errichten und baute sich mit der Villa Ludwigshöhe einen Sommersitz in der Pfalz. Er liebte die Landschaft und das milde Klima des Rheinkreises, das ihn an sein geliebtes Italien erinnerte. Deshalb errichtete er sich auch ein Sommerschloss bei Edenkoben: die Villa Ludwigshöhe. Noch vor Fertigstellung dieser Villa im italienischen Stil musste er abdanken. Aber von 1852 bis 1866 lebte er alle zwei Jahre für einige Wochen in seinem Sommersitz in der Südpfalz, wo er dann am 25. August seinen Geburtstag feierte. Das Historische Museum der Pfalz in Speyer zeigt aktuell eine Ausstellung über "König Ludwig I. - Sehnsucht Pfalz".
Pfalz wird 1946 Teil von Rheinland-Pfalz
Nach dem Ersten Weltkrieg gab es revolutionäre Pläne, die die Pfalz nicht nur von Bayern, sondern auch von Deutschland als Autonome Pfalz abspalten wollten, die jedoch scheiterten. Auch den Nationalsozialisten war die bayerische Herrschaft über die Pfalz ein Dorn im Auge. Sie blieb zwar formal bestehen, doch durch die Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen, der Gründung des Gaus Saarpfalz, verlor Bayern zunehmend seinen Einfluss auf die Rheinpfalz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Pfalz durch französische Truppen besetzt. Mit der Gründung des Bundeslandes Rheinland-Pfalz 1946 endete dann endgültig die bayerische Herrschaft über die Pfalz.
Informationen
Informationen zu der Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz in Speyer findet man online unter www.museum.speyer.de
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
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