Wichtiger Standort für Bildung und Meditation in der Region
100 Jahre "Kleschterle" Neustadt
Ein Jubiläum nach Maß feierte am 1. Februar das Neustadter „Kleschterle“, wie das Herz-Jesu Kloster liebevoll genannt wird. Rund 140 geladene Gäste kamen zum Festakt. „Wir sehen uns gut aufgestellt“, betonte der Rektor, Pater Gerd Hemken. Er zitierte Rainer Kardinal Marx, der sagte, dass ein Kloster „eine Schule Jesu“ sei, „in der man ein Leben lang lernt, was Nachfolge Jesu bedeutet und wie man beim Aufbau des Reiches Gottes behilflich sein kann“. Der Provinzial Pater Heinz Lau ergänzte: „Dass der Herz-Jesu-Orden 2014 den Sitz des Provizials nach Neustadt gelegt hat, ist ein klares Bekenntnis zum hiesigen Standort.“ Von hier aus werde die Arbeit der 42 Herz-Jesu-Priester koordiniert. Pater Lau und der Leiter des Bildungshauses, Christoph Götz, betonten, dass man sich permanent Veränderungen stelle, aber immer ein Ort der Begegnung und Seelsorge bleiben wolle. Andreas Sturm, der Generalvikar des Ordinariats Speyer, gratulierte im Namen von Bischof Karl-Heinz Wiesemann und hob hervor, dass das Haus für das Bistum ein besonderer Ort der Meditation und des „Querdenkens“ sei.
Als Hauptrednerin wurde die aus Neustadt stammende Ministerpräsidentin Malu Dreyer gewonnen. „Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut, denn mein Vater war hier Messdiener und meine Schwester hat hier geheiratet“, berichtete sie. Das „Kleschterle“ sei für sie ein wichtiger Rückzugsort und Bildungsstandort für das Bundesland. Im Blick auf die Zukunft betonte sie drei Aspekte, die sie hier im Kloster entdeckt. Zum einen sei dies „die Mitmenschlichkeit und Gastfreundschaft“, begründet in der Überzeugung, dass Gott alle Menschen gleichermaßen liebt. Dann sei das Kloster Neustadt ein Ort des gelebten Glaubens. Schließlich könne man hier im Miteinander „die Welt ein bisschen besser und gerechter“ machen. Den gesellschaftlichen Einfluss des Klosters sahen wohl auch viele politische Vertreter. So waren unter den Gästen die Europaabgeordnete Christine Schneider, die Bundestagsabgeordneten Isabel Mackensen und Johannes Steiniger, die Landtagsabgeordneten Giorgina Kazungu-Hass und Dirk Herber sowie Neustadter Stadträte. Oberbürgermeister Marc Weigel erinnerte in seinem Grußwort daran, dass mitten im Zweiten Weltkrieg Robert Schuman, der spätere französische Außenminister und Präsident des Europäischen Parlaments, in Neustadt arretiert war. Er sah zu dieser Zeit im Kloster seine geistige Heimat und habe vielleicht schon hier seine Ideen für ein zukünftiges europäisches Bündnis entwickelt. Jedenfalls sei das Kloster heute ein „Geschenk für Neustadt“. Mit dem Geschenk einer Informationstafel bedankte er sich daher auch im Namen der Stadt für die hier geleistete Arbeit.
Im Rahmen des Empfangs wurde auch die Festschrift über die Geschichte des Klosters der Öffentlichkeit übergeben. Es entstand 1920 inmitten eines stillgelegten Steinbruchs, dessen Verwaltungsräume erstes Quartier für die Geistlichen war. Sie gehörten dem 1878 gegründeten Herz-Jesu-Orden an, der in Deutschland bis zum Ende des Ersten Weltkrieges aufgrund im Kulturkampf unter Bismarck entstandener Gesetze verboten war. Trotz protestantischer Prägung Neustadts gründete man hier das erste Kloster des Ordens in Deutschland. Großzügige Spenden ermöglichten den raschen Bau der Klosterkirche und weiterer Gebäude. In den 1920er Jahren war das Kloster bekannt für seine Freilichtbühne, die weit über 100.000 Zuschauer anlockte. Während der NS-Zeit wurde die Klosterkirche eine Filiale der Neustadter Mariengemeinde, wodurch die damals übliche Konfiszierung von Klöstern verhindert wurde. In der Nachkriegszeit baute man das Gelände nach und nach zu einem Bildungskomplex mit Hotelbetrieb aus, zunächst 1958, dann 1979, 1994 und zuletzt 2016. Durch die Größe und technische Ausstattung ist das Kloster heute eines der am besten besuchten Tagungszentren der Pfalz.
Durch den Festakt führte Moderator Uwe Burkert, Senderbeauftragter für den privaten Rundfunk im Bistum Speyer. Für den musikalischen Rahmen sorgten Theologiestudenten aus dem Freiburger Herz-Jesu-Kloster mit Stücken aus Afrika. Zwischen den Redebeiträgen spielten der finnische Frater Martti Savijoki SCJ am Klavier und der Neustadter Musikstudent Liam O´Mahony mit der Posaune klassische Musikstücke. Für den 19.-21. Juni ist ein Festwochenende mit Gottesdiensten, Markt und Tag der offenen Tür geplant.
Autor:Michael Landgraf aus Neustadt/Weinstraße |
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