Filmabend mit Katrin Himmler im Roxy
„Wenn wir an ihrer Stelle gewesen wären, hätten wir wie sie werden können.“

Katrin Himmler und Kurt Werner bei der Gesprächsrunde | Foto: Alice Fuß/Gedenkstätte Neustadt
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Dieses Zitat von Tzvetan Todorov stellte Katrin Himmler ihrem 2005 erschienen Buch voran und es passte auch zum gestrigen Abend im Roxy Kino Neustadt. Der Verein Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt e. V. hatte Frau Himmler nach Neustadt eingeladen, um mit ihr über ihre Recherchen zur eigenen Familiengeschichte zu sprechen.
Im Gepäck für den bis zum letzten Platz besetzten Kinosaal hatte sie die Filmdokumentation des israelischen Regisseurs Chanoch Zeevi „Meine Familie, die Nazis und ich“, in welcher verschiedene Nachfahren großer NS-Täter zu Wort kommen.
Dies griff auch der Vorsitzende des Vereins, Kurt Werner, in seinem Grußwort auf: „Heinrich Himmler, Hermann Göring, Amon Göth - diese Namen erinnern ewig an die menschenverachtenden Verbrechen der Nazizeit. Eine Last, die ihre Nachfahren noch heute tragen.“ Genau diese Frage versuchte der Film für Katrin Himmler, Großnichte von Heinrich Himmler, Bettina Göring, Hermann Göring war ihr Großonkel, Niklas Frank, Sohn von Hitlers Statthalter im besetzten Polen Hans Frank, Rainer Höß, Enkel von Rudolf Höß und Monika Göth, die Tochter des Lagerkommandanten vom KZ Płaszów Amon Göth zu beantworten. Schnell wurde deutlich, dass alle porträtierten Nachfahren, für sich einen anderen Weg entwickeln mussten, um mit der Last des Namens und der Herkunft umzugehen. So entschied sich Rainer Höß den Weg der Buße einzuschlagen. Dazu reiste er mit einem Nachkommen von Holocaust Überlebenden nach Auschwitz und versucht seinen Beitrag in Form von Aussöhnung zu leisten. Für Niklas Frank, selbst noch Zeitzeuge aus der Zeit des NS, versucht, so formuliert er es im Film, „das Tabu des Durchbrechens der Elternliebe“ aufzuzeigen. Er, der noch lebhafte Erinnerungen an polnische Ghettos und das im Gegensatz luxuriöse Leben seiner Eltern hat, nutzt teilweise eine sehr derbe Sprache, um Distanz zu seinem Vater und seiner Mutter herzustellen, so verarbeitet er seine Erinnerungen an eine lieblose Kindheit. Bettina Göring lebt heute in den USA. Sie empfand ihren Namen immer als Last und sie wäre „gern niemand besonderes“ gewesen, aber dies war ihr in Deutschland nicht möglich, somit war ihre Lösung für sich eine große physische Distanz herzustellen, sie und ihr Bruder gingen sogar so weit, die „Linie der Görings“ durch Sterilisation zu beenden. Bei den Schilderungen von Monika Göth, die die wahre Geschichte über ihren Vater erst durch den Spielfilm „Schindlers Liste“ erfuhr, macht auch durch Sprache ihren Umgang mit der Familiengeschichte klar. So nennt sie ihre Eltern nur bei den Vornamen und vermeidet Bezeichnungen wie Mutter und Vater.
Für Katrin Himmler, dies machte sie auch insbesondere in der an den Film anschließenden Gesprächsrunde deutlich, war die Dokumentation und die Forschung zur eigenen Familiengeschichte ein gutes Instrument, um mit der Schwere des Familiennamens umzugehen: „Die Auseinandersetzung mit diesem Teil der Familiengeschichte empfand ich als Reinigung. Durch meine Forschung kann ich einen Beitrag zur Aufklärung und Bildung leisten.“ Anders als die anderen im Film zu Wort kommenden Nachfahren traf sie mit ihren Ergebnissen bei ihrer Familie auf Unterstützung und Dankbarkeit. Nach fast einer Stunde angeregter Diskussion waren alle Fragen der Anwesenden Kinobesucherinnen und -besuchern beantwortet und somit blieb dem Vereinsvorsitzenden nur noch, Frau Himmler für ihren Besuch und besonders ihre Offenheit zu danken.

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Autor:

Alice Fuß aus Neustadt/Weinstraße

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