Sat 1 drehte Kurzfilm in Neustadt
Mit Ursinus durch die Altstadt
Die historische Altstadt von Neustadt hat einiges zu bieten. Die ältesten Steinhäuser der Region, der Marktplatz mit seinem architektonisch abwechslungsreichen Ambiente oder die magisch wirkende Metzgergasse. Dass Neustadt auch sonst geschichtlich relevant sein könnte, ahnte auch die Redaktion der Sat 1 Sendung "17:30live", in deren Rahmen die Reihe "Geschichte im Südwesten" erscheint. Das Team war bereits 2018 auf dem Hambacher Schloss. Dort hatte man die Figur der Anna-Maria Abresch gewählt, um das Hambacher Fest von 1832 und die Bewahrerin der damals erstmals dort wehenden Schwarz-Rot-Goldenen Fahne zu präsentieren.
Als die Redaktion eine Figur suchte, die Neustadt in einer historisch wichtigen Epoche präsentieren sollte, war die Entscheidung für Zacharias Ursinus schnell gefallen. Der einstige Professor am Casimirianum wurde 1583 in der Stiftskirche beerdigt, wo mehrere Tafeln sowie das Reformatorenfenster an ihn erinnern. Ursinus galt durch sein Lehrbuch, den Heidelberger Katechismus, aber auch durch seine Schriften als einer der einflussreichsten Theologen seiner Zeit. Viele seiner Veröffentlichungen sind in Neustadt erschienen, beim Druckermeister Matthäus Harnisch. Heute folgen rund 400 Millionen Reformierte, Presbyterianer etc. seiner Lehre, das sind mehr als vier Mal so viele, wie es weltweit Lutheraner gibt. Dass gerade Niederländer mit dem Reformator eng verbunden sind, bewies eine zufällig in Neustadt weilende Touristengruppe, die zur Überraschung des Fernsehteam während der Dreharbeiten begeistert den Namen "Ursinus" rief.
Seit 2012 stellte ich den Reformator mehrfach bei der ARD, dem ZDF sowie im niederländischen und US-amerikanischen Fernsehen dar, besuchte mit Delegationen Wittenberg und Dordrecht und gestalte heute noch Stadtführungen in dieser Rolle. Die letzte Produktion war 2018 der in einer 30 und 45 Minuten langen Version erschienene SWR-Beitrag "Himmel auf Erden - Die Stiftskirche in Neustadt an der Weinstraße", für den zwei Wochen lang vor Ort Szenen und Bilder eingefangen wurden. Der Dreh für Sat 1 dauerte rund einen Tag. Gedreht wurde im Steinhäuser Hof mit einem der ältesten Häuser der Pfalz und einer Umgebung, die spüren lässt, wie die Menschen vor rund 500 Jahren gelebt und gearbeitet haben. Im Casimirianum wurde auf den Pfalzgrafen Johann Casimir eingegangen. Der hatte die von seinem Bruder Kurfürst Ludwig VI. aus Heidelberg vertriebenen reformierten Professoren aufgenommen und hier eine europäisch beachtete Hochschule gegründet. Davon zeugt am Eingang des Gebäudes noch die Inschrift "1579: Deo et Musis sacrum" - "Gott und den Künsten bzw. der Wissenschaft geweiht". Zu dem, was hier gelehrt wurde, gehörte auch eine neue demokratische Ordnung. Nach der sollten nur gewählte Vertreter, sogenannte „Presbyter“, in der Gemeinde das Sagen haben, und nicht Pfarrer oder politisch Höhergestellte. Dies ist ein wichtiger Baustein, der zum Profil einer zukünftigen „Demokratiestadt Neustadt“ beitragen kann. In der Stiftskirche wurde der Schwerpunkt auf die Neustadter Bibel gelegt, die mit der neuen Verszählung ebenfalls revolutionär war. Auch hier ging es um Demokratisierung, denn nun konnte jeder selbst schnell eine Bibelstelle finden und Aussagen von Theologen überprüfen. Das Ursinushaus in der Hauptstraße diente als Kulisse für das Privatleben des Reformators, wobei es nur eine Szene in die Sendung geschafft hat.
Auch andere Passagen, die das Team in der Metzgergasse, auf dem Kartoffelmarkt, auf dem Marktplatz oder als Abschluss wieder im Steinhäuser Hof mit einem berühmten Ursinus-Spruch gedreht hatte, waren in dem Beitrag nicht zu sehen. Es war daher erstaunlich, mit welcher Akribie und Begeisterung der Redakteur und Regisseur David Rischke und sein Kameramann dennoch viele Szenen zusätzlich und dazu noch aus unterschiedlicher Perspektive drehten. Deutlich war dem Team anzuspüren, welche Begeisterung sie für das Thema und für die historische Altstadt entwickelt hatten. Am Ende waren es rund vier Minuten, die ausgestrahlt wurden – üblich für einen Beitrag in einer Nachrichtensendung. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Begeisterung des Teams auch auf die Zuschauer übertrug, oder über das Anschauen des Films in der Mediathek noch übertragen wird. Die Neustadter wissen es längst, dass sich jede Spurensuche in der historischen Altstadt von Neustadt an der Weinstraße lohnt.
Der Film „Geschichte im Südwesten: Der Reformator Zacharias Ursinus“ kann ab sofort in der Mediathek von Sat 1 angesehen werden. Link: https://www.1730live.de/geschichte-im-suedwesten-der-reformator-zacharias-ursinus/
Fotos: Harald Schmidt, Neustadt an der Weinstraße
Autor:Michael Landgraf aus Neustadt/Weinstraße |
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