BriMel unterwegs
Geballte Ladung Krimis beim Autoren-Quartett
Mannheim. Anlässlich des „Krimitags des Syndikats“ am 8. Dezember hatte das Polizeipräsidium in Mannheim für einen Krimiabend seine Türen geöffnet. Verbunden war dies mit einer Benefizlesung von regionalen Krimiautoren und auch noch für einen guten Zweck, nämlich den „Weißen Ring e.V.“. Die Lesung, für die man Karten in der ältesten Buchhandlung Mannheims „Bücher Bender“ reservieren konnte, war restlos ausverkauft. Am Eingang wurde man grüppchenweise empfangen und in die richtige Richtung geleitet. Das Polizeipräsidium ist so groß, dass man sich da schon mal verlaufen kann. Vor dem Lesungs-Raum gab es Brezel und Getränke, die von Mitarbeitern des „Weißen Rings“ und des Polizeipräsidiums verteilt wurden. Der Leiter der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, Patrick Knapp, empfing die ankommenden Gäste und erklärte die Örtlichkeiten. Außerdem verteilte er auf Wunsch „Erkennungskärtchen“ in Form von Lesezeichen. Auf diesen konnte man seinen ganz individuellen Daumenabdruck hinterlassen. Außerdem war ein Stand mit „Blüten“ und gefälschten Ausweisen bereitgestellt worden, an dem man sich informieren konnte, woran man die Echtheit erkennt.
Erkennungsdienstliche Portraits „Fahndungsfotos“ wurden auch auf Wunsch von Barbara Mayer erstellt. Ich habe alles mitgenommen. Wann kommt man sonst schon zu dieser Gelegenheit, wenn man nichts ausgefressen hat?! Hier stand der Spaß an erster Stelle und die Stimmung war locker bis beschwingt. „Bücher Bender“ hatte ebenfalls einen Stand aufgebaut mit Büchern der Protagonisten.
Musikalisch eingestimmt wurde man an diesem Abend von dem Ferrara Duo, mit Fagott und Gitarre „bewaffnet“. Das Duo kommt aus Mannheim und besteht aus Annina Holland-Moritz und Stefan Conradi; sie hatten noch einen anderen Termin und waren nur zu Beginn anwesend.
Das Syndikat ist ein Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur. An vielen Orten finden an diesem Tag Lesungen für gute Zwecke statt, in Mannheim traditionell im Polizeipräsidium in L6. Schirmherr der Veranstaltung war Polizeipräsident Siegfried Kollmar. Die Weinheimer Autorin Ingrid Noll und Marlene Bach aus Heidelberg lasen ebenfalls. Alle engagieren sich für die Opferhilfsorganisation „Weißer Ring e.V.“ und verzichteten an diesem besonderen Abend auf ihr Honorar. „Vor Gericht stehen meist die Täter im Vordergrund, die nach Verbüßung ihrer Strafe wieder freikommen. Die Opfer hingegen und ihre Familien leiden lebenslang“ sagte Claudia Schmid über die Bedeutung der Benefiz-Veranstaltung.
Nachdem auch der LKA-Präsident aus Stuttgart durch den Bahnstreik mit dem Auto herfahren musste, warteten alle auf sein Eintreffen. Strahlemann Andreas Stenger begrüßte das Publikum und stellte die drei Autorinnen und den Autor vor. Marlene Bach kommt aus dem „Hexenland“ und lebt seit 1997 in Heidelberg, wo sie seit 2006 als Schriftstellerin tätig ist. Mit ihren Kurzgeschichten gewann sie sogar den Walter-Kempowski-Literaturpreis. Den Titel Ehrenhauptkommissarin bekam die „Lady of crime“ und Ehrenbürgerin der Stadt Weinheim Ingrid Noll verliehen. Sie habe die Frauenquote der Ehrenbürger in die Höhe gepuscht und ihre Bücher wurden in 27 Sprachen übersetzt und verfilmt. Sie entgegnete schlagfertig „Ich habe doch nichts weiter gemacht als gemordet“. Die Miss Marple aus Deutschland ist bereits 88 Jahre alt, die man ihr bei weitem nicht ansieht. Andreas Stenger bedankte sich bei seiner LKA-Mitarbeiterin Juliette Gaedicke und bei dem Technischen Manager Tim Remark (SAP), der sich ehrenamtlich nützlich machte und normalerweise mit Kabarettist Torsten Sträter auf Tour ist. Die Organisation „Weißer Ring“ hätte eigentlich eine Goldmedaille verdient, aber Stenger wollte heute die Krimiautoren mit einer Silbermedaille beschenken.
Claudia Schmid waltete ihres Amtes als Ehren-Kriminalkommissarin und begrüßte ebenfalls und freute sich über den Ehrengast aus dem LKA mit Familie. 27 Veranstaltungen gibt es in diesem Jahr zum Krimitag von Mitgliedern des Syndikats für gute Zwecke. In den Spendendosen, die bereit stehen, möchte man es nicht klimpern sondern rascheln hören. Sie erinnerte an den in 2021 verstorbenen Schriftsteller Walter Landin, für den heute Marlene Bach als die „Neue“ dazugekommen sei. Diese wolle nach der Pause mit Quotenmann Harald Schneider lesen.
Claudia Schmid „verhörte“ dann die Grand Dame Ingrid Noll und wollte wissen, wann der nächste Roman erscheine. „Im März 2024 mit dem Titel „Gruß aus der Küche“ und ich kann Ihnen versichern, dass es sich hierbei nicht um ein Kochbuch handelt“. Das Publikum musste lauthals lachen. Die nächste Frage war, wie sie die Berufe immer recherchiere, wie zum Beispiel „Die Apothekerin“. Sie wisse genau über welche Menschen sie schreiben möchte, das seien eher Psychogramme. Nach dem Verhör las sie flüssig und akzentuiert aus „Tea time“, das in Weinheim von einem „Club der Spinnerinnen“ handelt. Sie las so lebhaft, dass ich den Wunsch verspürte, ihr noch länger zuzuhören. Sie endete ihren Part mit den Worten „Eines kann ich Ihnen versprechen: Tot ist er noch lange nicht!“
Nun fragte Ingrid Noll Claudia Schmid, wie oft sie eigentlich auf der „BUGA“ war, denn ihr letzter Krimi heißt „Blumenfieber“ und handelt von der BUGA. Claudia musste schätzungsweise 25 Mal angeben. Noll: „Was bleibt Dir von der Criminale in Darmstadt in Erinnerung?“ Es sei toll gewesen, denn sie habe viele Kolleginnen und Kollegen getroffen. Es sei ihre 7. Lesung im Polizeipräsidium, da es ja eine Coronapause gab. Noll: „Wann kommt ein neues Buch von Dir heraus?“ Es ist ein Kochbuch und mittlerweile das 12. Buch. Auch Andreas Stenger habe sich in dem Buch mit einem Rezept verewigt, das auf seine Kochkünste schließen würde. Ihr nächstes Buch wird aber wieder ein Krimi.
Claudia Schmid las aus „Blumenfieber“ die Passage, wo der Sohn der Hauptfigur Edelgard Julian mit einer Cyberattacke und dem Verschwinden seiner Freundin Frida konfrontiert wird. Gerne hört man Claudia Schmid bei ihrer Lesung zu, da sie sehr lebhaft und routiniert liest (Anmerkung: sie darf auch ab und zu als Schauspielerin in einem Krimi agieren). Der böse Strolch hatte in dem Krimi die Leiche ausgerechnet am Lieblingsplatz des BUGA-Chefs abgelegt, was Claudia Schmid ja beim Schreiben vor der Eröffnung noch nicht wusste. Wundervoll auch, wie sie bei der Mörderrolle in eine andere Sprechweise verfiel. Sie schlüpfte praktisch in die Rolle des Mörders hinein. Danach folgte eine Pause, in der die Bücherecke belagert war und die Autorinnen und der Autor zur Signierung gebeten wurden. Einmal durchlüften, Headsets anlegen und dann saßen auch schon Marlene Bach (Baden-Württemberg) und Harald Schneider (Rheinland-Pfalz) auf der Bühne zwecks eines Verhöres.
Er fragte sie, ob es nicht schwierig sei, über eine Region Krimis zu schreiben, die man kaum kennt und ob es da nicht auch sprachliche Konflikte gab. Marlene Bach erwiderte, dass sie mittlerweile schon wüsste, was Grumbeere und Huschdegutsle seien. Sie schreibe gerne regionale Krimis, da man dann mit der Gegend vertraut würde. Im August 2023 sei ihr „Heidelberger Hexentanz“ erschienen, hier müssen Rätsel gelöst werden, denn sie selbst liebe alles was mit Quiz zusammenhinge. Sie hat bereits 8 Bände mit Mila Böckle und Maria Mooser als Dreamteam geschrieben. Die Frage, ob sie Haare auf den Zähnen habe, beantwortete sie mit JA, sie sei zupackend. Danach las sie zwei Szenen aus dem Buch, nämlich das Rätsel und im zweiten lerne man Frau Mooser kennen. Sie sprach in der ICH-Version. Es ging um eine schicksalhafte Begegnung in der Altstadt von Heidelberg am Hexenturm.
In dem Interview wurde Harald Schneider gefragt, ob er als Hauptberuf Schriftsteller sei. Ja und er gibt Leseförderung an Schulen und beteiligt sich an diversen Projekten. Er habe zum Beispiel mit dem Cartoonisten Steffen Boiselle ein Programm entwickelt und mit ihm aufgeführt. Es ging um den sogenannten Enkeltrick & Co., um den Gaunern langfristig ans Bein zu treten. Langeweile käme praktisch nicht auf. Er hat 23 Bände bisher herausgebracht und es kämen jährlich noch welche hinzu. So empörte er sich, dass er als unbescholtener Bürger nachts auf der Rheinbrücke ungefragt fotografiert worden wäre. Alles musste lachen. Er lebe im Palzki-Versum und zwei Drittel der Leute darunter gäbe es wirklich, aber literarisch seien sie unsterblich. Zum Schluss gab Harald Schneider noch eine Performance zu seinem Buch „Rheingewinn“ im Stehen (sein Kopf stieß fast an die Decke). Hier ging es um den Notfallarzt Dr. Metzger, der ein Unfallopfer bergen sollte. Frau Ackermann sei in jedem Band dabei und jeder hier im Raum kennt wohl eine Frau Ackermann. Er sprach schon schnell, aber plötzlich kannte er kein Halten mehr und die Worte überschlugen sich im Yachthafen von Worms. Dieter Thomas Heck hätte einpacken können. Es kam zu einem Mord dort. Er las eine Passage mit Palzki und Becker, die Action versprach. Die Yacht hieß komischerweise „Geldanlage“, eigentlich hätte sie „Schwarzgeldanlage“ heißen sollen. Wieder etliche Lacher. Selbst wenn er sich verlesen hatte, glänzte er mit Selbstironie. Zum Abschluss meinte er „Mit dieser Veranstaltung haben wir Ihnen einen depressiv machenden Fernsehabend versüßt!“ Wie Recht hatte er! (mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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