Blick in die badische Geschichte
Louis I. von Orléans war Schwiegersohn Sibylla Augustas
Baden. Am 4. August 1703, heute vor 317 Jahren, wurde Louis I. von Orléans geboren. Das Leben des Herzogs ist eng mit Rastatt und der Markgrafschaft Baden-Baden verbunden. Markgräfin Sibylla Augusta schaffte es dank ihrer geschickten Heiratspolitik, ihre Tochter Augusta Maria Johanna mit dem Spross des französischen Königshauses zu verheiraten. Die Ehe der beiden dauerte nur kurz, da Augusta zwei Jahre nach der Hochzeit im Kindbett starb. Eindrucksvolle Staatsporträts der Eheleute im Residenzschloss Rastatt zeugen von der glänzenden Verbindung für das Haus Baden-Baden.
LOUIS I., HERZOG VON ORLÉANS
Am 4. August 1703 wurde Louis I. von Orléans in Versailles geboren. Mütterlicherseits war er der Enkel des Sonnenkönigs Ludwig XIV., sein Vater war der Sohn von Liselotte von der Pfalz und Herzog Philippe I. de Bourbon, dem Bruder des Sonnenkönigs. Der Abt Nicolas-Hubert de Mongault kümmerte sich um seine Erziehung. Als einziger legitimer Sohn trat Louis nach dem Tod seines Vaters Philippe II. 1723 dessen Nachfolge als Herzog von Orléans und Nemours an. Nun drängte die Hochzeitsfrage, um die dynastische Linie zu sichern. Die Wahl fiel auf Augusta Maria Johanna von Baden-Baden, Tochter der Markgräfin Sibylla Augusta und des Markgrafen Ludwig Wilhelm. Verhandlungen mit Russland waren aus religionspolitischen Gründen gescheitert.
HOCHZEIT ALS POLITISCHES GESCHÄFT
Hauptzweck der Ehe waren Erben. Die Dokumente der Verhandlungen belegen sogar, dass Augusta von Baden-Baden auf ein Landhaus abgeschoben werden sollte, wenn männliche Erben ausbleiben würden. Für das Haus Baden-Baden war die Verbindung sehr vorteilhaft. Die Mutter der Braut, Markgräfin Sibylla Augusta, hatte lange darauf hingearbeitet, dass ihre Kinder in eine der mächtigsten Dynastien Europas einheiraten konnten. Einfach war dies nicht. Zum einen war die Markgrafschaft ein kleines, unbedeutendes Territorium; zum anderen war sie nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg weitgehend zerstört. Augusta Maria Johanna sperrte sich allerdings lange dagegen, an den fremden französischen Hof zu gehen. Als sorgfältig erzogene Markgrafentochter beugte sie sich aber schließlich der Staatsräson.
STELLVERTRETERHOCHZEIT IN RASTATT
Die Hochzeit fand am 18. Juni 1724 in der Schlosskirche in Rastatt statt. Der Bräutigam war jedoch gar nicht anwesend: Es handelte sich um eine „Stellvertreterhochzeit“ – zur damaligen Zeit gang und gäbe. Ein Bruder von Augusta Maria Johanna nahm bei der Zeremonie symbolisch die Rolle des Bräutigams ein. Die Feierlichkeiten fanden zogen sich über drei Tage hin. Am 21. Juni brach Augusta von Baden-Baden mit ihrem Gefolge nach Frankreich auf. Die Reise dauerte gut einen Monat. Zum ersten Mal trafen sich Braut und Bräutigam in der Nähe des heutigen Châlons-en-Champagne, im Nordosten Frankreichs. Dort logierten sie im Haus des Fürstbischofs und erhielten dessen Segen. Entgegen ihrer anfänglichen Befürchtungen verstand sich Augusta von Baden-Baden gut mit ihrem Mann und der Schwiegermutter, nur der ewige Hoftratsch langweilte sie – so liest man in Quellen der Zeit. Schon im nächsten Jahr, am 12. Mai 1725, kam der erwünschte Sohn zur Welt. Am 8. August 1726, nach nur zwei Jahren Ehe, starb Augusta von Baden-Baden drei Tage nach der Geburt ihres zweiten Kindes, einer Tochter, an Kindbettfieber.
DIE GEMÄLDE IM RESIDENZSCHLOSS
In den Paraderäumen der Beletage des Residenzschloss Rastatt hängen die Staatsporträts von Herzog Louis I. von Orléans und Augusta Maria Johanna von Baden-Baden . Der Maler Simon Alexis Belle, der vor allem am französischen und am polnischen Hof tätig war, hat die Gemälde anfertigt. Vermutlich handelte es sich um ein Geschenk an die Markgräfin Sibylla Augusta nach dem frühen Tod ihrer Tochter. Herzog Louis ist als Feldherr dargestellt, was den gängigen Fürstenporträts seiner Zeit entspricht. Gleichzeitig bildet dies aber auch seinen Rang als Oberkommandierender der französischen Infanterie ab. Um den Hals trägt er den Orden des Goldenen Vlieses, ein Abzeichen, das nur wenigen Männern des Hochadels vorbehalten war. Sein Stiefbruder, der spanische König, hatte ihn kurz vor der Hochzeit damit ausgezeichnet. Die Art der Abbildung sollte der Schwiegermutter zeigen, welche glanzvolle Partie ihre Tochter eingegangen war. In der Residenz in Rastatt wiederum dienten die repräsentativen Gemälde dazu, den Rang der eigenen Familie gegenüber Besuchern hervorzuheben, da man schließlich durch die Heirat unmittelbar mit dem französischen Königshaus verbunden war.
RÜCKZUG AUS DEM POLITISCHEN LEBEN
Louis I. war nie sonderlich an Politik interessiert, dafür sehr fromm und wohltätig. 1730 verließ er inmitten von politischen Intrigen am Königshof seine Stellung als Oberkommandierender der Infanterie. Danach zog er sich ins Kloster zurück und beschäftigte sich vor allem mit der Übersetzung von Bibeltexten, etwa der Psalmen oder der Paulusbriefe. Da er auch kein Interesse an Kunst, Münzen oder Büchern hatte, löste er die Sammlungen seines Vaters und seiner Großeltern auf und verkaufte den Großteil. Am 4. Februar 1752 starb Louis I., noch nicht einmal 50 Jahre alt, in der Abtei Sainte-Geneviève in Paris.
Infos: WWW.SCHLOSS-RASTATT.DE, WWW.SCHLOESSER-UND-GAERTEN.DE
Autor:Jo Wagner |
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