Interview der Woche
Filmregisseurin Bettina Höchel
Hambach. In den letzten Jahren ist es etwas ruhiger um die Filmschaffende Bettina Höchel geworden. Mit dem Film „Roots to the future - Die Gedanken sind frei“ feiert die unter anderem in Filmproduktionen wie dem Tatort mit Götz George oder eigenen Autorenfilmen in Erscheinung getretene Hambacherin ihr persönliches Comeback. Der Stadtanzeiger sprach im Vorfeld der Kinopremiere (25. Januar im Cineplex) mit der Drehbuchautorin, Filmproduzentin und Regisseurin.
??? Wie entstand die Idee zu Ihrem neuesten Film, welche Motivation steckt dahinter?
Bettina Höchel: Die Idee, zusammen mit meinen amerikanischen Freunden, den Liedermachern Sarah Lee Guthrie und Johnny Irion, Protestlieder auf dem Hambacher Schloss zu singen, verfolgt mich schon lange. Meine Hauptmotivation dabei ist eindeutig politischer Natur. Schon lange habe ich den Eindruck, dass liberale Demokratie heutzutage nicht mehr so geschätzt wird. Dass weder Politiker noch das Volk, sondern die Riesenkonzerne das Heft in der Hand halten. Aus diesen Beobachtungen heraus entstand die Idee zu einem politischen Film mit dem Hambacher Schloss als Symbol der Demokratie.
??? Ihr neuer Film ist ein Brückenschlag zwischen den Freiheitsliedern von 1832 und den amerikanischen Protestsongs der Neuzeit sowie der derzeitigen politischen Situation in Amerika mit Donald Trump als Präsident. Welche Rolle spielt die Trump-Dynastie in den Liedern?
Bettina Höchel: Interessanterweise hatte schon der Großvater von Guthrie Protestlieder gegen die Trumps gesungen. Sehr bekannt geworden ist zum Beispiel das Lied „Old man Trump“. Hinzu kommt, dass die Familie Trump aus Kallstadt/Pfalz stammt. Schnell wurde uns klar: Wir müssen da was machen.
??? Erzählen Sie uns etwas über die Handlung des Films.
Bettina Höchel: Im Rahmen des Filmprojekts singen wir in der Schlossgasse und auf dem Weg zum Schloss Protestlieder. Und damit es nicht nur ein reiner Musikfilm wird, habe ich dazu eine Handlung erfunden. Am Beispiel einer Schülerin wird die Orientierungslosigkeit der Jugend thematisiert. Eine Zwanzigjährige reflektiert ihre Verunsicherung, die sie als 13-Jährige empfunden hatte. Ihr aus der 68-Generation stammende Onkel hatte sie einst auf ein Guthrie-Konzert mitgenommen. Die Lieder gaben ihr Mut und Hoffnung. Im Film stellt sie Sarah und Johnny Fragen, die beide mit ihren Liedern beantworten. Das Ganze findet auf dem Weg von der Schlossstraße zum Schloss statt. Oben angekommen singen alle gemeinsam die heimliche Nationalhymne der Amerikaner „This land is your land“, die unter anderem jüngst von Lady Gaga gesungen wurde. Der Neustadter Musiker Ede Eber-Huber stellt den 68-Onkel dar, der Woody Guthrie-Lieder singt. Erklingen werden außerdem Freiheitslieder von 1832 wie „Michel warum weinest du“, „Der Hecker ist tot“ oder „Die Gedanken sind frei“.
??? Welche Zielrichtung verfolgen Sie mit ihrem Film?
Bettina Höchel: Als Filmschaffende haben wir die Verantwortung aufzuzeigen, wo politischer Machtmissbrauch an der Tagesordnung ist. Die Filmkultur soll nicht nur unterhalten, sondern auch auf Missstände aufmerksam machen. Wir sind der Meinung, dass kritische Filmkultur gefördert werden soll.
??? Womit wir beim Thema „Finanzierung“ wären.
Bettina Höchel: Mit Unterstützung des Offenen Kanals haben wir einen Low-Budget-Film gedreht. Die Kosten dafür wurden zu 80 Prozent von mir und meinem Filmteam finanziert. Schade, dass seitens des Ministeriums kritische Filme offensichtlich nicht mehr auf der Liste der Kulturförderung stehen. Mein Dank gilt den Hambachern, die alle an einem Strang zogen und mich tatkräftig und unentgeltlich unterstützten, darunter zum Beispiel die Hambacher Trachtengruppe und das Theater in der Kurve.
??? Um noch mal zurückzukommen auf den Zusammenhang von Musik und Politik. Welchen Einfluss können Protestlieder auf die öffentliche Meinung ausüben?
Bettina Höchel: Die Guthries haben die Musik ihrer Großväter auf ein modernes Pop-Level gehoben, haben CDs mit richtigem Pop-Sound herausgebracht. Sarah Lee singt traumhaft, ihre Stimme geht direkt ins Herz. Mit den alten Freiheitsliedern kann man die Jugend natürlich nicht mehr erreichen, mit den modernen Protestsongs dagegen eher. Das ist gut so, denn junge Leute hinterfragen vieles nicht mehr - es drängt sich der Verdacht auf, dass Eltern und Lehrer zwar viel wichtiges Wissen vermitteln, die zur Meinungsfindung aber so wichtige Streitkultur nicht mehr fördern. So müssen wir uns nicht darüber wundern, warum unsere heutige Jugend so brav ist. pac
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Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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