Saisonbilanz des Nationaltheaters Mannheim
Erfolgreiche Spielzeit 2018/19
Mannheim. Mit einer Vielzahl an künstlerischen Erfolgen und einer insgesamt sehr positiven Bilanz geht am Nationaltheater Mannheim die Spielzeit 2018/19 zu Ende, in der 42 Premieren und 34 Wiederaufnahmen gefeiert wurden. Nach einer Auswertung mit dem Stand vom 22. Juli lag die Gesamtauslastung bei 75 Prozent und damit nochmals höher als 2017/18 mit 74 Prozent, als bereits eine deutliche Steigerung um vier Prozent im Vergleich zur Saison 2016/17 zu verzeichnen war. Die Besucherzahl lag in insgesamt 1162 Vorstellungen bei 342.000.
Zu den künstlerischen Höhepunkten der Oper waren die mit klugem Humor erzählte Neuinszenierung der »Meistersinger von Nürnberg« in Regie und Ausstattung von Nigel Lowery zu rechnen, die von Calixto Bieito szenisch umgesetzte »Marienvesper« unter der musikalischen Leitung von Jörg Halubek (»... echte Monteverdi-Stimmen, die im Gesang den Affekt und die Geste ... zum klingenden Bild werden lassen«, FAZ) sowie Roger Vontobels »Il trovatore / Der Troubadour«, der als »Sängerfest höchster Güte« aufgenommen und vom Mannheimer Morgen als »in allen Belangen überzeugend« befunden wurde. In der raffinierten Regie von Markus Bothe avancierte Offenbachs Pariser Operette »Orpheus in der Unterwelt« zum Publikumsliebling – ein Frankreich-Schwerpunkt, der sich in zwei Debussy-Produktionen fortsetzte: Anna Viebrocks Musiktheaterinstallation »House of Usher« sowie Barrie Koskys Kammerspiel »Pelléas et Mélisande« (»ganz große Bühnenkunst«, Stuttgarter Zeitung). Unter den Repertoire-Stücken hervorzuheben sind besonders die Familienoper »Aschenputtel« sowie Verdis »Rigoletto«, »Don Carlo« und Strauss’ »Salome«, die das hohe künstlerische und musikalische Niveau des Hauses eindrucksvoll belegten. Die Oper zählte in der Saison 2018/19 bei 257 Vorstellungen 168.736 Besucher; in der vorhergehenden Spielzeit, in der die Sparte allerdings turnusgemäß zusätzlich das Festival Mannheimer Sommer ausrichtete, waren es 187.734 Besucher.
Großen Erfolg bei Publikum und Presse feierte auch die Koproduktion »Sanssouci« über Person und Wirken Friedrichs II., als »atemberaubend« beschrieb SWR2 unter anderem die »Ensembleleistung des Mannheimer Balletts«, als »unfassbar schön« empfand der Mannheimer Morgen unter anderem die Gesangsleistungen. Im Hinblick auf die Besucherzahlen ist zu berücksichtigen, dass sie jeweils zur Hälfte den beiden beteiligten Sparten Tanz und Oper zugerechnet werden.
Die Sparte Tanz verzeichnete in 69 Vorstellungen 29.082 Besucher, in der Vorjahressaison waren es 29.665. Besonders erfolgreich waren neben der Koproduktion »Sanssouci« auch die beiden Neuproduktionen »Die vier Jahreszeiten/Empty House«, ein bildgewaltiges Doppel, das die Rheinpfalz »auf ganzer Linie überzeugte«, und »Blaubarts Geheimnis«, ein berührender Abend, in dem die Rhein-Neckar-Zeitung mit Tanz-Intendant und Chefchoreograf Stephan Thoss einen »begnadeten Geschichtenerzähler« erkannte.
Das Schauspiel blickt auf eine erfolgreiche erste Spielzeit des neuen Schauspiel-Intendanten Christian Holtzhauer zurück, in der viele neue Ansätze und Theaterformen erprobt wurden, die Inszenierungen eine große inhaltliche und ästhetische Bandbreite aufwiesen und im Vergleich zu den Vorjahren ein deutlicher Publikumszuwachs zu verzeichnen war. Dabei gelang auch eine Ausweitung der Kooperationen, etwa mit der Produktion »Tiefergelegt« im Mannheimer Technoseum, sowie eine stärkere Vernetzung mit der Stadtgesellschaft, nicht zuletzt durch die Projekte und Produktionen des Mannheimer Stadtensembles. Viel gelobt wurde auch das hohe Niveau des äußerst vielfältigen neuen Schauspielerensembles.
Besonderen Zuspruch, nicht zuletzt unter Mannheims türkischstämmigen Mitbürgern, erfuhr »Istanbul« als Theaterstück mit Musik, außerdem Claudia Bauers fesselndes Machtspiel »Maria Stuart« bei den 20. Internationalen Schillertagen, das Deutschlandfunk Kultur als »ebenso außergewöhnlich wie geglückt« beschrieb. Ebenfalls sehr gefragt waren die im brasilianischen Regenwald erzählten »Räuber« in der Inszenierung von Hausregisseur Christian Weise mit ihrem ganz neuen Blick auf den deutschen Klassiker sowie der erste Teil von Elena Ferrantes »Meine geniale Freundin«, die SWR2 als »gelungene Adaption« bewertete, und Heinrich Bölls »Ansichten eines Clowns«, über die nachtkritik.de urteilte: »Selten ist so ein kraftvolles, höchst intelligentes Theater geboten.« Außerdem fanden die Studio-Produktionen von Hermann Hesses »Der Steppenwolf«, Enis Macis »Mitwisser« (»eine überaus geglückte, eindrucksvolle Inszenierung«, Mannheimer Morgen), die Rap-Oper »Der Fluch der Tantaliden« sowie »Tram 83« (»… wie Jazz in einer heißen Nacht… das hat eine enorme Wucht«, Süddeutsche Zeitung) sehr großen Anklang. Lukas Bärfuss, dessen Stück »Der Elefantengeist« als Uraufführung unter großer überregionaler Beachtung die neue Intendanz eröffnete, wurde kürzlich mit dem Georg-Büchner-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung geehrt. Die Besucherzahl lag in insgesamt 513 Vorstellungen bei 117.687; in der vorhergehenden Saison, in der jedoch turnusgemäß keine Schillertage stattfanden, waren es 96.112 Besucher. Auch die 20. Internationalen Schillertage 2019, die erstmals von Christian Holtzhauer künstlerisch geleitet wurden, fanden mit mehr als 25.000 Besuchern und rund 90 Prozent Platzauslastung große überregionale Resonanz.
Eine äußerst erfolgreiche Koproduktion von Schauspiel und Jungem NTM war außerdem das musikalische Familienstück »1001 Nacht oder die Macht des Erzählens« des Theaterkollektivs subbotnik mit einer gemeinsamen Besucherzahl von rund 10.000.
Das Junge NTM erreichte mit 300 Vorstellungen eine Besucherzahl von 20.914 (ohne »1001 Nacht«) und damit nicht ganz die Vorjahreszahl von 21.891, was seinen Grund auch in der verschobenen Premiere von »[ˈʃprɛçn̩ ]« hat. Beliebte Neuproduktionen waren etwa »Terz & Tönchen«, wonach der Mannheimer Morgen das Theater »glänzend gestimmt« verließ, sowie »Easy Baby«, was die Rheinpfalz wegen vieler Qualitäten sehr schätzte: »…lustig frech und sentimental traurig, extravagant und alltäglich… ›Easy Baby‹ kann das [alles zugleich].« Einen besonderen Erfolg unter den Wiederaufnahmen feierte die Inszenierung »Pinocchio«, die im Mai 2019 zu den Ruhrfestspielen Recklinghausen eingeladen war. Weiterhin waren die Produktionen »Die Welt ist rund«, »My funny Valentine«, »Faust – Der Tragödie erster Teil« und »Romeo und Julia – The next generation« sehr beliebt. Mit der Ausrichtung von »Play_work in progress« setzte das Junge NTM die Tradition des Schultheaterfestivals fort. Großen Anklang beim Publikum fanden auch das Konferenzformat »JOIN: Junger Diskurs« sowie die Inszenierung »MonsterzottelMonsterburger«, die aus dem Projekt »JOIN: Spielplan« entstanden ist.
Zu den Besonderheiten der Saison 2018/19 zählt außerdem die begeistert aufgenommene CD-Veröffentlichung der Erfolgsproduktion von Björks Album »Vespertine« in Kooperation mit OehmsClassics, die durch den Geschäftsführenden Intendanten Marc Stefan Sickel initiiert wurde und sich in künftigen CD-Veröffentlichungen fortsetzen wird. Im Juli wurde »Vespertine« auf die Longlist des Preises der Deutschen Schallplattenkritik gesetzt, die Erstauflage war im Juli bereits verkauft. Außerdem gelang es dem Nationaltheater, die Ausstellung »Große Oper – Viel Theater?« des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt ans Nationaltheater zu holen und in Vorbereitung der Generalsanierung des NTM mit einem eigenen Ausstellungsteil zu zeigen.
Ebenfalls im Hinblick auf die anstehende Generalsanierung und die Interimszeit des Nationaltheaters gelang es, bereits für die Spielzeit 2019/20 ein Kombiticket mit den Verkehrsunternehmen VRN und RNV zu vereinbaren und damit einen noch besseren Service anzubieten. Der Theaterkartenpreis steigt zweckgebunden hierfür um je einen Euro und umfasst Hin- und Rückfahrt mit VRN und RNV.
Ausblick
Die Spielzeit 2019/20 beginnt am Samstag, 14. September mit dem Theaterfest ab 15 Uhr. Die Jubiläumsspielzeit zum 40. Geburtstag des Jungen NTM wird mit dem Festwochenende vom 27. bis 29. September und dem vorangestellten Projekt »HAPPYLAND« ab 10. September eingeläutet.
Die Theaterkasse ist während der Sommerpause vom 12. bis 24. August sowie am 9. September geschlossen, ansonsten ist sie durchgängig geöffnet (montags bis samstags, 11 bis 18 Uhr, telefonisch: montags bis freitags, 10 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 13 Uhr).
Autor:Laura Seezer aus Mannheim |
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