Interview mit Monika Lang
Nummer gegen Kummer
Von Markus Pacher
Neustadt.Wer die kostenfreie „Nummer gegen Kummer“ wählt, hat gute Chancen am Telefon von Monika Lang zu landen. Seit zwanzig Jahren engagiert sich die stellvertretende Vorsitzende ehrenamtlich im Kinderschutzbund Neustadt - Bad Dürkheim, hauptsächlich im Bereich „Kinder und Jugendtelefon (KJT)“. Markus Pacher sprach mit der Neustadterin über das kostenfreie Angebot und ihre Erfahrungen mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen.
??? Frau Lang, ab welchem Alter wählen die Kinder die „Nummer gegen Kummer“?
Monika Lang: Die jüngsten Anrufer sind sechs Jahre alt. Meist handelt es sich dabei allerdings um alternative Anrufe, d. h. die Kleinen wollen einfach nur die Sache austesten, zum Beispiel mir etwas vorsingen oder eine Pizza bestellen. Aber auch solche Anrufe muss man ernst nehmen, den manchmal handelt es sich nicht nur um einen Spaß, sondern es steckt ein Problem dahinter. Am Schluss sage ich dann immer: „Gut, dass du angerufen hast, du kannst dich jederzeit wieder melden.“
??? Bei den meisten Anrufern handelt es sich wahrscheinlich um Jugendliche. Welche Probleme werden angesprochen?
Monika Lang: Ja, etwa bis zum Alter von 25 Jahren rufen die jungen Leute bei uns an. Häufig geht es um Liebeskummer, um Probleme mit der Schule, mit Lehrern, den Eltern oder Freunden. Wie beichte ich meinen Eltern meine Schwangerschaft? Nicht selten geht es um sexuellen Missbrauch, der sich zu 90 Prozent in der Familie oder Nachbarschaft abspielt. Worüber meist nicht offen gesprochen wird, sondern den man erst nach und nach im sensiblen Gespräch ans Tageslicht fördert. Ab 18 Jahren spielen Zukunftsängste bis zum Suizidgedanken eine große Rolle. oder viele Kinder rufen an, weil sie unter der psychischen Erkrankung ihrer Eltern leiden - ein Thema, das in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat.
??? Wie können Sie helfen?
Monika Lang: In dem wir ihnen zuhören und Hoffnung vermitteln - und ihnen versichern, dass ihr Anruf absolut anonym bleibt und niemand erfährt, worüber geredet wurde. Wir versuchen die Kinder und Jugendliche darin zu bestärken, sich Hilfe zu suchen und geben ihnen die entsprechenden Tipps, zum Beispiel an wen sie sich wenden können. „Kennst du Freunde, mit denen du über deine Probleme reden kannst?“, lautet eine zentrale Frage.
??? Bekommen sie auch manchmal „unseriöse“ Anrufe?
Monika Lang: Ja, das kommt relativ häufig vor. Meist handelt es sich dabei um Männer, die die Nummer zur sexuellen Belästigung nutzen.
??? Wie gehen Sie damit um?
Monika Lang: Mit den Jahren wird man abgeklärter, erkennt die Absichten des Absenders immer schneller und legt dann so rasch wie möglich auf.
??? Die Sache mit der Anonymität ist ja auch in anderer Hinsicht nicht ganz unproblematisch. Zum Beispiel wenn einfach aufgelegt wird und man keine Chance mehr hat, mit der Person Kontakt aufzunehmen. Fühlt man sich in einer solchen Situation nicht manchmal hilflos?
Monika Lang: Wir stehen ja nicht alleine da. Fachliche Schulungen, regelmäßige Supervisionen und der gegenseitige Austausch im Team bereiten uns auf schwierige Situationen vor. Und außerdem können wir selbst jederzeit Hilfe von professionellen Psychologen in Anspruch nehmen. Die Vorteile der Anonymität liegen auf der Hand: Viele potenzielle Anrufer*innen würden sich ansonsten niemals trauen, zum Hörer zu greifen. Wir bauen damit Hemmschwellen ab.
??? Stichwort „Lernpate“: Auch in diesem Bereich haben Sie sich acht Jahre lang ehrenamtlich engagiert. Wie wird das Angebot von den Schulen angenommen?
Monika Lang: Die Zustimmung seitens der Schule ist gut. Der Einsatz der Lernpaten erfolgt in Abstimmung mit den Lehrern, die uns auf die problematischen Fälle verweisen. Manche Schulen verfügen über Sozialarbeiter und möchten auf zusätzliche Lernpaten verzichten. Das Projekt wurde von Anfang an kritisch begleitet und für gut befunden. Jeder Lehrer muss am Ende des Schuljahres einen Bogen ausfüllen und eine Beurteilung über die Lernpatenschaft abgeben. Wichtig ist, mit den Lehrern in Kontakt zu bleiben, denn bei unserer Arbeit geht es nicht um Nachhilfe, sondern vor allem um die Bewältigung sozialer Probleme.
??? Was gefällt ihn an ihrer Arbeit besonders?
Monika Lang: Das Gefühl zu haben, etwas Sinnvolles für die Gesellschaft zu leisten - das ist ein schöner Aspekt unserer Arbeit. Und dass man im Team auch offen über eigene Probleme reden kann. Wir im Ehrenamt begleiten uns auch im sozialen Sinne gegenseitig.
Dann bedanke ich mich zum Abschluss für das nette Gespräch und wünsche dem gesamten Team des Kinderschutzbundes weiterhin viel Erfolg bei seiner wertvollen Arbeit!pac
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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