Schülerinnen bereiten triumphalen Abschied
Aus dem Schultagebuch von Karl Meißner (Teil 9)
Von Markus Pacher
Haßloch. 75 Jahre Kriegsende: Der aus Glanbrücken bei Lauterecken stammende Lehrer Karl Meißner, Jahrgang 1904, berichtet in seinem Schultagebuch von seinen Haßlocher Jahren: Zwischen 1946 und 1949 unterrichtete er an der Schillerschule. In loser Folge möchte das Wochenblatt heimatinteressierten Leserinnen und Lesern an den damaligen Erlebnissen und Erfahrungen
von Lehrer Karl Meißner teilhaben lassen.
"Residenzpflicht" für Lehrer
Während des ersten Halbjahres 1949 bespreche ich mich mit Frau Ohler wegen einer Versetzung nach Neustadt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen besteht für den Lehrer eine Residenzpflicht, das heißt, er hat am Dienstort auch seinen Wohnsitz zu nehmen. Es würde für mich bedeuten, mein Eigenheim im Hambach aufzugeben und nach Haßloch zu ziehen. Bis jetzt konnte ich die Verpflichtung umgehen. Ich muss dazu in Kauf nehmen, während des Winterhalbjahres wegen des Nachmittagsunterrichts mich mit ein paar belegten Broten zur Mahlzeit zu behelfen. Fräulein Ohler will mich bei den vorgesetzten Dienststellen für mich verwenden. Sie kennt den Oberregierungsrat Hoffmann, mit dessen Familie sie freundschaftliche Beziehungen unterhält. Zunächst hat es den Anschein, als wolle die Sache nicht vorangehen. Dass man in der Stadt Verwendung für mich hat, weiß ich von Stadtschulrat Philipp Sauerheber, den ich schon aus meiner ersten Neustadter Schulzeit kenne.
An einem Sommertage im Juni 1949 spaziere ich mit Fräulein Ohler auf dem Heimweg von der Schule den Viehberg hinauf. Zufällig begegnen wir dem Oberregierungsrat Hoffmann. Fräulein Ohler stellt mich vor. Ich fasse die Gelegenheit beim Schopf und spreche ihn wegen einer Versetzung an. "Ja", ächzt er in einem bedenklich zögerlichen Ton, "in die Stadt kamen früher nur Lehrer mit einer guten Benotung". "Da kann ich Sie beruhigen", erwidere ich, "ich habe mein Examen mit Durchschnittsnote 2 bestanden und unter 120 Teilnehmern den 15. Platz belegt.
Versetzung von Haßloch nach Neustadt
"Ja, wenn das so ist, dann wollen wir mal sehen." Er hat sich meines Erachtens bis jetzt nicht die Mühe gemacht, meine Personalpapiere zu studieren. Ich weiß, die Sache wird nun laufen und Fräulein Ohler das Übrige dazu tun.
Noch vor Beginn der Sommerferien erhalte ich meine Versetzung nach Neustadt mit Wirkung vom 1. August 1949. Es spricht sich im Lehrkörper und auch in meiner Mädchenklassen herum.
Triumphaler Abschied
Die Kinder bereiten mir einen triumphalen Abschied. Mit einem Korb voller Blumen begleiten sie mich zum Bahnhof. Einige fahren mit, um die Sachen sicher an Ort und Stelle zu bringen. Noch Jahre danach besuchen mich kleine Gruppen von Schülerinnen in meiner Hambacher Wohnung und 20 Jahre nach ihrer Schulentlassung stehen zwei von ihnen (darunter Inge Lamm) wieder vor der Türe, um mich zu einem Erinnerungstreffen einzuladen.
Anmerkung der Redaktion: Seit Beginn unserer Veröffentlichungen des Schultagebuches von Karl Meißner erreichte die Wochenblatt-Redaktion zahlreiche Briefe und Telefonate von seinen mittlerweile über 80-jährigen Schülerinnen und Schülern, die sich noch an meinen Großvater erinnerten und von ihren Erlebnissen berichteten. An dieser Stelle vielen Dank an unsere Leserinnen und Leser für die große positive Resonanz auf unsere Serie, die demnächst mit der Lehrerzeit von Karl Meißner als Rektor der Neustadter Westschule und der Hans-Geiger-Schule (50er- und 60er-Jahre) fortgesetzt wird.pac
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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