Zahnarztgattin bei Otterberg im Auto verbrannt
Tod im Borgward
Mord. In dem brennenden Borgward sitzt die Frau des Otterberger Zahnarzts Dr. Richard Müller. Ansonsten gibt es in diesem Fall Mitte der 50er Jahre mehr Fragen als Antworten.
Der dunkelrote Borgward Hansa 1800 des Otterberger Zahnarztes Dr. Richard Müller stand auf der heutigen Landstraße L387 zwischen Birotshof und Otterberg und brannte lichterloh, auf dem Beifahrersitz saß die Frau des Zahnarztes Gertrud Müller. War an jenem Abend des 18. Februar 1954 der Katalytofen explodiert oder hatte Müller das Feuer gelegt? Lebte die Frau noch, als das Feuer ausbrach oder war sie bereits tot? Und warum war der 47-jährige Zahnarzt nicht im Auto? War er im Wald, um einen Igel zu suchen, wie er behauptete oder wartete er ab, dass seine Frau verbrannte? Viele Fragen bleiben offen bei diesem Fall.
Brennender Borgward war kein Verkehrsunfall
Kurz nach 22 Uhr war der Gendarmeriemeister Reinhard Gute in Otterberg vom Wirt des Birothofs alarmiert worden. Der Polizist ließ Feueralarm auslösen, zog sich an und fuhr mit seinem Motorrad zur Brandstelle. Er erkannte den Borgward des Zahnarztes, dass es sich nicht um einen Verkehrsunfall handelte und sah, dass eine Person auf dem Beifahrersitz verbrannte und schloss daraus, dass es sich um ein Verbrechen handelte. Den mittlerweile eingetroffenen Feuerwehrleuten befahl er, weder am Fahrzeug noch an der brennenden Person etwas zu verändern und keine Löschversuche zu unternehmen, und fuhr zum Birotshof. Von hier informierte er den Kreisgendarmeriechef telefonisch, damit dieser die Kriminalpolizei einschalte. Als die Spurensicherung am Morgen eintraf, war die Leiche fast komplett verbrannt, das Auto mehrfach berührt worden und um den Brandort alles zertrampelt. Wenn es Spuren gegeben hatte, waren sie zerstört.
Borgward Hansa wurde zum "Doktor-Müller-Wagen"
Bundesweit war dieser Fall in allen Blättern aufgerollt worden. Der Borgward Hansa hieß nur noch „Doktor-Müller-Wagen“. Auch „Die Zeit“ und „Spiegel“ berichteten. Allerdings war für diese beiden Zeitungen mehr der Prozess der Skandal als der Fall selbst. Vor allem der Spiegel nutzte den Prozess, um die Schwächen der damaligen Strafprozessordnung aufzuzeigen. Denn der Gendmeriemeister Gute hatte nicht nur auf ein Verbrechen geschlossen, für ihn war gleich klar, dass der Zahnarzt der Mörder war. Der hatte schließlich auch noch eine Affäre mit seiner jungen Sprechstundenhilfe. Für alle war klar, dass der Zahnarzt der Mörder ist. Und so wurde nur in diese Richtung ermittelt. Mehr noch: Zeugen wurden Aussagen in den Mund gelegt, manipuliert und Aussagen im Protokoll verfälscht. Der verdächtige Zahnarzt wurde angebrüllt und als „unsympathischer Zahnreißer“ beschimpft, statt ihn zu verhören.
Prozess um Dr. Müller war ein Skandal
Kapitalverbrechen wurden damals vor Schwurgerichten verhandelt, bei denen drei Berufsrichter und sechs Laien das Urteil fällten. Doch für die Laien, die aus dem Bezirk kommen mussten, wie für die Richter, die vor Prozessbeginn die Ermittlungsakten studierten, stand die Schuld des Zahnarztes von vorneherein fest. Nachdem ein Gutachter aussagte, die Frau sei vor dem Ausbruch des Feuers bereits tot gewesen, unternahm Richard Müller einen Selbstmordversuch. Da laut Strafprozessordnung der Prozess nur elf Tage unterbrochen werden durfte, war damit der Prozess „geplatzt“. Der Fall musste ganz von vorne verhandelt werden. Im zweiten Prozess kam ein anderer Gutachter zu dem Schluss, dass die Frau noch gelebt hatte. Schließlich verurteilte das Schwurgericht Kaiserslautern Müller im Juli 1956 auf sechs Jahre Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung. Das Gericht hatte eingeräumt ein Urteil gefällt zu haben, ohne zu wissen, was passiert war. Der „Spiegel“ nannte dies eine „Novität“ in der deutschen Strafprozessgeschichte. Richard Müller wurde im Dezember 1959 wegen guter Führung frühzeitig aus der Haft entlassen. [rko]
Autor:Dehäm Magazin aus Ludwigshafen | |
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