Aus dem Schultagebuch von Karl Meißner (Teil 8)
Erinnerungen an die Westschule

Karl Meißner Archiv: Markus Pacher

Von Markus Pacher

Neustadt.In seinem Schultagebuch erinnert sich mein Großvater Karl Meißner an seine Zeit als Lehrer an der West- und Ostschule. Nach dem Kriegsende unterrichte er zunächst bis zum Sommer 1949 an der Schillerschule in Haßloch, bevor er an seinen Wohnort versetzt wurde. In loser Folge möchten wir die Aufzeichnungen von Karl Meißner unseren Leserinnen und Lesern zugänglich machen. Sie bilden ein wichtiges Dokument zum Unterrichtssystem im Nachkriegsdeutschland.

Die Organisation des städtischen Volksschulwesens liegt in den Händen des Stadtschulrates. Während der ersten Jahre meiner Neustadter Tätigkeit ist es Herr Sauerheber, den ich in anderem Zusammenhang schon genannt habe. Da die Zahl der Planstellen innerhalb des Stadtgebietes verhältnismäßig klein ist, befasst sich das Schulamt auch mit den Gliederungsplänen für die einzelnen Schulen. Das wird später Aufgabe der Schulleiter. Herr Sauerheber versetzt die Lehrer innerhalb der städtischen Schulgebäude wie die Zinnsoldaten auf einem Tisch. Ich selbst bekomme eine Kostprobe zu spüren.
Gerade habe ich eine sechste Knabenklasse nach zweijährigem Turnus abgegeben, da werde ich von der Westschule in die inzwischen wieder frei gewordene Ostschule beordert, um eine dritte Knabenklasse zu übernehmen. Nach etwa vier Wochen erklärt Herr Sauerheber, aus organisatorischen Gründen müsse ich wieder in die Westschule überwechseln. Hier sei eine vierte Klasse frei geworden. Was ist zu tun? Und was bedeutet das? Von vorne beginnen, neu eingewöhnen, wieder neue Namen von Kindern merken, den Unterrichtsstand ermitteln und die Fäden allmählich aufnehmen. Kaum ist es soweit, bittet mich der Schulrat um Verständnis, dass er meine Klassen einem älteren Kollegen, Herrn Deter, übertragen müsse, der Schulleiter werden. Ich solle eine erste Mädchenklasse bis zum Schuljahresende weiterführen.
Ich habe ein Einsehen, dass es schwierig ist, die jeweiligen Situationen zu meistern. Dass ich ausgerechnet als Opfer dafür herhalten muss, schiebe ich zum Teil meiner inneren und äußeren Beweglichkeit zu und dass man der Ansicht ist, als Bewohner der Hambacher Höhe sei es mir gleich, in welchem Schulgebäude ich meinen Dienst versehe. Das mag zutreffen. Aber innerhalb eines Jahres den Sprung von einer 6. zu einer 3., einer 4. und zuletzt einer ersten zu machen, ist schon ein tolles Stück. Nun sind wir zwar als Allroundlehrer in jeder Stufe verwendbar, obwohl es Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich Jahr und Jahrzehnte lang auf einer Stufe halten und um keinen Preis mehr weichen wollen.

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Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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