Das Schultage-Buch von Karl Meißner (1949-1960)
Erinnerungen an die Ostschule (Teil 2)
Von Markus Pacher
Neustadt.In seinem Schul-Tagebuch erinnert sich Karl Meißner an seine Zeit als Lehrer an der West- und Ostschule zwischen 1949 und 1960. Nach dem Kriegsende unterrichte er zunächst bis zum Sommer 1949 an der Schillerschule in Haßloch, bevor er an seinen Wohnort versetzt wurde und gegen Ende seiner Schulzeit die Hans-Geiger-Schule auf der Hambacher Höhe leitete. In loser Folge möchten wir die Aufzeichnungen von Karl Meißner unseren Leserinnen und Lesern zugänglich machen. Sie bilden ein wichtiges Dokument zum Unterrichtssystem im Nachkriegsdeutschland.
Der Lehrkörper erhält im Laufe der nächsten Zeit bei fortschreitender Entnazifizierung neun Jahrgänge. Trotzdem bleibt die Personallage gespannt, obwohl die Klassenstärken immer höher schnellen. Es ist keine Seltenheit, dass in manchen Sälen bis zu 50 Kinder sitzen. Bei Versetzungen, Krankheiten, Schwangerschaften, Beurlaubungen müssen ständig Klassen mitgeführt werden. Im Prinzip sollte abgewechselt werden und jeder einmal an die Reihe kommen. Doch trifft es meist die Parallelklasslehrer, die jüngeren Lehrkräfte oder die mittleren Alters, wozu ich noch zähle.
Ostschule von den Franzosen beschlagnahmt
Herr Strasser, der Schulleiter, genießt als einer der Ältesten soviel Autorität, dass sein Weisungen ohne großen Widerspruch befolgt werden. Er gehört zu den wenig Glücklichen, die es fertig brachten, nicht der Partei anzugehören. Obwohl er katholisch ist, war er vor der Hitlerzeit Mitglied des Pfälzischen Lehrervereins und eine Zeit lang Vorsitzender des Neustadter Kreisverbandes. Beim Heimweg von der Schule auf die Hambacher Höhe bleibt er unterwegs alle paar Minuten stehen, um seine Erklärungen fortzusetzen. Der „Viehberg“ macht ihm zu schaffen. Er muss herzleidend sein und eigentlich wäre es Zeit für ihn, sich zur Ruhe zusetzen. Ich habe aber den Eindruck, als halte er sich für unentbehrlich. „Ob ich es noch während meiner Dienstzeit erlebe, dass wir wieder die von den Franzosen besetzte Ostschule beziehen?“ äußert er öfter im Gespräch. Nein, er erlebt es nicht. Noch vor seiner Pensionierung begleiten wir ihn auf seinem Weg zu letzten Ruhestätte.
Zu viele Schüler, zu wenig Platz
Nachfolger in der Schulleitung wird Kollege Ernst Leibrock, der bisher an der Talschule unterrichtete. Er ist eine feinnervige, temperamentvolle und künstlerische Natur und leitet nebenbei den Neustadter Kirchenchor. Schwierigsten Problem für Schulleiter und Stadt ist die Frage, wie kann zusätzlicher Unterrichtsraum für die vielen Klassen beschafft werden. An Neubauten ist vorerst nicht zu denken, dazu ist die Wohnungsnot noch zu groß. Darum werden Kellerräume zum Unterricht für Berufsschulklassen, zum Beispiel die Schriftsetzer eingerichtet. Einzelne Fachklassen lagert man in andere Gebäude wie das St. Josefsheim aus. Auch Kleinräume wir Lehrer- und Arztzimmer führt man unterrichtlichen Zwecken zu. Trotzdem ist alles nur Flickwerk und es entstehen immer wieder neue Engpässe.
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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