Tag 12-14: Transalp Wien - Nizza
Reiche und böse Steine
Eng schmiegt sich der Körper an den Fels, gleitet über glatte Steinplatten, sucht nach festen Griffen im brüchigen Gestein. Unter mir der gähnende Abgrund. Eine kleine Unkonzentriertheit und das Leben ist zu Ende. Wenig später erreiche ich die zwischen den beiden Felsentürme liegende Südschlucht,
schraube mich durch das Felsenlabyrinth langsam nach oben, erfreue mich an den wunderbar griffigen und gut durchgestuften Kalkstrukturen und gelange nach einer weiteren Stunde Genusskletterei auf die Spitze dieses formschönen Bergs. Die Besteigung des Admonter Reichensteins ist nichts für schwache Nerven. Es ist ein Kletterberg ohne jegliche Sicherungen in Gestalt von Drahtseilen, Eisenbügeln, Stahlstiften, Leitern etc. Die Klettersteigausrüstung kann man also getrost an der Hütte zurücklassen, hier ist freies Klettern angesagt. Um 6 Uhr bin ich aufgebrochen, mit mir sind nur die Gämsen unterwegs. Erleichterung nach 5 Stunden im Auf- und Abstieg. Es ist doch immer wieder interessant zu beobachten, wie sehr man am Leben hängt und froh ist, wieder wohlbehalten den Rückweg ins Tal antreten zu dürfen.
Aber schon ruft der nächste Berg. Vom höchsten Berg der Ennstaler Alpen nach Hohentauern in den Rottenmauer Tauern und von dort über eine 6 Kilometer lange geschotterte, durch ein Moorgebiet führende Mautstraße zur Edeltrauhütte. Wunderbar liegt die familienfreundliche, in einem romantischen Alm- und Seengebiet eingebettete Hütte. Und es gibt hier nicht nur gutes Essen und ein fantastisches junges Hüttenteam, sondern auch WLAN und Steckdosen zum Aufladen der Akkus.
Mit der Besteigung des Großen Bösensteins, des höchsten Bergs der Rottenmauer Tauern, und der sechstündigen Genusstour über den Kleinen Bösenstein und den Großen Hengst habe ich meine 2000er-Sammlung um drei weitere Hochgipfel ergänzt. Die Ausblicke vom stets am Grad entlang führenden Kammweg auf die Gumpen und Karseen, das Rundum-Panorama über die Niederen und Hohen Tauern ist grandios - ein Rundweg, der als einer der schönsten Hochtouren meines Lebens in Erinnerung bleiben wird.
Vom Gipfelstürmer zum Weitwanderer: Es ist nicht immer einfach, diese beiden Ansinnen unter einen Hut zu bekommen. Denn schließlich will man ja irgendwann in Nizza ankommen. Am nächsten Tag wage ich ein Experiment und schaue einmal, wie weit mich die Füße tragen. Mal einfach nur Strecke machen. Die 40 Kilometer von Hohentauern nach Oberwölz über St Johann und Obersteiritz mit 14 Kilogramm Gepäck in der glühenden Sonne bewältige ich in 10 Stunden. Am Ende brennen die Füße und ich lande erschöpft aber glücklich im erstbesten Hotel in der kleinsten Stadt Österreichs. Neugierig und freundlich nehmen mich meine netten Gastgeber vom Gasthof Zum Mohren in Empfang und schnell gerate ich beim Essen in ein angeregtes Gespräch mit den einheimischen Gästen.
Lesen, wie es weitergeht:
Tag 9-11 meiner Tour gibt's hier:
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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