Interview der Woche
Wein- und Kulturbotschafter Dietmar Schneider aus Neustadt
Von Markus Pacher
Neustadt. Zwar wohnt er erst seit dreieineinhalb Jahren in der Pfalz, aber die Liebe zu seiner Wahlheimat hat ihn dazu bewogen, einen 13-monatigen Qualifizierungslehrgang zum Kultur- und Weinbotschafter zu absolvieren. Wir sprachen mit Dietmar Schneider über sein unermüdliches ehrenamtliches Engagement für Neustadt und seine Leidenschaft für die Pfalz, für ihre Landschaft und ihren Wein.
??? Herr Schneider, wie wird man Weinbotschafter?
Dietmar Schneider: Eine gute Frage, aber da muss ich etwas weiter ausholen. Geboren und aufgewachsen bin ich in Bingen. Nach meinem Physik-Diplom habe ich vergeblich nach einem Job in der Pfalz gesucht und bin dann schließlich in Bremen gelandet, wo ich 37 Berufsjahre verbrachte. Grund für meinen Umzug in die Pfalz war meine jetzige Frau, die aus Bad Dürkheim stammt, sich weigerte zu mir nach Bremen zu ziehen und mich stattdessen bat, in die Pfalz zu kommen. Nach meiner beruflichen Altersteilzeit bin ich dann erstmal in ein Loch gefallen. Da kam mir der Hinweis auf den 13-monatigen Lehrgang genau recht. Und ich musste es nicht bereuen: Hier lernte ich alles über die Landschaft und den Wein von der Pike an kennen, beschäftigte mich mit Burgen und Schlössern, nahm an Exkursionen und Weinproben teil, sammelte Wissen über die Geschichte, die Klimatologie und die Geologie der Pfalz. Das fand ich alles sehr spannend, auch wenn leider irgendwann coronabedingt kein Präsenzunterricht mehr stattfand und wir online unterrichtet wurden.
??? Verbanden Sie Ihre Ausbildung mit einem bestimmten Ziel?
Dietmar Schneider: Zunächst war das eher eine „Just for fun“-Geschichte, bis ich schließlich auf die Idee kam, mein Wissen an Interessierte weiterzugeben und Führungen anzubieten.
??? Eine davon steht kurz vor der Premiere. Sind Sie schon aufgeregt?
Dietmar Schneider: Ja, schon ein wenig. Gemeinsam mit meinem Mitstreiter Eberhard Bergmann habe ich unter dem Titel „Wald-Wein-Wandern: Ein Rundwanderweg um Neustadt mit einem alten Ritter ohne Burg, einem kühlen Bier vom kalten Bach, einer feudalen Burg ohne Wolf und einem Weingarten ohne Mönch aber mit Vogelsang“ eine Wanderung konzipiert.
??? Das klingt ja sehr geheimnisvoll. Klären Sie uns bitte auf.
Dietmar Schneider: Also: Der Ritter ohne Burg ist unser berühmter Antarktisforscher Ritter Georg Balthasar von Neumayer, an dessen Denkmal im Afrikaviertel die Tour startet. Die feudale Burg ohne Wolf ist die Wolfsburg, Mönch und Vogelgesang spielen auf die zwei bekannten Neustadter Weinlagen an, wo die Tour endet. Insgesamt dauert meine Führung fünf bis sechs Stunden, darin inbegriffen einige Weinproben. So gibt’s gleich zum Auftakt der Tour am Neumayerdenkmal einen Secco, später dürfen sich die Gäste an einer Rieslingschorle laben, bevor zum Ausklang auf der Welsch-Terrasse eine Spätburgunder-Weinprobe stattfindet.
??? Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen?
Dietmar Schneider: Zum Ende des Lehrgangs muss man neben der erfolgreichen Teilnahme an den Klausuren auch eine Abschlussarbeit verfassen. Im Zuge der Neustadter Bewerbung zur Landesgartenschau 2026 hat man einen Rundweg präferiert. Das ist ja prima, dachte ich mir, den kann ich wunderbar in mein Konzept einarbeiten.
??? Außerdem engagieren Sie sich ehrenamtlich im Afrikaviertelverein. Was steht dort an?
Dietmar Schneider: Am Freitag ist der Afrikaviertel-Verein Gastgeber für die alljährliche traditionelle Antarktis-Aktion, wenn die Weinkiste für ihre Reise zur Neumayer-Station und ihren Transport mit dem Schiff „Polarstern“ vorbereitet wird. Zu diesem Schiff, das demnächst in Bremerhaven startet, habe ich übrigens eine besondere Beziehung, die mit meinem Beruf zusammenhängt. Dort habe ich nämlich Antennen eingebaut, die Schallwellen empfangen können. Dabei handelt es sich um eine Art Radaranlage, die unter Wasser funktioniert. Mit solchen sogenannten SONAR-Anlagen kann man exakt das Bodenprofil erfassen und selbst in großer Tiefe auf dem Meeresgrund befindliche Objekte orten.
??? Und welche Aufgaben übernehmen Sie im Wolfsburgverein?
Dietmar Schneider: Dort zeichne ich für das Archiv verantwortlich, das heißt, ich sammle alle digitalen und gedruckten Dokumente über die Wolfsburg. Dankenswerterweise hat mir Klaus Hünerfauth, der stellvertretende Leiter der städtischen Umweltabteilung, seine umfangreiche Dokumentensammlung zum Thema zur Verfügung gestellt. Am 5. und 7. September finden unter meiner Führung übrigens nach mehreren Jahren Pause erstmals wieder Burgführungen statt. Leider wurden in den letzten Jahrhunderten sehr viele Steine geklaut. Übrig geblieben ist nur noch ein Ruine. Darum werde ich bei meiner Führung, die am Hohfels startet, zunächst etwas über die Pfalz, den Pfälzer Wein und die Burgen im Allgemeinen erzählen.
Zur Person
Dietmar Schneider ist in Bingen geboren und aufgewachsen und hat nach seinem Studium 37 Berufsjahre als Physiker in Bremen verbracht. Die Liebe zu seiner Frau, zur Pfalz und den Wein hat ihn nach Neustadt verschlagen. Mit Georg-von Neumayer verbindet ihn vor allem das Interesse an der Wissenschaft. Als Wein- und Kulturbotschafter wird er künftig Führungen anbieten und sein umfangreiches Wissen an interessierte Besucherinnen und Besucher weitergeben. pac
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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