Rund 200 Gäste bei Infoveranstaltung
Anwohnerbeiträge Diedesfeld
Diedesfeld. Bei einer Infoveranstaltung der Stadtverwaltung zu den Straßenausbaubeiträgen im Neustadter Ortsbezirk Diedesfeld hat Baudezernent Bernhard Adams den Versand überarbeiteter Vorausleistungsbescheide angekündigt. Die Zahlungsfrist wurde bereits im Vorfeld von Januar bis zum 30. April 2023 verlängert. Bei der aktuell durchgeführten Überprüfung des gesamten Prozesses gibt es Hinweise darauf, dass eventuell eine Korrektur bei den Berechnungen vorgenommen werden muss. Diese könnte sich tendenziell positiv für die Beitragspflichtigen auswirken. Zudem entschuldigte sich Adams für das unglückliche Versanddatum der bisherigen Bescheide kurz vor Weihnachten.
Im Mittelpunkt der von mehr als 200 Gästen besuchten Veranstaltung in der Diedesfelder Festhalle standen aber grundsätzliche Infos und Hintergründe zur Beitragspflicht beim Weinstraßen-Ausbau und warum hier noch nicht das System der wiederkehrenden Beiträge angewendet werden kann. Bei diesem werden – wie in Neustadt künftig der Fall - die Kosten auf mehr Schultern verteilt und belasten so Einzelne weniger.
Bei der Veranstaltung beantworteten der Beigeordnete und Baudezernent Bernhard Adams, Martina Annawald (Leiterin Fachbereich Stadtentwicklung und Bauwesen) sowie Verantwortliche aus den Bereichen Bauverwaltung und Tiefbau zahlreiche Fragen von Betroffenen, die im Dezember Post von der Stadtverwaltung erhalten hatten. Die Vorausleistungsbescheide über die Erhebung von Ausbaubeiträgen gingen an 350 Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken entlang der Weinstraße im Ortsbezirk Diedesfeld. Der Durchschnittsbetrag liegt bei knapp 4300 Euro.
Hier einige Fakten im Überblick:
Um welches Bauprojekt geht es? Die Weinstraße (L 512) wird vom Ortseingang von Maikammer kommend bis zum Ortsausgang Richtung Hambach für sechs Millionen Euro grundlegend saniert. Dies geschieht in sechs Etappen. Der erste Abschnitt bis zur Weißkreuzstraße wurde 2019 fertiggestellt. Seit Juni 2022 wird am zweiten Abschnitt bis zur Weinstraße 580 gearbeitet. Dieser soll Ende Februar 2023 fertig sein. Für März bis September 2023 ist der dritte Abschnitt bis zur Kreuzstraße vorgesehen. Die Gesamtmaßnahme soll bis Anfang 2025 abgeschlossen sein.
Welche Kosten übernimmt das Land? Da es sich um eine Landesstraße handelt, übernimmt das Land mit 2,5 Millionen Euro die Kosten für die Fahrbahn, sehr schmale Gehwege (sogenannte Schrammborde) Busbuchten, Schilder und Markierungen.
Welche Kosten übernimmt die Stadt? Das Land übernimmt nicht die Kosten für die Straßenbeleuchtung, (breitere) Gehwege, Plätze, Kanal und Versorgungsleitungen. Diese Kosten verteilen sich auf Stadt, ESN und Stadtwerke. Die Stadt muss die Kosten tragen insbesondere für die Gehwege und die Straßenbeleuchtung inklusive der anteiligen Nebenkosten. Diese Kosten liegen bei 2,14 Mio. Euro.
Wie werden die Anliegerinnen und Anlieger beteiligt? Von den 2,1 Millionen Euro (beitragsfähige Aufwendungen) übernimmt die Stadt 30 Prozent, also 640.000 Euro. Der Rest (70 Prozent / 1,5 Mio. Euro) wird auf die 350 Anliegerinnen und Anlieger der Weinstraße verteilt. Den Gemeindeanteil hat der Stadtrat 2019 nach dem Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr beschlossen. Hierzu wurde die gültige Rechtsprechung herangezogen.
Warum überwiegt der Anlieger- gegenüber dem Durchgangsverkehr? Da es um die Gehwege und die Straßenbeleuchtung geht, wurde ausschließlich der Fußgängerverkehr berücksichtigt. Der Anliegerverkehr hat als Ausgangspunkt oder Ziel die Weinstraße. Wer also ein „Anliegen“ in der Weinstraße hat, wird hinzugerechnet. Der Anliegerverkehr überwiegt nach Ansicht der Stadt unter anderem wegen der dichten Wohnbebauung, der Bushaltestellen und der Festhalle. Der Durchgangsverkehr hingegen hat Ziele in umliegenden Straßen (Schule, Kita, Spielplatz, Friedhof). Er wird hier als mäßig eingestuft. Baudezernent Bernhard Adams kündigte bei der Infoveranstaltung an, dass die Verteilung von Anlieger- und Durchgangsverkehr nochmals genauer beleuchtet wird.
Warum werden die Anliegerinnen und Anlieger beteiligt? Nach dem rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetz (KAG) ist die Stadt dazu verpflichtet, Ausbaubeiträge zu erheben, wenn Verkehrsanlagen erneuert oder umgebaut werden.
Wie werden die Anliegerkosten verteilt? Beitragspflichtig sind alle Eigentümerinnen und Eigentümer, deren Grundstücke durch die Weinstraße erschlossen werden, und zwar als „Solidargemeinschaft“. Die Beiträge werden nach Grundstücksgröße, Bebauung und der Nutzung berechnet. Zugrunde gelegt werden die Gesamtkosten für Gehsteige und Beleuchtung. Dies ist unabhängig davon, ob an einem bestimmten Grundstück überhaupt ein Gehsteig verläuft oder wie breit dieser ist.
Welche Kosten entstehen den Anliegerinnen und Anliegern? Die Beiträge bewegen sich im zwei- bis fünfstelligen Bereich:
Bis 1.000 Euro: 135 Bescheide, 1.000 bis 10.000 Euro: 170 Bescheide, 10.000 bis 20.000 Euro: 40 Bescheide, Über 20.000 Euro: 5 Bescheide. Die höchste Forderung liegt bei rund 80.000 Euro. Die durchschnittliche Forderung liegt bei rund 4.275 Euro. In etwa 100 Fällen kommen Kosten für neue Hausanschlüsse an das Kanalnetz hinzu. Diese werden direkt vom ESN abgerechnet.
Wie detailliert sind die bisherigen Bescheide? Die dargestellte Kostenermittlung ist zwar rechtskonform, die Stadtverwaltung räumt aber ein, dass sie aufgrund wenig detaillierter Angaben schwer nachvollziehbar ist. Für mehr Transparenz soll ein noch folgendes separates Schreiben an die Betroffenen bzw. der angekündigte neue Bescheid sorgen. Im bisherigen Bescheid gab es auch einen Schreibfehler beim städtischen Anteil (30 Prozent): Ausgewiesen sind 25 Prozent. Die Berechnung wurde aber mit den korrekten 30 Prozent durchgeführt.
Wann sind die Zahlungen zu leisten? Die ursprüngliche Fälligkeit von vier Wochen nach dem Ende Dezember erfolgten Zugang des Vorausleistungsbescheids wurde um drei Monate bis 30. April 2023 verlängert.
Welche Härtefallregelungen gibt es? Auf Antrag können Ratenzahlungen bzw. Stundungen vereinbart werden.
Wieso wurden die Bescheide in der Weihnachtszeit zugestellt? Eine belastbare Kostenkalkulation war erst nach der Vergabe der gesamten Bauleistung an eine Baufirma im Frühjahr 2022 möglich. Daraufhin war ursprünglich vorgesehen, dass die Bescheide spätestens im Herbst 2022 verschickt werden. Aufgrund krankheitsbedingter Personalengpässe sowie zeitintensiver Schulungen für eine neue Abrechnungssoftware hat sich dies verzögert. Die Verwaltung entschuldigt sich für die unglückliche zeitliche Koordinierung.
War bekannt, welche Vorauszahlungen zu leisten sind? Im November 2022 wurde an alle Betroffenen ein Schreiben versendet, in dem die individuellen Angaben zur Beitragsbemessung (Flurstück, Grundstücksgröße, Nutzung etc.) genannt wurden. Mögliche Beitragssummen wurden nicht genannt, da im Nachgang noch Datenkorrekturen möglich sind, die eventuell zu erheblichen Änderungen bei der gesamten Kostenverteilung und somit bei den tatsächlichen einzelnen Beitragsbescheiden geführt hätten. Die Stadtverwaltung prüft nun, wie künftig frühzeitiger über die Höhe der voraussichtlichen Beiträge informiert werden kann.
Warum muss bezahlt werden, obwohl der Ausbau noch nicht abgeschlossen ist? Die Verwaltung ist vom Land gehalten, Vorausleistungen zu erheben. Dies soll sicherstellen, dass die Stadt nicht vorfinanzieren muss und die Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer nach Abschluss der Gesamtmaßnahme nicht die angefallenen Zinsen für eine städtische Kreditaufnahme übernehmen müssen. Daher hat der Stadtrat 2019 einstimmig beschlossen, dass Vorausleistungen in Höhe des voraussichtlichen endgültigen Ausbaubeitrags zu zahlen sind. Die Vorauszahlungen sind bei größeren Maßnahmen, die sich über mehrere Jahre hinziehen, die Regel. Es wurde so kalkuliert, dass nicht mit Nachzahlungen zu rechnen ist: Nach Abschluss der Maßnahme und Prüfung aller Rechnungen können die endgültigen Aufwendungen und damit die endgültigen Ausbaubeiträge ermittelt werden. Da den Vorausleistungen die Kalkulation des Bauunternehmens zugrunde liegt, sollte keine erhebliche Differenz entstehen.
Warum wird nicht über „wiederkehrende Beiträge“ abgerechnet? Bei der Weinstraße in Diedesfeld handelt es sich um eines der letzten Straßenbauprojekte in Neustadt, das noch über die sogenannten Einmalbeiträge der Anliegerinnen und Anlieger mitfinanziert wird. Seit 2020 gilt in Rheinland-Pfalz ein modifiziertes Landesrecht, wonach ab 2024 nur noch sogenannte „wiederkehrende Beiträge“ erhoben werden. Künftig sind alle beitragspflichtig, die in einem bestimmten Gebiet, in dem gebaut wird, ein Grundstück besitzen. Zahlen müssen also nicht mehr ausschließlich die direkten Anliegerinnen und Anlieger. Dadurch werden die Kosten auf mehr Schultern verteilt und Einzelne weniger belastet.
In Diedesfeld war dieses solidarischere System leider noch nicht möglich, da zum Baubeginn 2019 noch keine entsprechende Abrechnungseinheit per Satzung geschaffen war. Dies wäre zwar grundsätzlich rückwirkend möglich. Die Rückwirkung ist allerdings vom Gesetzgeber begrenzt auf den Zeitpunkt, in dem zuletzt Beitragspflichten bestanden. In Diedesfeld war das im Jahr 2020, als in anderen Straßen im Ort die Beleuchtung ausgetauscht werden musste. Damit war der Weg für eine rückwirkende Einführung von wiederkehrenden Beiträgen für die Weinstraße versperrt.
Werden in der Diedesfelder Weinstraße zusätzlich wiederkehrende Beiträge fällig? Zunächst nicht. Wer bereits Ausbaubeiträge gezahlt hat, wird zehn Jahre lang von der Entrichtung wiederkehrender Beiträge verschont. Außerdem können die wiederkehrenden Beiträge in Diedesfeld erst nach Abschluss der Baumaßnahme in der Weinstraße eingeführt werden, denn zwei Abrechnungssysteme gleichzeitig sind ausgeschlossen.
Wer beantwortet weitere Fragen? Unter www.neustadt.eu/strassenausbaubeitraege gibt es weitere allgemeine Infos. Fragen zu den Ausbaubeiträgen werden zudem telefonisch oder per Mail beantwortet: 06321 8551771, beitraege@neustadt.eu. Wer persönlich vorbei kommen möchte, ist bei der Bauverwaltung in der Amalienstraße 6 richtig (bitte vorab Termin vereinbaren). cd/ps
Autor:Christiane Diehl aus Neustadt/Weinstraße |
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