Nachtruhe und andere Ruhezeiten
Wenn der Nachbar zweimal klingelt
Nachtruhe. Wer als Mieter in einer Wohnung wohnt, kennt das: Ein stressiger Arbeitstag liegt hinter einem, man legt sich schlafen und da geht beim Nachbarn die Party los. Ruhestörung oder Lärmbelästigung gehören zu den häufigsten Streitursachen in Deutschland. Hier streiten sich die Nachbarn untereinander - der Vermieter hat zunächst nichts damit zu tun - aber auch Vermieter werden involviert, wenn sich die Mieter nicht einigen. Aber wann herrscht tatsächlich Nachtruhe? Und was gibt es sonst noch an Ruhezeiten? Welchen Lärm muss man als Mieter in seiner Wohnung ertragen? Was ist Lärmbelästigung? Was haben Mieter zu beachten, was dürfen sie in ihrer eigenen Wohnung machen? Was gibt es für Gesetze dazu? Über das Recht der Mieter und Eigentümer von Wohnungen und Häusern auf Ruhe und Ruhezeiten, aber auch auf Party informieren die Experten der Arag-Versicherung.
Lärmbelästigung ist häufige Ursache für Streit
Dass es auch einmal Lärm gibt, ist ganz normal. Gegenseitige Rücksichtnahme sollte normal sein. Aber wenn der Mieter der Nachbarwohnung ständig Lärm verursacht, leidet die Lebensqualität der übrigen Mieter. Deshalb gibt es ein Recht darauf, nicht ständig mit Lärm belästigt zu werden. Doch bevor man mit dem Verweis auf das Gesetz nach Polizei und Ordnungsamt ruft, ist es ratsam, das persönlich Gespräch mit dem Nachbarn zu suchen, der die Ruhe stört. Aber wenn der Nachbar uneinsichtig ist, sich nicht an die Ruhezeiten im Haus hält, hat man die Möglichkeit dagegen zu wehren.
Ruhestörung und Lärmbelästigung
Von Lärmbelästigung oder Ruhestörung ist laut Paragraf 117 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) die Rede, „wenn jemand ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen“, so der Gesetzestext. Neben dieser Vorschrift gibt es weitere bundes- und landesrechtliche Regelungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz und in dem jeweiligen Landes-Immissionsschutzgesetz, die sich mit dem Thema Lärm befassen. Was Lärmbelästigung ist, regelt also das Gesetz. Das gilt für die Lautstärke, aber auch für die Zeiten, in denen Ruhe im Haus zu herrschen hat.
Ein wichtiger Aspekt ist auch das Umfeld, in der das Haus steht. Aber grundsätzlich gilt, dass tagsüber nicht mehr als 40 Dezibel und nachts nicht mehr als 30 Dezibel Lautstärke erlaubt sind. Entscheidend ist dabei nicht der Lärmpegel in der Wohnung des Lärmverursachers, sondern in der Wohnung, in der er als störend empfunden wird. Allerdings hat bereits eine leise Unterhaltung eine Lautstärke von 45 Dezibel. Aber auch die Verursacher des Lärms werden unterschiedlich gewertet. Der Lärm spielender Kinder ist keine Lärmbelästigung - jedenfalls zu üblichen Spielzeiten. Das Gleiche gilt für das Geschrei von Säuglingen. Wenn ein Hund ohne Unterlass in der Wohnung des Nachbarn bellt, gilt das dagegen als Lärmbelästigung.
Ruhestörung ist nicht immer Partykiller
Es gibt aber durchaus Tage, beziehungsweise Nächte, an denen auch nachts nach 22 Uhr gefeiert werden darf - die Ausnahmen bestätigen auch bei der Nachtruhe die Regel, beispielsweise an Silvester: In dieser Nacht wird davon ausgegangen, dass nahezu jeder noch nach 22 Uhr wach ist. Auch wenn Spiele bei der Fußball-WM spät übertragen werden, drückt das Ordnungsamt meist ein Auge zu. Die Partygäste sollten eine halbe Stunde nach Spielende aber gegangen sein oder sich nur noch in Zimmerlautstärke unterhalten und auch sonst nicht laut sein, um Ärger mit dem Nachbarn zu vermeiden. Absolut verlassen kann man sich auf diese Regelungen allerdings nicht. Die Gerichte entscheiden unterschiedlich.
Mittagsruhe meist in der Hausordnung geregelt
Die Mittagsruhe verliert zwar zunehmend an Bedeutung, dennoch hat sie Bestand. Vor allem für ältere Menschen und Familien mit kleinen Kindern sind diese Ruhezeiten auch heute noch von Bedeutung. Allerdings gibt es kaum Rechtsvorschriften, die die Mittagsruhe per Gesetz regeln. In einem Haus mit mehreren Mietern ist die Ruhezeit oft vom Vermieter in der Hausordnung festgelegt. Dort, wo die Mittagsruhe noch von Bedeutung ist, gilt sie in der Regel von 13 bis 15 Uhr. Die in der Hausordnung festgelegten Ruhezeiten können aber auch abweichen.
Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr
Die Nachtruhe beginnt in der Regel um 22 Uhr und endet um 6 Uhr morgens. Steht das Haus in einer Gegend, in der besonders schutzbedürftige Bürger wohnen, ist die Nachtruhe meist strenger geregelt. Das gilt beispielsweise in der Nähe von Seniorenwohnheimen, Krankenhäusern und in Kurgegenden. Im Zweifel weiß das Ordnungsamt der Stadtverwaltung die ortsüblichen Zeiten der Nachtruhe und andere Ruhezeiten. Einen Anspruch auf absolute Stille gibt es allerdings auch während der Nachtruhe nicht.
Sonntagsruhe ist regional unterschiedlich
Die Vorschriften zur Sonntagsruhe gelten für Sonn- und Feiertage für den ganzen Tag. Was zu welchen Zeiten erlaubt ist, wird durch die Kommunen festgelegt. Grundsätzlich sind an Sonn- und Feiertagen keine Tätigkeiten erlaubt, die störend wirken. Und das gilt unabhängig davon, ob die Ursachen des Lärms gewerbliche Arbeit oder privater Natur sind. Verboten sind sämtliche Tätigkeiten über Zimmerlautstärke wie etwa ein Instrument spielen, Staubsaugen, Rasenmähen oder lautes Handwerken. Über die jeweiligen Regelungen geben die Stadtverwaltungen auf ihren Internetseiten genaue Auskunft.
Ruhestörung durch Gartengeräte
Nicht nur, wer in einer Wohnung zur Miete wohnt, wird durch Lärm belästigt. Rasenmäher und andere Arbeitsgeräte sind häufig sehr laut. Anwohner und Nachbarn haben die damit verbundene Ruhestörung hinzunehmen, wenn die üblichen Ruhezeiten eingehalten werden. Ein Nachbar wollte beispielsweise die lauten Geräusche eines Mähroboters, der über Stunden den Rasen mähte, nicht hinnehmen und verklagte den Verursacher. Das Amtsgericht Siegburg urteilte jedoch, dass die Nachbarn den Lärm des Geräts zu ertragen haben (Az.: 118 C 97/13). Bei Laubbläsern ist das Gesetz weniger tolerant, da diese Geräte in der Regel sehr laut sind und eine erhebliche Belästigung darstellen. Deshalb gibt es klare zeitliche Grenzen.
Städte und Gemeinden haben auch die Möglichkeit, eigene abweichende Regelungen zu erlassen, die engere zeitlich Grenzen. Bayerns Landeshauptstadt München beispielsweise, erlaubt die Verwendung von Laubbläsern von montags bis samstags lediglich von 15 bis 17 Uhr. Allerdings haben Kommunen die Möglichkeit, Ausnahmen von dieser Regel zu erteilen.
Mietminderung bei anhaltender Ruhestörung
Wenn der Nachbar trotz Gesprächen nicht bereit ist, die Ruhezeiten einzuhalten und in seiner Wohnung nachts laute Musik hört, hat man die Möglichkeit die Polizei wegen Ruhestörung zu rufen. Es handelt sich immerhin um eine Ordnungswidrigkeit. Und wenn auch das auf Dauer nicht hilft und man in einer Mietwohnung wohnt, ist es ratsam den Vermieter zu informieren. Das Mietrecht lässt nach bestimmten Fristen sogar eine Mietminderung zu - man kann einen Teil der Miete einbehalten.
Der Vermieter seinerseits fordert den Lärmverursacher zunächst auf, die Ruhezeiten einzuhalten. Nutzt das nichts, folgt eine schriftliche Abmahnung des lauten Mieters durch den Vermieter. Schließlich hat der Vermieter die Möglichkeit, die Mietminderungen der anderen Mieter beim Lärmverursacher einzufordern und ihm sogar die Wohnung zu kündigen, im schlimmsten Falle droht dem Mieter sogar eine fristlose Kündigung vom Vermieter.
Mietminderung wegen Baulärm
Sind Handwerker im Haus und in der Wohnung und ist ständiger Baulärm zu hören, ist nach dem herrschenden Mietrecht eine Mietminderung gegenüber dem Vermieter unter Umständen ebenfalls möglich, so das Portal Mieterengel.de. Dies gilt laut einem Urteil der Amtsgerichts Regensburg in Bayern (WuM 1992, 476) auch dann, wenn der Mieter tagsüber oder sogar während der gesamten Bauphase abwesend ist. Umgekehrt spielt es für die Zulässigkeit der Mietminderung keine Rolle, ob der beeinträchtigte Mieter wegen Überempfindlichkeit über das gewöhnliche Maß hinaus am Baulärm leidet. Für die Frage, ob im konkreten Fall eine Mietminderung gegenüber dem Vermieter möglich ist, kommt es außerdem darauf an, ob am Haus des Vermieters selbst oder in der Umgebung gebaut wird. In jedem Falle haben auch die Handwerker die Ruhezeiten einzuhalten.
Mietminderung: Arbeiten im oder am Haus
Wird im oder am Mietshaus selbst gebaut, und der Mieter hierdurch beeinträchtigt, berechtigt ihn dies zur Mietminderung gegenüber dem Vermieter. Bei einer Modernisierung durch den Vermieter kann der Mieter die Miete auch dann mindern, wenn er der Maßnahme zugestimmt hat. Bei der Minderung spielen nicht nur die Intensität und die Häufigkeit des Baulärms eine Rolle, sondern auch alle anderen Beeinträchtigungen, die mit dem Bau einhergehen wie Schmutz, Einrüstung des Hauses und dessen Folgen wie Verdunkelung der Wohnung oder Nutzung des Wohnumfeldes als Lagerplatz für Baumaterialien.
Es empfiehlt sich zur Feststellung der korrekten Minderungshöhe, ein Protokoll über den Baulärm und alle anderen auftretenden Beeinträchtigungen zu führen, die mit der Maßnahme einhergehen. Anhand dieses Protokolls kann ein Rechtsanwalt dann die berechtigte Quote bestimmen.
Eine Minderung der Miete ist ausgeschlossen, wenn die Bauarbeiten bereits beim Einzug begonnen haben, sodass der Mieter weiß, worauf er sich bei Vertragsunterzeichnung einlässt. Zudem kann der Vermieter ausnahmsweise eine Mietminderung für ein bestimmtes Bauprojekt im Mietvertrag ausschließen. Eine solche Klausel im Mietvertrag sollte man auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen lassen. rk/ps
Informationen:
Weitere Informationen gibt es unter www.arag.de
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
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