Online-Adventskalender Türchen 8: Heinz Hussy vom WEISSEN RING

Online-Adventskalender 2023: Heute öffnet sich Türchen Nummer 8 für euch | Foto: Wochenblatt Redaktion
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Online-Adventskalender 2023: Dieses Jahr stellen wir im Online-Adventskalender "Helden des Alltags" vor und möchten damit Danke sagen! Und natürlich gibt es auch jeden Tag ein tolles Gewinnspiel. 

Neustadt. Seit zehn Jahren engagiert sich der ehemalige Polizist Heinz Hussy ehrenamtlich bei der Hilfsorganisation WEISSER Ring. Vor sieben Jahren hat er die Leitung der Außenstelle Neustadt übernommen. Wir sprachen mit dem Experten über die Arbeit des bundesweit agierenden Vereins und seine Möglichkeiten, Opfern von Straftaten zu helfen.

Von Markus Pacher

??? Herr Hussy, die meisten Menschen haben schon mal was von der Hilfsorganisation WEISSER RING gehört, die wenigsten allerdings wissen, was der Verein so genau macht.
Heinz Hussy: Der Verein wurde 1976 gegründet. Damals wurde erkannt, dass man sich nach Straftaten zu wenig um die Opfer gekümmert hat. Um der Hilfsorganisation ein Gesicht zu geben, hat man Eduard Zimmermann, damals über die Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ bundesweit populär, als Zugpferd gewinnen können. Unter seinem Vorsitz ist der Verein sehr schnell gewachsen. Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit standen von Anfang an Opferhilfe, Prävention und das Eintreten für die Opfer auf rechtlicher und politischer Ebene. Später ist der Täter-Opfer-Ausgleich und die Gründung einer eigenen Akademie hinzugekommen. Diese fünf Bereiche sind in unserer Vereinssatzung verankert.

??? Über wie viele Mitarbeiter verfügt die Außenstelle Neustadt und welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um beim WEISSEN RING ehrenamtlich mithelfen zu können?
Heinz Hussy: Wir sind insgesamt elf Leute aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen, darunter ein aktiver Psychologe, Hausfrauen, Rentner, ein IT-Experte etc. - prinzipiell kann sich bei uns jeder engagieren, der mit beiden Füßen im Leben steht. Dem ehrenamtlichen Engagement geht ein längeres Gespräch voraus, wo wir sehen, ob es passt oder nicht. Unsere Mitarbeiter müssen Leid ertragen können. Es nutzt uns nichts, wenn man nur mitleidet – um wirklich helfen zu können, muss man auch in schlimmen Situationen die Fassung bewahren und die Gedanken beisammen halten können. Das ist eine Grundvoraussetzung für die Arbeit beim WEISSEN RING.

??? Werden die Mitarbeiter vor ihrem Einsatz geschult?
Heinz Hussy: Alle künftigen ehrenamtlichen Mitarbeiter müssen zunächst über den Landesverband Mainz ein Grundseminar, dass über ein komplettes Wochenende geht, besuchen. Zu den Schulungsthemen gehört die Psychotraumatologie, Strafrecht, Opferentschädigungsgesetz, Kommunikation, Opferfallberatung und Psychohygiene.

??? Psychohygiene? Was darf man darunter verstehen?
Heinz Hussy: Es geht um die Frage, was ich tun kann, damit ich mich im Zuge der Konfrontation mit Straftaten nicht selbst psychisch und emotional belaste.

??? Wer kann die Hilfe vom WEISSEN RING beanspruchen?
Heinz Hussy: Jeder, der von einer Straftat betroffen ist, egal welcher Art, kann gerne unsere Hilfe beanspruchen und sich bei uns melden.

??? Ist das nicht eher eine Sache der Polizei?
Heinz Hussy: Die Polizei kommt und ermittelt und stellt fest: Da ist ein Opfer. In diesem Fall verfügt sie über eigene Opferschutzbeauftragte. Wenn man feststellt, dass da noch mehr Unterstützung erforderlich ist, springt der WEISSE RING ein und versucht, Lücken zu schließen.

??? Arbeiten beim WEISSEN RING nur ehrenamtliche Kräfte oder gibt es auch hauptberufliche Mitarbeiter?
Heinz Hussy: Die Außenstellen, wie zum Beispiel der WEISSE RING Neustadt, arbeiten ausschließlich mit ehrenamtlichen Kräften. Hauptamtlich Tätige gibt es nur in unseren 18 Landesbüros und in der Bundesgeschäftsstelle in Mainz.

??? Erzählen Sie uns ein wenig über die Arbeit in ihrer Außenstelle. Mit welchen Fällen wurden sie in jüngster Zeit konfrontiert?
Heinz Hussy: Unsere elf Mitarbeiter betreuen bis zu siebzig Fälle im Jahr. In diesem Jahr handelte es sich bei zwei Dritteln der Fälle um Gewalttaten an Frauen, darunter hauptsächlich Sexualdelikte und Gewalt in sozialen Bindungen. Im Falle von Gewalttaten wenden sich fast nur Frauen an uns, in diesem Jahr kontaktierte uns lediglich ein einziges männliches Opfer.

??? Wie können Sie helfen?
Heinz Hussy: Wenn sich das Opfer bei uns meldet, machen wir zunächst einen Gesprächstermin aus. Wir dürfen zwar keine Rechtsberatung oder Therapien durchführen, aber wir hören aufmerksam zu und verfügen über ein großes Netzwerk, können Kontakte knüpfen und vermitteln. Wir verstehen uns als Lotse im Netzwerk. Manche Fälle lösen sich allein durch das Gespräch.

??? Können sie ein konkretes Beispiel nennen?
Heinz Hussy: Zum Beispiel die Geschichte mit dem Enkeltrick, auf die viele ältere Menschen hereinfallen. In der Familie bekommen sie nur Vorwürfe gemacht. Wir dagegen machen dem Opfer keine Vorwürfe, sondern erklären ihm, dass ihnen die Situation eigentlich keine Chance ließ, richtig zu reagieren. „Mir geht es jetzt wieder richtig gut“, war das Feedback eines älteren Herrn, nachdem ich mit ihm gesprochen hatte und ihn auf diese Weise beruhigen konnte. Man muss sich das ja immer bewusst machen: Für mich als ehemaliger Polizist gehörte Kriminalität zum Alltagsgeschäft, während andere plötzlich in eine Ausnahmesituation geraten, die sie vielleicht nur ein oder zweimal in ihrem Leben erleben. In intensiver Erinnerung ist mir die Begegnung mit einer schwer traumatisierten Frau geblieben, die als Opfer eines brutalen Raubüberfalls, bei dem sie gewürgt und mit dem Messer verletzt wurde, hinterher unter Angstzuständen litt und nicht mehr in der Lage war, ihre Wohnung zu verlassen. Sie bat mich, sie bei ihrem Gang zum Gericht zu begleiten. Tage zuvor habe ich ihr den Gerichtssaal in Frankenthal gezeigt, bin dann mit ihrer zur Gerichtsverhandlung und habe währenddessen Blickkontakt mit ihr gehalten. Das hat sie offensichtlich sehr beruhigt und sie konnte eine Top-Aussage machen, die dazu beitrug, den Täter für sieben Jahre ins Gefängnis zu befördern.

??? Sie beschäftigen sich nicht nur mit Opferfällen, sondern halten auch Vorträge.
Heinz Hussy: Ja, zu unseren Aufgaben gehört auch, den WEISSEN RING nach außen zu tragen und bekannt zu machen: Darunter zählen zum Beispiel Präventionsvorträge oder die Beteiligung an Infoveranstaltungen wie der Sommertour der Polizei, wo wir mit unseren Infoständen vertreten waren. Vor der Pandemie waren wir außerdem an den Gesundheits- und Sicherheitstagen in Haßloch und Neustadt beteiligt.

??? Zu einer der jüngsten Erfindungen des WEISSEN RINGS zählt die No-Stalk-App. Was hat es damit auf sich?
Heinz Hussy: Wie bereits erwähnt ist das Thema „Gewalt an Frauen“ sehr präsent. In der Region gibt es viele Einrichtungen und Aktionen, die sich damit beschäftigen, wie Frauenhäuser, Frauenzentren, der Verein Frauen helfen Frauen in Not oder der Kriminalpräventive Rat, dem ich auch angehöre. Zur Palette der Gewalt gegen Frauen zählt auch das Stalking. Über unsere auf dem Smartphone installierte App können bedrohte Frauen mit einem Klick eine Video- oder Sprachaufnahme starten, Fotos oder Texte erstellen – je nach Situation. Jeder Eintrag kann mit einem persönlichen Kommentar versehen werden mit Angaben zum Ort, zu Zeugen oder weitere wichtige Infos. Mit dieser App haben wir jüngst den Google-Award gewonnen.

??? Sorgt der WEISSE RING auch für materielle Hilfe?
Heinz Hussy: Ja, vielen wissen nicht, dass wir ganz unbürokratisch und ohne längere Untersuchungen finanzielle Soforthilfen für die Opfer bereitstellen können. Zum Beispiel für Frauen, die von heute auf morgen ins Frauenhaus gehen und dann oftmals für eine Übergangszeit zwei Mieten stemmen müssen. Größere Beträge leistet der WEISSE RING nach Überprüfung der finanziellen Bedürftigkeit und steht zum Beispiel hilfreich zur Seite, wenn das Opferentschädigungsgesetz nicht greift.

Zur Person: Heinz Hussy. Jahrgang 1952, arbeitete 39 Jahre im Polizeidienst. Nach Stationen unter anderem bei der Bezirksregierung und der Autobahnpolizei verbrachte er seine letzten 21 Berufsjahre in Neustadt als Leiter der Führungsgruppe. Dem Stadtanzeiger war Hussy über viele Jahre hinweg vertraut als Pressesprecher der Polizei und kompetenter Ansprechpartner. Seit acht Jahre befindet sich Heinz Hussy in Pension und ist seitdem mit großer Leidenschaft ehrenamtlich beim WEISSEN RING tätig, seit sieben Jahre als Leiter der Neustadter Außenstelle.

Heinz Hussy   | Foto: Markus Pacher

Online-Adventskalender Türchen 8: 5 kleine Wochenblatt-Reporter Kalender 2024

Heute verlosen wir 5 Wochenblatt-Reporter Tischkalender für 2024. Die Kalender werden per Post versandt. Alle Gewinnermotive kann man sich hier anschauen:

Das sind die Gewinnerfotos für den Wochenblatt-Reporter Kalender 2024

Der Einsendeschluss für das Gewinnspiel ist heute, am 8. Dezember, 23.59 Uhr. Viel Glück!

Online-Adventskalender Türchen 8

Bitte beachten Sie unsere besonderen Teilnahmebedingungen für Gewinnspiele unter https://www.wochenblatt-reporter.de/s/agb
Die Teilnahme am Gewinnspiel ist kostenfrei. Im Gegenzug zur kostenfreien Teilnahme dürfen Ihre Daten zur Zusendung unseres redaktionellen Newsletters verwendet werden, Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b EU-DS-GVO. Möchten Sie den Newsletter nicht mehr erhalten, können Sie diesen jederzeit über die vorgesehene Abmeldemöglichkeit oder per E-Mail an widerruf@wochenblatt-reporter.de abbestellen. Beachten Sie bitte, dass in diesem Fall die Teilnahme am Gewinnspiel nicht möglich ist.
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Online-Adventskalender 2023: Heute öffnet sich Türchen Nummer 8 für euch | Foto: Wochenblatt Redaktion
Heinz Hussy   | Foto: Markus Pacher
Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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