Ehrenamt auf vier Pfoten – Ayla, Chella und Co. bringen Freude ins Leben
Mannheim. Wir stellen Euch echte "Helden des Alltags" vor. Heute sind es Helfer auf vier Pfoten - die Hunde der Besuchs- und Begleithundgruppe in Mannheim.
von Jessica Bader
Wenn Ayla und Chella den Raum betreten, strahlen die Augen derer, die sie besuchen. Die beiden Golden-Retriever-Hündinnen und ihre „Kollegen“ auf vier Pfoten sind Mitglieder des Malteser Besuchs- und Begleitungsdiensts mit Hund. Was genau das bedeutet und wie so ein Besuch aussieht, erklärt Sylvia Bauer, Leiterin der Besuchs- und Begleithundegruppe in Mannheim.
???: Wie ist die Idee eines Hunde-Besuchsdienstes entstanden?
Sylvia Bauer: Der Besuchsdienst an sich ist in Deutschland vor ungefähr 30 Jahren entstanden. In Mannheim wurde die Besuchshunde-Gruppe vor zehn Jahren von meinem Vorgänger gegründet – ein hundebegeisterter Mensch, der die Idee der Besuche von Hunden bei Menschen in sozialen Einrichtungen toll fand und sich deshalb dafür engagiert hat, dass dieses Konzept auch hier Fuß fasst. Unser Besuchsdienst mit Hund beim Malteser Hilfsdienst Mannheim wird übrigens rein ehrenamtlich geführt.
???: Wie sind Sie dazu gekommen, sich im Bereich des Hunde-Besuchsdienstes zu engagieren?
Bauer: Ich selbst bin schon seit sieben Jahren dabei, davon zwei als Leiterin. Mein Weg hin zum Besuchs- und Begleitdienst mit Hund hat allerdings schon viel früher begonnen. Vor ungefähr 20 Jahren hatte ich durch Zufall von der Idee gelesen, aber noch keinen eigenen Hund. Mir war klar: Ich möchte irgendwann einen Hund und wenn ich einen Hund habe, möchte ich das mit dem Besuchsdienst machen. Vor ungefähr acht Jahren haben meine Familie und ich uns entschieden, dass wir einen Hund als weiteres Familienmitglied haben möchten. Im Prinzip habe ich dann auch gleich geschaut, welche Möglichkeiten es hier gibt, um so etwas, wie ich es damals gelesen habe, auch mit meinem Hund zu machen. Dabei bin ich auf die Gruppe des Malteser Hilfsdienstes in Mannheim gestoßen. Momentan haben wir etwa 25 aktive Mensch-Hund-Teams, acht kommen demnächst noch dazu – momentan sind sie noch in der Ausbildung.
???: Wer wird von Ihnen und den Hunden besucht?
Bauer: Durch die Malteser als Träger ist klar: Soziale Gründe müssen im Vordergrund stehen. Der Besuch der Hunde soll bestimmten Menschengruppen gut tun und keine reine Bespaßung sein. Zunächst hat man mit den Besuchen in Seniorenheimen begonnen und dann gemerkt, dass das Konzept auch für behinderte Menschen egal welchen Alters und für Kinder eine tolle Sache ist. So haben sich verschiedene Besuchsmöglichkeiten entwickelt.
Wir in Mannheim haben anfangs auch überwiegend Senioren besucht. Der Kontakt zu einer Erzieherin im Kindergarten war der Startschuss dafür, dass sich das Konzept auch in andere Richtungen entwickelt hat, nämlich Hundebesuch bei Kindern mit Förderbedarf und Menschen mit Behinderung. In den Kindergärten sind es in der Regel Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder Migrationshintergrund, die in Bezug auf die Sprachentwicklung Förderbedarf haben. Diese Kinder versuchen wir in Kleingruppen spielerisch und in Interaktion mit dem Hund zu fördern und zum Sprechen zu motivieren.
???: Was genau ist das Lesehund-Projekt?
Bauer: Das Lesehund-Projekt ist ist eine ganz neue Form des Besuchsdienstes in Mannheim. Es ging in diesem Sommer an den Start. In unserer Besuchshundegruppe gibt es eine Person dabei, die den beruflichen Hintergrund für ein solches Projekt hat. Da die Lesekompetenz bei Schulkindern in Deutschland kontinuierlich abnimmt, hat sie mich angesprochen und gefragt, ob wir mit unseren Besuchshunden nicht etwas in Richtung Leseförderung machen könnten. Als Diplom-Sprecherzieherin hat sie mit dem Thema Sprache ganz generell zu tun und auch Kontakte - unter anderem zu Bibliotheken. Ich war sofort von der Idee begeistert und so haben wir beide zusammen das Projekt ins Leben gerufen. Mit der Stadtbibliothek Mannheim entstand eine Kooperation, die deren „normale“ Leseförderung ergänzt. Im Rahmen des Mannheimer Unterstützungssystem Schule (MAUS) wurde bereits vor einigen Jahren der Leseclub der Stadtbibliothek gegründet. An verschiedenen Mannheimer Grundschulen besuchen pädagogische Fachkräfte der Stadtbibliothek Kleingruppen von acht bis zwölf Kindern mit Lese-Förderbedarf.
Beim hundgestützten Leseförderprojekt ist während dieser Treffen an zwei Mannheimer Grundschulen seit dem aktuellen Schuljahr regelmäßig wöchentlich jeweils ein Mensch-Hund-Team anwesend. In einer Einzelvorleserunde von circa 15 Minuten lesen die Kinder dann wirklich nur dem Hund vor. Ich bin nur im Hintergrund dabei, um einen Blick auf den Hund und das Kind zu werfen oder um Fragen zu beantworten. Aber ich bin nicht da, um beim Vorlesen korrigierend einzugreifen. Das gehört zum Konzept: Das Kind soll frei, ohne Hemmungen, Korrekturen oder Anmerkungen, dem Hund vorlesen können. Im Setting mit dem Hund können die Kinder Mut schöpfen, Hemmungen abbauen, Freude am Lesen und Selbstvertrauen gewinnen. Unsere ersten Besuche zeigen, dass die Grundschulkinder mit Begeisterung und hoher Motivation teilnehmen.
???: Welches Feedback bekommen Sie von den Menschen, die Sie besuchen?
Bauer: Es bedarf gar nicht vieler Worte – man sieht es den glücklichen Gesichtern der Menschen an, was das Positives bewirkt, wenn sie Kontakt mit dem Hund haben. Bei den Senioren sind es meist schon alleine das Streicheln und die Körperkontakt-Möglichkeit. Es entspannt einfach und das Schöne ist, dass es oft weitere positive Nebeneffekte gibt. Es werden Erinnerungen hervorgerufen oder zum Sprechen animiert. Unsere Hauptintention ist es, Freude zu bringen und die Einsamkeit zu durchbrechen. Auch von den Kindern bekommt man ein glückliches Strahlen geschenkt. Die Freude und aktive Beteiligung an den Stunden, wenn der Hund da ist, sind besonders schön zu erleben. Am Anfang klappt das richtige Verhalten gegenüber dem Hund vielleicht nicht hundertprozentig, aber irgendwann korrigieren sie sich sogar selbst. „Ne, du weißt doch – wir dürfen nicht alle auf einmal den Hund streicheln …“ So lernen sie auch untereinander zu kommunizieren und die Kinder, die zunächst eher schüchtern oder ängstlich sind, tauen auf und gewinnen mehr Selbstvertrauen.
???: Was ist ein besonders schöner Moment, der Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Bauer: Es ist immer dann besonders berührend, wenn Menschen, die scheinbar kaum mehr an ihrer Umwelt teilnehmen, plötzlich Emotionen zeigen und man sieht: Ja, sie sind doch noch da. In einer Behindertenwerkstatt besuchen wir eine junge Frau, die bewegungsunfähig im Rollstuhl sitzt und nicht reden kann, aber wenn der Hund da ist und ihre Hand abschleckt oder man ihre Hand auf den Hund legt, dann geht so ein breites Strahlen über das Gesicht, dass auch die Betreuer den Tränen nah sind. Auch wenn ein älterer Mensch, der sonst immer sehr passiv ist, plötzlich den Hund streichelt oder mit ihm erzählt, ist emotional sehr ergreifend. Bei Menschen mit Autismus haben wir ebenso schon erlebt, dass sie auf einmal mit dem Hund kommunizieren, obwohl sie sonst vielleicht die meiste Zeit eher teilnahmslos wirken.
???: Wie können sich Menschen an dem Projekt Besuchsdienst mit Hund beteiligen?
Bauer: Wir freuen uns jederzeit über Nachwuchs - gerne aus dem Verbreitungsgebiet Mannheim, denn hier haben wir besonders viele Einrichtungen, die auf den Besuch unserer Hunde warten. Es gibt ein paar Punkte, die Hundehalter zunächst für sich klären sollten. Zum Beispiel, ob der eigene Hund freundlich, geduldig und kontaktfreudig ist, insbesondere gegenüber fremden Menschen und ob man selbst die Bereitschaft und Zeit hat, um regelmäßig wochentags Besuche zu machen und mit dem Hund zu trainieren. Die Besuchshunde-Ausbildung erstreckt sich über mehrere Monate und beinhaltet eine Kombination aus Hundetraining, Seminaren und Praxisausbildung (begleitete Besuche in sozialen Einrichtungen). Interessierte können sich gerne direkt mit uns in Verbindung setzen. Im persönlichen Gespräch klären wir dann, was möglich ist. Im Laufe des nächsten Jahres wird wieder eine Ausbildung beginnen.
Weitere Informationen:
Spenden sind jederzeit willkommen. Sie werden dringend zur Finanzierung der entstehenden Fremdkosten im Rahmen der Ausbildung benötigt (z.B. Seminare und Hundetrainer). Hierbei ist der Verwendungszweck besonders wichtig, damit die Spenden auch den Weg zum Malteser Hilfsdienst Mannheim finden.
Spendenkonto:
Empfänger: Malteser Hilfsdienst e. V. Mannheim
IBAN: DE40 3702 0500 0001 7070 00
BIC: BFSWDE33XXX
Verwendungszweck: Spende Besuchshunde Mannheim
Weitere Informationen zum Besuchs- und Begleitdienst mit Hund des Malteser Hilfsdiensts gibt es unter www.malteser-bw.de/unsere-standorte/mannheim/bbdmh, bei Facebook oder bei der Leiterin des Besuchsdienstes mit Hund in Mannheim, Sylvia Bauer (E-Mail-Adresse: sylvia.bauer@malteser.org).
Autor:Jessica Bader aus Mannheim |
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