OB Specht erstmals bei der „Mannheimer Runde“
Mittelständische Unternehmen als Zukunftstreiber
Nicht jammern, sondern anpacken. Diese Einstellung entdeckte Mannheims neuer Oberbürgermeister Christian Specht jetzt bei seinem ersten Zusammentreffen mit der größten Mittelstandsvereinigung der Metropolregion Rhein Neckar bei deren Mitgliedsunternehmen. Als Hauptredner zum „Dialog im Quadrat“ der „Mannheimer Runde“ geladen, würdigte das im vergangenen Juli gewählte Stadtoberhaupt innovative Kraft und Leistungsbereitschaft der mittelständischen Wirtschaft. Beides sei auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft auch dringend notwendig. „Auf uns warten gewaltige Herausforderungen, die wir nur mit Ihrer Hilfe bewältigen werden“, appellierte Specht an die rund 120 Gäste des Diskussionsforums auch weiterhin einen engagierten Beitrag für eine positive Entwicklung von Stadt und Umland zu leisten.
Inspiriert zu diesem Lob hatte den Verwaltungschef der Quadratestadt zuvor die Entstehungsgeschichte der Firma BIENCO, diesmal Gastgeber für den ersten „Dialog im Quadrat“ der Mannheimer Runde im Jahr 2024. Geschäftsführer Orazio Randazzo hatte bei seiner Begrüßung geschildert, wie er als umgeschulter Landschaftsgärtner aus kleinen Anfängen heraus zusammen mit seinem ebenfalls aus Sizilien stammenden Kompagnon Antonio Schiliro und dessen Frau Guiseppa das renommierte Straßenbauunternehmen geformt hat, das seinen Firmensitz gerade in den schmucken Neubau auf der Friesenheimer Insel verlegt hat. Mit den rund 8.000 Pflanzen seiner Rundum-Begrünung, einem kleinen Wasserfall im Inneren und modernster Energiespartechnik setze dieses nicht nur Maßstäbe für nachhaltiges und ökologisch orientiertes Bauen, sondern mache auch sichtbar, was kleinere und mittlere Unternehmen zu leisten imstande sind: „Das ist Mannheim. Nicht lange grübeln, sondern Herausforderungen ideenreich und tatkräftig annehmen“.
Das Mannheim in der Tat diesen Unternehmergeist benötige, belegte der neue Oberbürgermeister bei seinem Antrittsbesuch mit vielen Beispielen. Die Stadt stehe in nächster Zukunft vor gewaltigen Herausforderungen, die zum einen strukturell, zum anderen aber auch durch weltpolitische Ereignisse und technische Entwicklungen bedingt seien. „Wir sind die einzige Stadt in ganz Deutschland, die zu zwei Dritteln aus Landesgrenzen besteht. Eigentlich müssten wir so etwas wie Zonenrandförderung bekommen“, stellte Christian Specht mit einem Augenzwinkern fest. Die Auswirkungen dieses Standortnachteils seien aber durchaus ernsthaft, zumal hier im Verbund mit weniger finanzstarken Nachbarn die Aufgaben eines viel größeren urbanen Raums zu erfüllen habe: „Die Erwartungen an Mannheim sind die einer Millionenstadt. Aber wir haben nur 325.000 Einwohner“.
Diese Diskrepanz werde noch deutlicher, wenn man das Steueraufkommen betrachte. „Wenn ich Ihnen sage, wer hier wirklich zahlt, brauchen Sie noch ein Glas Wein“, frotzelte das Mannheimer Stadtoberhaupt. Und schob aber gleich hinterher: „Sie gehören zum Glück dazu. Ohne Ihren Beitrag könnten wir vieles nicht machen, ihr wirtschaftlicher Erfolg versetzt uns auch in die Lage, die Stadt nachhaltig zu gestalten“. Angesichts des Klimawandels sei dies eine gute Investition, denn dessen Folgen würden noch teurer, wenn man nicht reagiere. Dass der Gewerbesteuersatz der Stadt vergleichsweise hoch sei, wie ein Zuhörer einwarf, räumte Specht durchaus ein, versprach aber Planungssicherheit. „Ihnen hier Steuersenkungen zu avisieren, wäre angesichts der bereits angesprochenen Herausforderung grob fahrlässig. Ich kann Ihnen aber eines garantieren: Mit mir wird es keine Erhöhung der Gewerbesteuer geben“, so Specht.
In diesem Zusammenhang wies der Mannheimer Oberbürgermeister auch darauf hin, dass der urbane Raum zwischen Rhein und Neckar in den letzten Jahrzehnten als Industriestandort an Bedeutung verloren habe. Der Anteil des produzierenden Bereiches sei auf 36 Prozent zurückgegangen. Ihn auf diesem Niveau zu halten, sei angesichts ohne billiges russisches Gas und Atomenergie ebenfalls eine große Herausforderung. Hier allerdings könne die Lage im ehemals tektonisch aktiven Rheingraben zu einem positiven Faktor werden. „Mit der Geothermie haben wir gegenüber Unternehmen mit Abwanderungsgedanken eine Trumpfkarte in der Hand“, wies Specht auf erfolgversprechende Untersuchungen des Untergrunds in der Region hin. Weil man hier zur Nutzung dieser von Wind und Sonne unabhängigen und zudem CO2-freien Energiequelle keine Sprengungen im kristallinen Gestein vornehmen müsse und das Wasser nach Wärmeentnahme hohlraumfrei zurückgeführt werden könne, seien keine Setzungen oder gar Erdbeben zu befürchten.
In der anschließenden Fragerunde ging Specht dann auch noch sehr offen auf das Thema „Antragsstau bei Bauvorhaben“ ein. „Das ist in der Tat eine Katastrophe“, stellte der Verwaltungschef ohne Umschweife fest und begründete diese unbefriedigende Situation in der „Baustelle Bauverwaltung“ mit einem „personellen Aderlass“ in der jüngeren Vergangenheit. In dessen Folge seien nun überwiegend junge Mitarbeiter mit der Bearbeitung der Anträge betraut, denen „manchmal noch der Mut fehlt, schnelle Entscheidungen zu treffen“. Immerhin habe man es mittlerweile durch mehrere Wochenend-Aktionen geschafft, den „Berg von 600 offenen Anträgen bis auf 120 abzuarbeiten“, so Specht. Darüber hinaus werde er weiter gegen schikanöse Bürokratie angehen und „alles tun, dass sich alle Unternehmen in Mannheim wohlfühlen“.
Autor:Erich Rathgeber aus Mannheim |
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