Tag 5-8: Transalp Wien - Nizza
Willkommen im Paradies!
Immer enger wird das Tal, hohe Kalkwände bauen sich auf, Riesenzacken bohren sich in den rosa illuminierten Abendhimmel. Ich befinde mich auf dem Weg zur Voisthalhütte, ein steiler und langer Anstieg steht bevor, aber ich bin gut in der Zeit, werde die Hütte noch rechtzeitig zum Abendbrot erreichen.
Als nächstes Ziel lockt der 2277 hohe Hochschwab. Immer höher werden die Berge und erst jetzt habe ich das Gefühl, mitten im Hochgebirge zu sein. Die Rax und die Hohe Veit habe ich hinter mir gelassen und damit die höchsten "Grashügel" der Ostalpen. Erst jetzt wird's richtig hochalpin.
Zurück liegen drei Tage, die es konditionell in sich hatten. Das Problem ist die Wasserversorgung. Im Karstgebirge versickert das Wasser, ohne dass man es zu Gesicht bekommt. Die Etappe von Neudorf zur Hohen Veit entpuppt sich als endlos. Teilweise verliert sich der völlig zugewachsene Weg im Nichts. Verirrungsgefahr! Das Wasser wird knapp, keine Hütte oder Alm in Sicht. Es beginnt heftig zu regnen, der Abend naht. Da, ein leises Gluckern an der steilen Böschung. Wie ein Verdurtsteter in der Wüste wühle ich mich durch's mannshohe Gras und stoße auf eine Quelle. Gerettet, schnell sind vier Flaschen gefüllt und nach wenigen hundert Meter taucht wie aus dem Nichts ein komfortabler Jägersitz auf. Ein idealer Biwakplatz.
Von Alm zu Alm führt der lange Marsch über die Veitsalpe zum Graf Meran Haus am nächsten Tag. In der Hütte werde ich herzlich empfangen. Hüttenwirt Michael und sein Husky bilden eine untrennbare Einheit. Das Essen ist einfach und wurstlastig: Verhackerlbrot, Kreiner, Speckbrot, Fleisch mit Saft, Fleischbrot und Fritattensuppe werden auch die nächsten Tage meine kulinarischen Begleiter sein. Welch ein Kontrast zur Voisthalhütte! Momentan besteht die Tendenz, die alten, wirtschaftlich unrentabel gewordenen Hütten nach ökologischen Gesichtspunkten zu modernisieren - oder ganz abzureißen und durch neue zu ersetzen. In der Voisthalhütte nimmt man die Sache mit dem Klimawandel richtig ernst. Fleisch ist tabu, veganes Essen dominiert, Milchprodukte werden großteils vom Speiseplan verbannt ...
Ein besonders schönes, sehr inspirierendes menschliches Erlebnis hatte ich auf der Turnauer Alm, wo mir zur frühen Morgenstunden die liebe Hüttenwirtin Manuela mein erstes alkoholfreies Hefeweizen servierte. Typisch in den Alpen: Es gibt immer weniger Kühe. Dort, wo früher klassische Almwirtschaft betrieben wurde, hat jetzt der Tourismus Einzug gehalten. Manuela hat hier ein kleines Paradies für Berg- und Naturliebhaber geschaffen. Sanfter Tourismus in seiner schönsten Form mit einem faszinierenden Angebot, das von Jodelkurs bis zu geführten Schneeschuhwanderungen reicht.
Zur herrlichen Panoramawanderung ohne großen Höhenverluste gerät die Etappe von der Voisthalhütte zum Schiestlhaus über den Hochschwab, die Fleischer-Biwakschachtel zur Häuslealm, wo ich gemütlich Quartier beziehe, um am nächsten Tag frisch gestärkt den achtstündigen Marsch nach Eisenerz antreten. Seine besten Jahre hat die einstmals renommierte Eisenhüttenstadt leider längst hinter sich gelassen. Der Verputz bröckelt von den alten, ehemals von Reichtum zeugenden schönen Fassaden. Geschäfte und Gasthäuser sind fast alle geschlossen, die Tourist-Info und einzige Apotheke ebenso. Die Sache nach einer Unterkunft erweist sich als äußerst schwierig. Schließlich lande ich im einzigen geöffneten Hotel, im Eisenerzer Hof.
Lesen, wie es weitergeht:
Tag 1-4 meiner Tour gibt's hier:
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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