Roland Hely aus Philippsburg ist „Historischer Fechter“
„Ein Sport für Hirn und Muskeln“

Roland Hely in voller Montur | Foto: privat

Philippsburg. Roland Hely aus Philippsburg hat ein außergewöhnliches Hobby: In seiner Freizeit widmet sich der Fachschulungsreferent und Kundenbetreuer einer Versicherungsgesellschaft dem Historischen Fechten.Ein bisschen Ritterromantik, ein bisschen Musketier-Feeling, der Sport greift alte Waffentechniken aus früheren Jahrhunderten auf und belebt diese wieder. Eine Sportart die also schon viele hundert Jahre alt, aber in der heutigen Zeit nicht minder unbekannt ist. „Wochenblatt“-Redakteurin Heike Schwitalla sprach mit Roland Hely über sein ungewöhnliches Hobby, das er beim Polizeisportverein in Karlsruhe ausübt.
Was ist das für ein Typ, der sich für Historisches Fechten interessiert?
Roland Hely: „Im Prinzip ein ganz normaler Typ, der gerne Metal hört und mit Schwertern spielt“, grinst der 37-Jährige und sagt: „Mein Name ist Roland Hely, ich bin 37 Jahre alt, habe einen Sohn, mit dem ich in Philippsburg lebe. Ich arbeite als Fachschulungsreferent und Kundenbetreuer im Kundencenter einer Versicherungsgesellschaft. Im Jahr 2009 habe ich das historische Fechten mit dem langen Schwert für mich entdeckt und seit 2014 trainiere ich regelmäßig beim Polizeisportverein Karlsruhe. Seit einiger Zeit leite ich auch abwechselnd mit zwei anderen Personen das Training für unsere Teilnehmer. “
Wie bist Du zum Historischen Fechten gekommen?
Roland Hely: „Als Schreibtischtäter haben mir mein Körper und meine Waage irgendwann so 2008 oder 2009 signalisiert, dass es an Zeit wäre, mich irgendwie sportlich zu betätigen. Also habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was ich tun könnte. Der übliche Fitnessstudiobesuch ist da für mich von vorneherein ausgeschieden, das ist einfach nichts für mich. Irgendwie bin ich dann auf die Idee gekommen, dass es doch spannend wäre, irgendwas in Richtung Kampfsport mit Waffen auszuprobieren. Also habe ich angefangen, im Internet nach etwas Passendem zu suchen und bin dabei in Karlsruhe auf eine Schule für historische europäische Kampfkünste gestoßen. Dort war ich dann bis zur Neugründung der Sparte historisches Fechten beim Polizeisportverein.“
Seit wann gibt es die Sportart und wie ist sie entstanden?
Hely: „Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Im Prinzip gibt es nämlich nicht das historische Fechten. Der Begriff `Fechten` bezeichnet ursprünglich das Kämpfen im Allgemeinen und war nicht nur auf Blankwaffen beschränkt. Unter dem Sammelbegriff `Historische Fechter` könnte man im Prinzip alle Menschen betrachten, die daran arbeiten, eine Kampfkunst, die eine unterbrochene Tradition hat, anhand historischer Quellen wieder zum Leben zu erwecken.
Da es unzählige unterschiedliche Quellen, Waffengattungen und waffenlose Techniken gibt, gibt es auch kein einheitliches Bild des historischen Fechtens. Daher kann man auch kein konkretes Datum als Geburtsstunde der Sportart benennen. Mit Sicherheit kann man aber sagen, dass die Entwicklung der letzten 30 Jahre ohne das Internet nicht möglich gewesen wäre, da die Quellen durch den Einsatz engagierter Menschen, wie Dierk Hagedorn aus Hamburg, mittlerweile der breiten Masse zur Verfügung stehen.“
Wie viele Historische Fechter oder Vereine gibt es in Deutschland?
Hely: „Naja, eigentlich steckt das historische Fechten als Sportart immer noch in den Kinderschuhen. Seit 2014 gibt es in Deutschland den Deutschen Dachverband historischer Fechter (DDHF), der aktuell unter anderem an einer Trainerausbildung arbeitet. Der DDHF listet aktuell 34 Vereine und Interessengruppen in Deutschland. Darüber hinaus gibt es aber noch einige Vereine und Gruppierungen, die dem DDHF nicht oder noch nicht beigetreten sind, und kommerzielle Schulen. Sehr viele davon beschäftigen sich mit dem Fechten mit dem langen Schwert, aber auch das Rapier oder Einhandschwert und Buckler (ein kleiner Faustschild) sind gängig.“
Gibt es Wettkämpfe, wie laufen die dann ab?
Hely: „Ja, es gibt Wettkämpfe. In Deutschland gibt es bisher noch kein größeres Turnier, aber kleinere Turniere, die von einzelnen Vereinen ausgerichtet werden. Da die Sportart noch in den Kinderschuhen steckt, gibt es zumindest hierzulande aktuell keine einheitlichen Turnierregeln. Es gibt auch keine elektronische Trefferanzeige, insbesondere da man sich nicht nur vorwärts und rückwärts auf einer Bahn bewegt, sondern sich frei bewegen kann und je nach Regelwerk beispielsweise auch Würfe erlaubt sind.
Ich selbst habe bisher an zwei Wettkämpfen teilgenommen und jeweils bis ins Achtelfinale gekommen. Einmal beim offenen Fechtturnier, das von historisches Fechten Nordhessen in Kassel ausgerichtet wird, und beim Frühlingsfechten des Studios `Neues Fechten` in Dortmund.
Bei diesen Turnieren gab es eine Vorrunde, in der die Teilnehmer in Gruppen zusammengefasst werden. 16 Teilnehmer aus den Gruppen kamen in die K.O.-Runde, wo dann eben bis zum Finale gekämpft wurde. Die Kämpfe gehen auf Zeit, Erreichen einer bestimmten Trefferzahl oder einer Mischung aus beidem. In der Regel gibt es einen Hauptkampfrichter und mehrere Linienrichter, die einen Treffer sehen müssen, damit er gewertet wird. Da das alles innerhalb von Sekundenbruchteilen passiert, ist das oftmals gar nicht so einfach, so einen Kampf zu richten. Aktuell muss man sich vor jedem Wettkampf mit den dort geltenden Regeln vertraut machen.“
Was braucht man, um die Sportart auszuüben, für wen ist sie geeignet?
Hely: „Für den Einstieg reicht in der Regel erstmal einfache Sportkleidung. Erste sinnvolle Anschaffung sind dann normalerweise eine Fechtmaske mit Zusatzpolsterung und geeignete Schutzhandschuhe. Danach einen eigenen Waffensimulator - wir verwenden so genannte Fechtfedern aus Stahl.
Um an Turnieren teilnehmen zu können oder um sinnvoll Freikampf zu trainieren, benötigt man zusätzlich eine geeignete Fechtjacke. Häufig wird auch ein zusätzlicher Halsschutz, teilweise eine Fechthose verlangt. Sinnvoll sind zusätzliche Protektoren an den Beinen und Armen, ein Tiefschutz und ein Mundschutz, da dieser vor Gehirnerschütterungen schützen kann.
Im Prinzip kann bei uns jeder mitmachen, der körperlich dazu in der Lage ist, die 1,5 Kilogramm, die so eine Fechtfeder ungefähr wiegt, kontrolliert zu bewegen und ein Mindestmaß an Disziplin mitbringt. Sinnvollerweise sollte man mindestens 14 Jahre alt sein. Wir legen Wert darauf, dass unsere Teilnehmer rücksichtsvoll miteinander umgehen und es gibt keine Verpflichtung, an Turnieren teilzunehmen oder in den Freikampf zu gehen.“
Warum, wann hast Du dich für die Sportart entschieden, was macht die Faszination aus?
Hely: „Zu Anfang war der Gedanke `Cool, ein Schwert!“ maßgebend, der ist auch immer noch da. Das für mich wirklich besondere an der Sportart ist, dass es in den Vereinen und Interessengruppen nicht so dogmatisch zugeht, wie in anderen Kampfsportarten.
Es gibt hier sicherlich auch einzelne Personen, die der Meinung sind, die einzige Wahrheit zu kennen, aber insgesamt ist die Szene offen für neue Interpretationen der alten Texte und für neue Impulse.
Wochenendseminare und Workshops bei anderen Vereinen sind eine gute Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen und über den eigenen Tellerrand zu blicken. Für uns im Verein ist es wichtig, dass die Teilnehmer auch selbst hin und wieder an der Quelle arbeiten und nicht nur alles vorgekaut serviert bekommen, um ein besseres Verständnis der Kampfkunst zu bekommen. Vereinfacht könnte man sagen, dass das Besondere ist, dass es ein Sport für Hirn und Muskeln ist.

Weitere Informationen

Alles über die Sportart Historisches Fechten findet sich auf den Internetseiten des PSV Karlsruhe

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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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