„Hinsehen“ wo Armut stattfindet
25. Mannheimer Vesperkirche gestartet
Mannheim. „Es ist gut, dass es jetzt los geht!“ Mit diesen Worten begrüßte Dekan Ralph Hartmann die Anwesenden der 25. Mannheimer Vesperkirche. Neben einer „flirrenden Geschäftigkeit“ die aufgrund der Corona-Maßnahmen und Hygienerichtlinien spürbar sei, betonte er die Wichtigkeit erneut für Hunderte Menschen da zu sein, Hoffnung zu schenken, in „konsequenter Parteilichkeit“.
Die Vesperkirche wird ab sofort wieder für vier Wochen bis einschließlich 6. Februar jeden Menschen willkommen heißen und Essen ausgeben. Erfüllt der Gast die 2-G-Plus-Regel – Testmöglichkeiten gibt es vor Ort – darf im Kirchenraum ein warmes Mittagessen gegessen werden. Anderenfalls erhält man ein To-Go-Paket. Medizinische Versorgung oder diakonische Beratung wird es vor Ort ebenfalls geben. Am Eröffnungstag wurden insgesamt 305 Essen ausgegeben, 84 Menschen aßen in der Kirche zu Mittag, 221 nutzten das To-Go-Paket. Im letzten Jahr sind am Eröffnungstag 200 Essen ausgeben worden – bei weitem weniger als in den letzten Jahren, wo beinahe 500 Essen pro Tag üblich waren. Dass die Eröffnung gemeinsam mit einem Ehrengast und Vertreter der Stadt, Oberbürgermeister Peter Kurz, stattfinden könne, sieht Dekan Hartmann als ein „Ausdruck für Solidarität und Wertschätzung“ gegenüber der Vesperkirche.
Armut und Ökologie gleichzeitig debattieren
Dekan Ralph Hartmann und Oberbürgermeister sprachen in einer Dialogpredigt gemeinsam über die soziale Frage und das Thema Armut. „Wohlstand kommt nicht überall an“, betont Hartmann, wer vermögend ist, Aktien hat, Eigentum, der könne so etwas wie die gegenwärtige Inflation kompensieren. Armut müsse deshalb mehr Aufmerksamkeit zukommen. Oberbürgermeister Peter Kurz betonte, es sei vielmehr eine Herausforderung sozialen Ausgleich vor dem Hintergrund ökologischer Anforderungen herzustellen. „Ungleichheit, Armut und Umweltverschmutzung durch billig produzierte Ware sind Themen, über die wir gleichzeitig sprechen müssen“, so Peter Kurz. Ökologische Verantwortung sei einem armen Menschen mit geringem Einkommen nicht immer möglich. Gleichzeitig müsse die Debatte zu Themen wie Armut und Ökologie geführt und in Zusammenhang gebracht werden. Die Welt sei im Wandel, so Peter Kurz, die uns Menschen zwinge, auch Bedrohungen, wie diese der Pandemie, anzugehen, aber auch den Wandel anzunehmen. „Durch aktives Tun und Vertrauen, das sich der Spaltung, die wir in der Gesellschaft in den heutigen Tagen erleben, entgegensetzt.“ Die Vesperkirche sehe er deshalb als ein deutliches und wichtiges Signal an unsere Gesellschaft.
„Hoffnungsstur“, so zitiert Dekan Hartmann Heike Springhart, die neue Bischöfin der Evangelischen Landeskirche – das treffe auch für die Vesperkirche zu. „Trotzig an Hoffnung und Vertrauen, die die Menschen an Institutionen haben dürfen.“Hannelore S. ist froh, dass die Vesperkirche trotz Corona geöffnet ist. Die 80-Jährige kommt seit Jahren schon in die Citykirche. Unterm Jahr nimmt sie auch gerne das Angebot der „kleinen Schwester“ , im DiakoniePunkt Konkordien, wahr. Da ihre Rente sehr klein ausfällt – sie erhält nur 800 Euro Rente jeden Monat – bleibt nach Abzügen für Lebenserhaltungskosten nur wenig. Hier in der Vesperkirche ist sie nicht allein, kommt ins Gespräch mit anderen. Zum Auftakt stand auf dem Speiseplan „Rindfleisch mit Meerrettichsoße, Kartoffeln und Rote Beete“.
Die 25. Mannheimer Vesperkirche findet bis 6. Februar 2022 in der Citykirche Konkordien statt. Die durch Spenden finanzierte Vesperkirche wird getragen von der Evangelischen Kirche in Mannheim und ihrem Diakonischen Werk. jela
Infos: www.vesperkirche-mannheim.de
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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