Vesperkirche ist ein Stück Demokratie - 27. Mannheimer Vesperkirche endet mit über 17.400 Besuchern
Mannheim. "Es wäre ein Erfolg, wenn es Vesperkirche nicht geben müsste. Ein Misserfolg sei es deshalb, " muss Pfarrerin Ilka Sobottke feststellen, "weil so viele Menschen in die Vesperkirche gehen müssen".
Über 17.400 Essen sind in vier Wochen Vesperkirche rausgegeben worden. „Die Kirche war noch nie so voll“, sagt Ilka Sobottke. Das läge zwar auch daran, weil es das To-Go-Angebot nicht mehr gäbe; die hohe Zahl sei aber auch ein Anzeichen dafür, dass Menschen „konsumfreie“ Orte regelrecht aufsuchen und brauchen, weil sie allein sind, obdachlos, psychisch krank oder mit ihrer kleinen Rente nicht klarkäme, erzählen die Verantwortlichen bei der Abschlusspressekonferenz.
„Die Gäste, die hierher kommen sind ein Querschnitt unserer Gesellschaft“. Erfreulich sei am sozialpolitischen Großprojekt, bei dem über 600 Ehrenamtlichen mithelfen, dass es ein „Stück Demokratie“ sei, freut sich Ilka Sobottke trotz aller Not. „Hier kommen Menschen aus den unterschiedlichsten Wirklichkeiten zusammen ins Gespräch, junge Ehrenamtliche treffen dabei während ihrer Arbeit auf arme Menschen - am Ende des Tages beurteilen auch sie ihren Lebensstandard neu.“
Beendet wurde die Vesperkirche im Rahmen eines feierlichen Abschluss-Gottesdienstes mit Dekan Ralph Hartmann und dem Vesperkirchenchor unter dem Titel „Nicht vom Brot allein“.
Diakonie-Sozialberatung kommt an: „Es fehlt an Wohnraum – ein Defizit an dem Gesellschaft arbeiten muss“
Von der Antragstellung zur Grundsicherung bis zur Kontaktherstellung von Konsulaten wegen fehlenden Papieren, der Beschaffung von Ersatzdokumenten oder einer Arbeits- und Wohnungsvermittlung, sei im Rahmen der diakonischen Sozialberatung während der Vesperkirche alles dabei gewesen. Im Bürokratie-Dschungel fänden sich einfach viele nicht zurecht, sagt Martin Metzger, stellv. Diakonie-Direktor. Wöchentlich bot die Diakonie an fünf Tagen den Menschen konkrete Hilfe an.
Dabei sind Martin Metzger drei Themen augenscheinlich geworden: „Wohnen“, „versteckte Armut im Alter“ und „fehlende Teilhabe an Digitalisierung“. Vorrangig stelle dabei das Thema „Wohnen“ bei geringem Einkommen eines der anfänglichen Probleme dar. „Oft leben die Menschen in Untermietverhältnissen, in Räumlichkeiten, wo die Nutzung einfach fragwürdig ist“, erzählt Metzger. Schnell erwachsen daraus weitere Probleme. Bei einer kleinen Rente und fehlendem Know-How für eine digitale Antragstellung, stecke man dann endgültig fest. Ein Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort, in der Vesperkirche zu sein. Am Ende konnte man trotz komplexer Problemlagen, Perspektiven schaffen.
Netzwerk an Engagierten ist hoch, engagierte Stadtgesellschaft
Ob Handarbeitskreise, die Unmengen an Socken stricken, oder umtriebige „Bäcker“, die Kuchen in Mengen backen – das helfende Netzwerk ist groß, kreativ und fleißig. „Es war eindrucksvoll wie oft an manchen Tagen während der Vesperkirche kistenweise Dinge vorbeigebracht wurden“, erzählt Ilka Sobottke. Rund 180.000 Euro kostet die Vesperkirche jedes Jahr. Diese Summe brauche man hauptsächlich für das Essen, Vesperbeutel, Getränke, aber auch für Wasser- und Heizkosten.
Sie wird getragen von der Evangelischen Kirche Mannheim und ihrem Diakonischen Werk. Neben einem warmen Mittagessen bietet sie Hilfebedürftigen ein breites Sozialberatungsangebot.
Unterstützung für die ausschließlich durch Spenden finanzierte Aktion ist daher willkommen. Spendenkonto: Evangelische Kirche Mannheim, Sparkasse Rhein Neckar Nord, IBAN: DE44670505050039003007, BIC: MANSDE66XXX, Stichwort: Vesperkirche. hät/red
Weitere Information:
Autor:Kristin Hätterich aus Mannheim |
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