Motorrad Weltmeisterschaft
Rückblick Langstrecken - WM EWC 2022

Boxenstopps und Fahrerwechsel sind das Salz in der Suppe bei den Langstreckenrennen wie hier in Le Mans. Bild: Hartmut Reuschel
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24 Stunden von Le Mans
Die Langstreckenweltmeisterschaft für Motorräder, kurz EWC  ( Endurance World Championchip ), war auch 2022 wieder einer der Serien in der der Mosbacher Rennfahrer Marvin Fritz an den Start ging. Der deutsche Superbike Meister des Jahres 2016 startete wieder für das YART-Yamaha Team aus Österreich wo er seit 2016 fester Bestandteit deren EWC Mannschaft ist. Mit seinen Teamkollegen Niccolo Canepa und Karel Hanika brachte der 29-jährige eine Yamaha R1 zum Einsatz. Die Meisterschaft umfasste in diesem Jahr 4 Rennen wobei der Saisonstart traditionell  in Le Mans beim 24 Stundenrennen stattfand. Im Gegensatz zu den Rennwagen fahren die Motorräder in Le Mans den auf 4,185 KM verkürzten Bugatti Circuit. Fritz und seine Teamkollegen stellten die Yamaha R1 im Training auf Startplatz 1, doch als am Samstag um 15:00 Uhr die Fahrer im klassischen Le Mans Start auf die Reise geschickt wurden wollte die Yamaha zunächst nicht anspringen und entsprechend schlecht war die YART Platzierung in den ersten Runden. Doch beim ersten Boxenstopp nach knapp einer Stunde war der verpatzte Start bereits vergessen. Zusammen mit SERT-Suzuki, F.C.C Honda, BMW World Endurance und SRC Kawasaki lag die YART Truppe auf Rang 5 in der Spitzengruppe und kämpfte um den Sieg mit. Wie üblich im Endurance Sport wechselten in den nächsten Stunden die Positionen, je nach Boxenstoppstrategie der Teams. Einzig das F.C.C Honda Team mit Josh Hook, Gino Rea und Mike Di Meglio festigte Platz 1, dahinter wechselten die Positionen innerhalb der Plätze 2 bis 5 mehrmals. Nach einem Drittel der Distanz hat sich die Spitze etabliert - es führt immer noch F.C.C. Honda, SERT-Suzuki lag auf Platz 2 vor YART-Yamaha (3) und SRC-Kawasaki (4).

Im klassischen Le  Mans Start wurden die Teams auf die Reise einmal rund um die Uhr geschickt.                                                      Bild: Hartmut Reuschel
  • Im klassischen Le Mans Start wurden die Teams auf die Reise einmal rund um die Uhr geschickt. Bild: Hartmut Reuschel
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Die BMW Werksmannschaft mit Markus Reiterberger, Ilya Mikhalchik und Jeremy Guarnoni war da schon längst nicht mehr dabei. Ein aufgewirbelter Stein hatte den Kühler der M1000-RR in der 5. Rennstunde beschädigt, der Külwasserverlust führte dann in den Folge zu einem Motorschaden der vor Ort auch nicht mehr repariert werden konnte. In der langen Le Mans Nacht fielen dann - wieder einmal - die Vorentscheidungen um Sieg und Platzierung. Der Weltmeister von 2018, F.C.C. Honda musste zu einem längeren Reparaturstopp an die Box und fiel zurück, die Führung übernahm die SERT-Suzuki mit Gregg Black, Xavier Simeon und Sylvain Guintoli vor YART-Yamaha. Auch die Werks-Kawasaki vom Team SRC musste mit Motorproblemen an die Box , verlor dort 45 Runden(!) und ging auf Platz 39 liegend wieder ins Rennen. Die ganze Erfahrung von 17 WM-Titeln warf dann die SERT-Truppe um Teammanager Daumen Saulnier  in die Waagschale und fuhr genau so schnell um sich die Konkurrenz von Yamaha und Honda vom Leib zu halten. Souverän auf der Strecke und fehlerfrei bei den Boxenstopps arbeiteten Piloten und Boxencrew so dass Suzuki nach 24 Stunden zum wiederholten Mal den Klassiker in Le Mans gewinnen konnte. Starker Zweiter und damit auf dem Podest Marvin Fritz, Karel Hanika und Niccolo Canepa/YART Yamaha, der dritte Platz ging an F.C.C. Honda.
24 Sunden von Spa
Das zweite Saisonrennen fand auf der belgischen Strecke von Spa-Francorchamps statt und liess damit eine alte Tradition wieder aufleben. In den Jahren 1973 bis 2003 fanden hier die legendären 24 Stunden von Lüttich statt und begründeten damit eine lange Endurance Tradition in Spa. Das die Neuauflage für BMW zu einem historischen Erfolg werden wird war beim Start am Samstagmittag um 13:00 Uhr noch nicht absehbar. Reiterberger/Mickhalchik/Guarnoni stellten zwar ihre M1000-RR auf Startplatz 2, doch auf der Polepostion stand wie schon in Le Mans die blaue YART-Yamaha von Fritz/Canepa/Hanika mit einer Qualyzeit, die über einer halbe Sekunde schneller war als die der BMW. Doch Qualyfikationszeiten haben über eine Renndauer von 24 Stunden relativ wenig Aussagekraft - das musste in Belgien nicht nur die YART Mannschaft einsehen. Zunächst bildete sich in den Anfangsstunden eine Spitzengruppe der die üblichen Verdächtigen angehörten als da waren SERT Suzuki, YART-Yamaha, F.C.C. Honda, SRC Kawasaki, BMW World Endurance und sehr zur Freude der Ducati Fans auch die Panigale V4R vom Team ERC aus Karlsruhe. Auch in Spa gab es aber nach dem ersten Renndrittel bereits erste Vorentscheidungen.

Reiterberger, Mikhalchik, Guarnoni gewinnen auf der M1000RR die 24 Stunden von Spa.                                                                                Bild:Hartmut Reuschel
  • Reiterberger, Mikhalchik, Guarnoni gewinnen auf der M1000RR die 24 Stunden von Spa. Bild:Hartmut Reuschel
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Aus dem Spitzensextett verabschiedete schon in Rennstunde 2 die ERC Ducati die zu einem längeren Reparaturstopp an die Box musste. Ganz schlecht verlief der Einsatz der SRC Kawasaki. Das erfolgsverwöhnte Team von Manager Gilles Staffler meldete die ZX-10R nach 66 Runden ab da es den Piloten bis zu diesem Zeitpunkt gelungen war die Kawa 3 (!) mal zu Sturz zu bringen und nach dem letzten Crash von Randy de Puniet eine Reparatur nicht mehr möglich war. Auch die Nacht von Spa verlangte ihre Opfer. Am härtesten traf es die Ducati von ERC die nach einem Benzinpumpendefekt um Mitternacht aufgeben musste. Auch F.C.C. Honda verlor in den frühen Morgenstunden  viele Runden durch einen 30 minütigen Reparaturstopp an der Box.  Dann ging es Schlag auf Schlag - erst der große Knall um 07:30 Uhr  - die YART Yamaha hatte einen Motorenplatzer und musste aufgeben. Dann stürzten bei inzwischen nassen Bedingungen mehrere Piloten, darunter war auch SERT-Suzuki und die F.C.C Honda sodass die Rennleitung das Safety Car auf die Strecke schicken musste. Nachdem sich das Feld nun wieder sortiert hatte lag das BMW World Endurance Team mit Reiterberger/ Mikhalchik/Guarnoni in Führung, 8 Runden dahinter das Team Tati Beringer mit einer Kawasaki ZX-10R, weitere 3 Runden zurück die Yamaha R1 vom Wojcik Racing Team aus Polen. Am späten Vormittag wurde es dann in Spa nochmals hektisch. Zunächst sorgte ein weiterer Rennsturz für eine Ölspur wodurch dass Rennen mit der roten Flagge zunächst unterbrochen wurde. Doch um 12:45, nur eine Viertelstunde vor Ablauf der 24 Stunden, wurde das Feld nochmals zu einem Schlusspurt auf die Ardennenachterbahn geschickt. Da die BMW Truppe von Teamchef Werner Daemen zu diesem Zeitpunkt immer noch 7 Runden Vorsprung hatte gingen die Piloten kein Risiko mehr ein und Jeremy Guarnoni brachte die M1000-RR nach 508 Runden sicher als Sieger über die Ziellinie. Dieser Sieg bei den 24 Stunden von Spa war der erste BMW Erfolg in der Geschichte der Langstrecken-Weltmeisterschaft EWC seit über 60 Jahren und wurde daher auch in der Box entsprechend gefeiert!
8 Stunden von Suzuka
Für den 3. Lauf zur diesjährigen Langstreckenweltmeisterschaft mussten die Teams eine lange, kostenintensive Anreise in Kauf nehmen. Es ging nach Suzuka in Japan und wie in jedem Jahr waren auch dieses Jahr nur die Teams zu dieser Reise bereit die über die notwendigen Finanzen verfügten und in der WM vorn mit dabei waren. Das das Starterfeld mit 45 Teams trotzdem prall gefüllt und hochkrätig besetzt war liegt an der Besonderheit von Suzuka. In Japan geniest dieses Rennen seit jeher einen hohen Stellenwert und so brachten auch 2022 sowohl die japanischen Hersteller als auch die großen Tuner und Zubehörhändler speziell für dieser Rennen aufgebaute Superbikes an den Start auf denen zum großen Teil die Stars aus der japanischen Superbike und Grand-Prix -Szene zum Einsatz kamen. So brachte auch der weltgrößte Motorradhersteller Honda über seine Rennsportabteilung HRC eine Honda CBR-RR 1000 mit ex-MotoGP Pilot Iker Lecuona, Moto-2 Pilot Tetsua Nagashima und der japanischen Superbike Legende Takumi Takahashi an den Start. Und es war genau dieses Team das die Geschichte der 8 Stunden von Suzuka in diesem Jahr von Anfang an beherrschte. Von der Poleposition aus ging die Honda mit der Startnummer 33 ins Rennen, SRC Kawasaki, YART-Yamaha, F.C.C. Honda und SGD Honda folgten auf den Startplätzen 2 bis 5. Ungewöhnlich weit hinten in der Startaufstellung auf Platz 22 war SERT-Suzuki zu finden, auch das BMW World Endurance Team blieb mit Startplatz 8 deutlich hinter den Erwartungen zurück. Das Rennen selbst hatte dann die in der EWC übliche Spannung und Kompaktheit im Spitzenpulk bis zur Rennmitte nach 4 Stunden, da lag die HRC Honda zum erstenmal mit Rundenvorsprung vorn. Zu diesem Zeitpunkt musste das in Belgien siegreiche BMW-Team bereits den Ausfall vermelden. Ähnlich wie beim Saisonstart in Le Mans kam es im Kühlwasserkreislauf der M1000-RR zu einem Leck das zu Kühlwasserverlust und einem Motorschaden führte.

Iker Lecuona gewinnt zusammen mit Nagashima und Takahashi auf Honda das 8 Stundenrennen von Suzuka.                      
Bild: Gabi Reuschel
  • Iker Lecuona gewinnt zusammen mit Nagashima und Takahashi auf Honda das 8 Stundenrennen von Suzuka.
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Auch F.C.C. Honda musste an der Box lange schrauben, konnte aber wieder zurück ins Rennen und lag bei Halbzeit auf Platz 11. Hinter der souverän führenden HRC Honda kämpften SRC Kawasaki mit dem sechsfachen Superbike Weltmeister Jonathan Rea, Alex Lowes und Ron Haslam vor YART-Yamaha mit Fritz, Canepa, Hanika um Platz 2 während SERT-Suzuki bereits deutlich zurück auf Rang 4 lag. Die Entscheidung fiel dann 1 Stunde vor Ende des Rennens. Marvin Fritz lief in einer schnellen Passage auf einen langsameren Konkurrenten auf, touchierte die Maschine mit hohem Tempo wobei beide Piloten dabei zu Sturz kamen. Die Yamaha konnte zwar von dem unglücklichen Fritz wieder an die Box zurückgebracht werden, die anstehende Reparatur warf das Team jedoch bis auf Rang 7 zurück den die YART Mannschaft dann bis zum Zieleinlauf halten konnte. Dadurch führte die HRC Honda mit über 2 Runden Vorsprung den Lecuona/Nagashima/Takahashi auch sicher bis ins Ziel brachten. Der zweite Platz ging an die SRC Kawasaki die damit ihr bestes Saisonergebnis einfahren konnte, SERT Suzuki rückte durch den Sturz der Yamaha noch auf Rang 3 vor.
Bol d´Or
Das Saisonfinale der EWC  bildete wieder das Rennen um den Bol d´Or - die goldene Schale - und fand auf dem Circuit Paul Ricard im Süden Frankreichs statt. Der Bol ist das mit Abstand ältestete Langstreckenrennen der Welt und feierte dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Der erste Bol d´Or fand 1922 im Osten von Paris statt und war für Motorräder und Autos ausgeschrieben. Die Motorradwertung gewann damals der französischen Fahrer Tony Zind auf einer Motosachoche. 100 Jahre später gab es auch die Möglichkeit auf den Sieg eines französischen Piloten, Sylvain Guintoli ( SERT Suzuki), Randy de Puniet ( SRC Kawasaki) und Jeremy Gurrnoni ( BMW ) waren dafür die heißesten Kanditaten. Doch für alle 3 Piloten erfüllte sich der Traum vom Sieg beim Jubiläumsrennen nicht. Die SERT-Suzuki musste bereits in Rennstunde 2 auf Grund eines Motorschadens die Segel streichen, das gleiche Schicksal ereilte auch das BMW Team, ebenfalls zum Ende der 2. Rennstunde. Die Yamaha R1 von Fritz,Canepa und Hanika hielt auch nicht allzu lange durch, in Rennstunde 4 kam auch für die YART-Truppe das Aus mit Motorschaden. Einzig die SRC Kawasaki hielt die 24 Stundenhatz bis zu Ende durch, doch zum Platz ganz oben auf dem Siegerpodest reichte es diesmal auf Grund mehrere längerer Reparaturpausen an der ZX-10R  nicht. Völlig überraschend holte sich das Team Viltais Racing Igol mit einer Yamaka R1 und den Piloten Florian Alt, Erwan Nigon und Steven Odendaal die goldene Schale womit dann doch noch ein französischer Fahrer zum Jubiläum gewinnen konnte - Erwan Nigon wurde in Riom, 20 Kilometer nördlich von Clermont-Ferrand, am 27.09.1983 geboren. Der Erfolg vom Team Viltais Racing Igol begründete sich neben dem Pech und den technischen Gebrechen der Konkurrenz auch auf den goldenen Grundsatz der Langstrecke - kurze Standzeiten an der Box einhalten und fehlerfrei auf der Strecke bleiben - das genau setzten die Piloten und ihre Boxencrew perfekt um! Auch der zweite Platz war eine Überraschung. Das polnische Wojcik Racing Team, ebenfalls mit einer Yamaha R1 unterwegs, holte sich mit Dan Linfoot, Sheridan Morais und Mathieu Gines Platz 2 vor der SRC Kawasaki. Der 4. Platz von Josh Hook, Mike Di Meglio und Alan Techer auf der F.C.C. Honda reichte dem Team um zum zweitenmal nach 2018 die Langstrecken-Weltmeisterschaft zu gewinnen.

Das Weltmeisterteam in Führung - Hook/Di Meglio/Techer holten sich mit Platz 4 den WM Titel in der EWC.                                      Bild: Gabi Reuschel
  • Das Weltmeisterteam in Führung - Hook/Di Meglio/Techer holten sich mit Platz 4 den WM Titel in der EWC. Bild: Gabi Reuschel
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Was die Faszination der Langstrecke ausmacht konnte man am Beispiel F.C.C Honda und SRC Kawasaki gut festmachen. Beide Teams wurden auf Grund technischer Probleme in den ersten Stunden weit zurückgeworfen, die Honda auf Platz 22, die Kawa auf Platz 28. Dazu Rückstände auf die Spitze von bis zu 10 Runden. Doch durch schnelle Rundenzeiten und wenig Standzeit an der Box arbeiteten sich beide Teams wieder nach vorn, der SRC Kawasaki reichte es noch zu einem Podestplatz, die Punkte für Rang 4 brachten der F.C.C Honda sogar die WM-Krone! 

Text: Hartmut Reuschel
Bilder : Gabi und Hartmut Reuschel

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Autor:

Hartmut Reuschel aus Mannheim

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