Das geht uns alle an

Lehrermangel in Neustadt
Förderschullehrer Tammo Scherr im Interview

Förderschullehrer Tammo Scherr.  | Foto: Markus Pacher
  • Förderschullehrer Tammo Scherr.
  • Foto: Markus Pacher
  • hochgeladen von Markus Pacher

Von Markus Pacher

Neustadt. Immer wieder ist von Lehrermangel die Rede - ein Problem, das vor allem die Grundschulen beschäftigt. Wie die Situation an Förderschulen aussieht, im besonderen Fall an der Schubert-Schule in Neustadt, darüber informierte uns Schulleiter Tammo Scherr. Seit zwei Wochen ist der ausgebildete Förderschullehrer nach seinem kommissarischen Jahr offiziell im Amt. Als Referent für den Bereich Förderpädagogik beim Verband Bildung und Erziehung (VEB) gewährte er uns als kompetenter Ansprechpartner gleichzeitig interessante Einblicke in andere Schularten.

??? Herr Scherr, leiden die Förderschulen in ähnlichem Umfang unter Lehrermangel wie die anderen Schularten?
Tammo Scherr: Grundsätzlich muss man bei der Betrachtung der Personalsituation nach Schularten und Regionen unterscheiden. Wie die Grundschulen leiden die Förderschulen besonders stark unter Lehrermangel. Bei Realschulen und Gymnasien ist die Situation dagegen etwas entspannter. Bezogen auf die Region ist der Regierungsbezirk Trier stärker betroffen als der Regierungsbezirk Neustadt. Bei uns ist die Situation zwar viel besser, muss aber trotzdem als schlecht bezeichnet werden. Auch bei uns ist es schwierig, Planstellen zu bekommen. Glücklicherweise haben wir die Uni Landau vor der Haustür und viele künftige Lehrer, die dort ausgebildet werden, wollen in der Pfalz bleiben.

??? Welche fachliche Voraussetzungen muss ein Förderschullehrer mitbringen, um an Ihrer Schule eingestellt zu werden?
Tammo Scherr: Bei den Förderschulen spricht man ja weniger von Fächern, sondern mehr von Fachrichtungen wie zum Beispiel Lern-, Sprach- oder Körperbehindertenpädagogik. Jede Lehrkraft muss mindestens zwei dieser Fachrichtungen abdecken. Es gibt aber auch fachliche Bereiche wie Mathematik oder Deutsch, aber die sind nicht einstellungsrelevant. Darüber hinaus steht vor allen die berufliche Orientierung bei uns viel stärker im Fokus wie an anderen Schulen. So nimmt zum Beispiel der Werkunterricht eine wichtige Rolle ein.

??? Lehrermangel und Unterrichtsausfall reißen Lücken, die Eltern sofort im Alltag spüren. Wie fangen Sie solche Fehlstunden auf?
Tammo Scherr: Für die Vertretung von Unterricht bietet die Landesregierung Rheinland-Pfalz den Schulen an, über das sogenannte PES (Personalmanagement im Rahmen Erweiterter Selbstständigkeit von Schulen), mit dem wir vertraglich verbunden sind, Lehrkräfte für Vertretungen zu rekrutieren. Oftmals handelt es sich dabei um Lehramtsstudenten.

??? Welche Erfahrungen haben Sie mit studentischen Aushilfen gesammelt?
Tammo Scherr: Wir verfügen über gute Kräfte. Aber natürlich ersetzt ein Student keine ausgebildete Fachkraft, auch wenn die Leute hochmotiviert sind - sie wollen ja schließlich mal Förderschullehrer werden. Vor der Einstellung führen wir ausführliche Gespräche. Grundsätzlich fällt bei uns zwar nicht viel Unterricht aus, aber die Qualität ist manchmal eine andere.

??? Stichwort „Quereinsteiger“. Ist das für Ihre Förderschule ein Thema?
Tammo Scherr: Eine Quereinsteigerproblematik haben wir nicht. Bei uns müssen künftige Lehrer ein Referendariat vorweisen, bevor sie einstellt werden:

??? Lehrerstellen werden jedes Jahr neu geschaffen, aber es gehen jedes Jahr auch Lehrer in Pension oder scheiden anderweitig aus. Haben Sie heute mehr oder weniger Lehrer als vor zehn Jahren?
Tammo Scherr: Durch die Einführung der Ganztagsschule ist die Anzahl der Lehrkräfte bei uns stark gestiegen. Wie an anderen Schulen gibt bei uns eine Wellenbewegung, aber grundsätzlich verfügen wir über mehr Lehrer als früher.

??? Corona hat an vielen Stellen schmerzhafte Lücken gerissen. Hat die Pandemie die Situation des Lehrermangels verschärft?
Tammo Scherr: Das Virus hat die Situation deutlich verschärft. Und das gilt für alle Schulen in Rheinland-Pfalz. Die Leute können sich länger und einfacher krankschreiben. Ansonsten waren wir von Anfang an gut gewappnet, haben unter anderem bereits zu Beginn der Pandemie 300 Masken selbst angefertigt.

??? Allgemein wird der Lehrermangel als „Kernproblem“ unserer Schulen bezeichnet. Ist es das?
Tammo Scherr: Ein weiteres „Kernproblem“ ist das Thema „Digitalisierung“. Da hakt es bei uns. Wir haben zwar unsere Hausaufgaben gemacht, haben Medienkonzepte verabschiedet, Fördermittel beantragt und bekommen etc. - aber wir scheitern letztendlich aufgrund mangelnder Grundvoraussetzungen wie veraltete Server oder fehlendes schnelles WLAN an der praktischen Umsetzung. Momentan stehen wir nicht besser da, wie vor Corona. 7.000 Euro für einen neuen Server können wir mit eigenen Hausmitteln nicht aufbringen und die zwanzig iPads, die wir über unseren Hauptsponsor bekommen haben, können wir nicht ans System anbinden. Leider kommt die Stadt diesbezüglich nicht richtig in die Pötte. Das mag vielleicht daran liegen, dass sie momentan auch unterbesetzt ist und gute IT-Kräfte in der Verwaltung eher selten zu finden sind. pac

Ratgeber
Jahresrückblick 2024: Emotion pur bei den FCK-Fans, die das Pokalfinale in Berlin unvergesslich gemacht haben | Foto: Harald Brunn
5 Bilder

Jahresrückblick: So ereignisreich und turbulent war das Jahr 2024

Jahresrückblick. Wenn sich das laufende Jahr dem Ende nähert, dann blicken wir gerne zurück auf das, was war. Persönlich, politisch, regional, global: Was hat uns im Jahr 2024 Freude gemacht, bewegt, schockiert? Welche Fotos bleiben uns im Gedächtnis, welche Aktionen und Momente waren auch für die Menschen in der Region rund um die Pfalz, Mannheim und Karlsruhe in diesem Jahr prägend? Blicken Sie mit uns zurück auf die letzten Monate: Januar 2024: Rückblick Januar 2024: Bauernproteste, extremes...

Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

88 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Ausgehen & GenießenAnzeige
Die Fruchthalle Kaiserslautern öffnet sich nicht nur für den Kulturmarkt, sondern auch für die Konzerte der Stadt | Foto: Stadt Kaiserslautern
9 Bilder

Konzertprogramm der Stadt Kaiserslautern: Weihnachtliches im Dezember

Konzertprogramm Kaiserslautern Dezember 2024. Mit einem bunt gemischten Programm für jedes Alter, bei dem auch Weihnachten und Winter eine Rolle spielen und das mit einem festlichen Silvesterkonzert endet, wartet das Kulturreferat der Stadt Kaiserslautern in diesem Monat auf. Außerdem hat auch der Kulturmarkt in der Fruchthalle wieder seine Türen geöffnet. Kulturmarkt in der Fruchthalle mit über 80 Ausstellenden Bis Sonntag, 22. Dezember, lädt der traditionelle Kulturmarkt in der Fruchthalle zu...

Online-Prospekte aus Neustadt/Weinstraße und Umgebung



add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.