Gedenkfeier der Sudetendeutschen Landsmannschaft im Südwesten
Geschichte hat kein Recht auf Vergessen
Der 4. März 1919 ist ein markantes Datum in der Geschichte der Sudetendeutschen. An diesem Tag demonstrierten in sieben Städten des Sudetenlandes die Sudetendeutschen für ihr Selbstbestimmungsrecht. Mit militärischer Gewalt der tschechischen Armee, fanden die friedlichen Demonstrationen ein Ende und forderten 54 Todesopfer und zahlreiche Verletzte unter der deutschen Bevölkerung.
Zum 100. Jahrestag dieses historischen Ereignisses, gedachten die Sudetendeutschen in einer Feierstunde im Haus der Heimat in Stuttgart den Opfer und erinnerten so auch an das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Nachdem der Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Baden-Württemberg, Klaus Hoffmann aus Bad Herrenalb, in seinen Eingangsworten bereits auf die geschichtlichen Umstände, die zu den Ereignissen des „4. März 1919“ geführt hatten, kurz eingegangen war und die Feierstunde zu einer Demonstration für Frieden und Freiheit erklärte, beleuchtete Redner Rainer Wieland in seiner Ansprache die Ereignisse des 4. März 1919 im europäischen Kontext.
Dabei lobte der CDU-Politiker die große Leistung der Sudetendeutschen Landsmannschaft und der Heimatvertriebenen, die trotz ihrer leidvollen Erfahrungen den Blick von Anfang an nach vorn und weniger in die Vergangenheit gerichtet hätten und so am Aufbau des europäischen Hauses großen Anteil haben. „Ohne die Sudetendeutsche Landsmannschaft, wäre auch die Versöhnung zwischen Tschechien und Deutschland nicht möglich gewesen“, so der Europapolitiker. Dabei machte der Christdemokrat auch deutlich, dass die heutigen Generationen von der Geschichte der Vergangenheit nicht mehr betroffen seien, jedoch das Geschehene nicht in Vergessenheit geraten darf. „Geschichte hat kein Recht auf Vergessen“, so der Europapolitiker, der in diesem Zusammenhang den Besuch von historischen Gedenkstätten empfahl, wo Geschichte besonders emotional und hautnah erlebt und vermittelt werde.
Natürlich ging Wieland in seiner Gedenkrede auch auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein, für das die Sudetendeutschen am 4. März 1919 demonstriert hatten, vertrauend auf das 14-Punkte-Programm des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson vom Januar 1918, wo es unter Punkt 10 heißt, das „den Völkern Österreich-Ungarns, deren Platz unter den Nationen wir geschützt und gesichert zu sehen wünschen, die freieste Gelegenheit zu autonomer Entwicklung zugestanden werden soll“. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker sei selbstverständlich ein wertvolles Grundrecht, doch bleibe es ein zweischneidiges Schwert, so der überzeugte Europäer.
So wird es nach Meinung von Wieland immer einen Grundkonflikt zwischen einer nach innerstaatlicher Rechtsordnung geregelten Entwicklung eines Landes und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker geben und benannte dabei die Entwicklung in Spanien mit Katalonien und in Großbritannien mit Irland, wo infolge des Brexit der „grünen Insel“ wieder unruhige Zeiten wie in der Vergangenheit drohen könnten. Dabei empfahl der Europapolitiker der deutschen Politik, bei internationalen Konflikten in Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker stets beratend in Erscheinung zu treten. Rainer Wieland, der wegen der noch gültigen Benes-Dekrete gegen den Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union stimmte, betonte dabei auch, dass das Recht die Macht habe und nicht die Macht das Recht. Deshalb müsse manche geschichtliche Entwicklung der vergangenen 30 Jahre auch unter dem Blick des Grundkonflikts zwischen den Interessen der betroffenen Staaten und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker gesehen werden.
Jedes Land in Europa habe seinen Platz auf der Landkarte und kein Land ist etwas Besseres als das Andere, doch jedes Land sei etwas Besonderes, so der Europapolitiker Wieland zum Abschluss seiner Gedenkrede, der damit dem aufkeimenden Nationalismus in Europa eine klare Absage erteilte und in einem gesunden Patriotismus die Zukunft der Europäischen Union sieht. (hel)
Autor:Jo Wagner |
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