Auftakt zum Jubiläumsjahr
60 Jahre Lebenshilfe Neustadt

Vorstand Heinz Busch berichtet aus den vergangenen 60 Jahren Lebenshilfe Neustadt. | Foto: Nicole Sowa
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Neustadt. Der diesjährige Neujahrsempfang der Lebenshilfe Neustadt am vergangenen Sonntag war nicht nur eine festliche Veranstaltung, der Empfang markierte auch den Auftakt zu „60 Jahre Lebenshilfe Neustadt“. Mit einem neuen Veranstaltungsraum und prominenten Gästen wurde nicht nur das Erreichte gefeiert, sondern auch ein Blick auf die bewegte Geschichte der Lebenshilfe geworfen.

„Jedes Jahr gab es etwas Schönes einzuweihen“

Viele sind der Einladung gefolgt. Auch Oberbürgermeister Marc Weigel lässt es sich nicht nehmen, persönlich vorbeizuschauen und ein Grußwort zu sprechen. Er lobte nicht nur die hervorragend funktionierende Zusammenarbeit mit der Stadt Neustadt. Er zeigte sich beeindruckt von dem, was die Lebenshilfe in den letzten Jahren aufgebaut hat: Ein neues Wohnhaus, die erweiterte integrative Kita Regenbogen, den Ausbau der Tagesförderstätte mit neuer Kerzenwerkstatt. „Jedes Jahr gab es etwas Schönes einzuweihen“, stellt er fest. Er lobte nicht nur die erfolgreiche Partnerschaft mit der Stadt Neustadt, sondern scherzte auch über die Idee, das Hertie-Gebäude zu übernehmen, um endlich einen Schlusspunkt unter dieses Bauprojekt zu setzen.

Inklusive Puzzle-Band als Botschafter

Die Puzzle-Band, bei der Menschen mit und ohne Behinderung miteinander auf der Bühne stehen, sieht er als großartigen Botschafter der Lebenshilfe Neustadt. Die Musiker schaffen es mit Leichtigkeit und Lebensfreude das Publikum zu begeistern und den Saal(bau) zum Beben zu bringen. Bereits zum zweiten Mal durfte Puzzle-Band beim Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters für gute Stimmung sorgen. „Mit Worten kann man nicht erreichen, was ihr da geschafft habt“ schätzt er den Auftritt der inklusiven Band. Eine Leichtigkeit und Fröhlichkeit, die zündet und sich überträgt.
Denn es geht ihm um ein gutes Miteinander in einer Gesellschaft, die momentan viele Anlässen zur Sorge und viele Herausforderungen zu bewältigen hat.

„Royaler Glanz“ mit Weinprinzessin

Auch die Lachen-Speyerdorfer Weinprinzessen Jasmin I. wünscht der Lebenshilfe Neustadt alles Gute zum Jubiläum. Sie ist überzeugt, dass die Lebenshilfe Neustadt Menschen mit Behinderung eine starke Stimme gibt. Der Lebenshilfe-Vorstandsvorsitzender Heinz Busch freut sich, dass die Anwesenheit der Weinprinzessin der Veranstaltung „einen gewissen royalen Glanz“ verleiht.

Erste Lebenshilfe 1958 in Marburg gegründet

zu Beginn seiner Ansprache wird Heinz Busch allerding etwas ernster, als er auf die Historie der Lebenshilfen eingeht. Als die erste Lebenshilfe 1958 von Tom Mutters gegründet wurde, lag das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte gerade erst 15 Jahre zurück. Die Nationalsozialisten hatten auch Menschen mit geistiger Behinderung systematisch verfolgt und ermordet. Noch lange nach Kriegsende spukten die Begriffe aus der NS-Zeit in den Köpfen vieler Bürger. Vorurteile, Intoleranz und offene Ablehnung durch eine unwissende Gesellschaft verurteilten geistig behinderte Kinder und ihre Eltern zu einem Dasein im Abseits.

Mitte der 1950er-Jahre hatten sich die Bedingungen allmählich verändert. Das „Wirtschaftswunder“ löste die meisten ökonomischen Versorgungsprobleme, und mit wachsender zeitlicher Distanz zur NS-Zeit erweiterte sich auch der pädagogisch-wissenschaftliche Horizont. Die Zeit war reif für eine Initiative, die bis heute nahezu beispiellos in der Bundesrepublik ist: Der niederländische Pädagoge Tom Mutters gründete 1958 die erste „Lebenshilfe für das behinderte Kind“ in Marburg. Eine Initiative, die sich schnell ausbreitete. Innerhalb kürzester Zeit gründeten sich in ganz Deutschland Orts- und Kreisvereinigungen. 

Die Lebenshilfe in Neustadt

So taten sich 1964 auch 24 Eltern in Neustadt zusammen. 1965 konnten bereits die ersten Betreuungs- und Fördermöglichkeiten für Kinder in der Stadt geschaffen werden.
In den letzten 60 Jahren hat sich die Lebenshilfe Neustadt zu einer Organisation mit vielfältigen Angeboten für Kinder, Jugendliche und erwachsene Menschen mit Behinderung in Neustadt und Umgebung entwickelt. Bei inzwischen 250 Mitarbeitenden gehört die Lebenshilfe Neustadt inzwischen zu den größten Arbeitgebern in Neustadt.
Froh und dankbar ist Heinz Busch für vergangenes Engagement, ob tatkräftig oder finanziell, ohne das sich die Lebenshilfe Neustadt nicht so hätte entwickeln können. Sorgen macht ihm allerdings die derzeitigen Entwicklungen in der Gesellschaft mit fortscheitender Hetze und Hass und der Befürchtung, dass Denkmuster des dritten Reiches wieder aufflammen.

Ausblicke

Was ist geplant? Nächstes Ziel ist die Schaffung von weiteren Integrativen Arbeitsplätzen, berichtet Heinz Busch. Es sind zwar bereits einige Menschen mit Beeinträchtigungen bei der Lebenshilfe beschäftigt, bevor ein eigener Inklusionsbetrieb institutionalisiert werden kann, sind aber noch einige „dicke Bretter zu bohren“. Busch ist aber zuversichtlich: „Wenn man sieht, was wir alles schon geschafft haben, werden wir auch das hinbekommen“.

Mit dem bevorstehenden Ruhestand der sogenannten "Boomer" hofft Heinz Busch auf verstärktes ehrenamtliches Engagement. Die positive Auswirkung des Generationenwechsels könnte dazu beitragen, dass Menschen mehr Zeit für ehrenamtliche Tätigkeiten finden und sich somit verstärkt für die Belange der Lebenshilfe einsetzen.

Die Lebenshilfe Neustadt ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie Menschen mit Behinderung individuell unterstützt werden können als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft auftreten können. Der Neujahrsempfang als Auftakt des Jubiläumsjahrs der Lebenshilfe Neustadt war eine Reise durch 60 Jahre Engagement, Wachstum und Veränderung.

Welche Veranstaltungen im Jubiläumsjahr geplant sind, entnehmen Sie bitte der Lebenshilfe-Website. Hier finden Sie alle Termine wie "Rock am Speyerbach" oder die Auftritte der Puzzle-Band.

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Autor:

Nicole Sowa aus Neustadt/Weinstraße

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