Spontane Gesprächsangebote mitten in der Stadt
Auf der Zuhörerbank das Herz ausschütten
von andrea katharina kling-kimmle
Pirmasens. Jeder hat so seine Probleme. Mal voller Vertrauen sein Herz ausschütten, kann hilfreich sein – wenn es einen verschwiegenen Gesprächspartner gibt. Hier kommt die Zuhörerbank „Rastplatz“ ins Spiel. Ein Kooperations-Projekt von Caritas, Kirchen, Krankenhausseelsorge, Familienbildungsstätte und Nardini-Ordensfrauen. Ab 7. Mai kündigt eine bunte Beachflag irgendwo im Stadtgebiet die Aktion „Offenes Ohr für Bürger“ an.
Hier ist für jeden ein „Plätzchen frei“: Für alle Kooperationspartner ist es enorm wichtig, dass es sich um ein „niederschwelliges Angebot“ handelt, das allen Menschen offen steht, „egal aus welchem Stall sie kommen“, meint Björn Heinrich vom Caritas-Zentrum Pirmasens. Pfarrer Wolfdietrich Rasp von der Lutherkirche, für den das Projekt „auf Hoffnung gebaut ist“, nennt die Anonymität der hilfesuchenden Menschen sowie die Verschwiegenheit der kompetenten Gesprächspartner als ganz entscheidend für das Gelingen der Initiative. Mit der Idee der Zuhörerbank rannte Pastorin Christina Henzler von der evangelisch methodistischen Kirche auch bei Annette Martin von der Caritas sowie Susanne Dausend-Thomas von der katholischen Familienbildungsstätte offene Türen ein. Im Vorfeld hatte die Pastorin bei ähnlichen Aktionen in anderen Städten positive Erfahrungen gesammelt und dabei festgestellt: „Als Kirche müssen wir zu den Menschen kommen“. Bei einem Treffen aller Institutionen vor zwei Jahren im Horeb-Treff habe sich „eine bunte Gruppe zusammengefunden“, die ihren Anteil am „Rastplatz“ leisten wollen, berichtet Heinrich. Bei ihm laufen die Fäden der Kooperation zusammen.
Nun nahmen die Planungen konkrete Formen an. Beim Nardini-Wallfahrtstag der Pfarrgemeinde St. Pirmin am 7. Mai markiert erstmals die große Beachflag die Zuhörerbank in der Klosterstraße. Dann freut sich Schwester Roswitha, Oberin der Mallersdorfer Schwestern im Pirmasenser Konvent, auf Passanten, die ihr Herz ausschütten wollen. Sie hat im Vorfeld schon mal die Probe aufs Exempel gemacht und sich auf die Bank beim Stierbrunnen gesetzt: „Ich habe einfach nur die Menschen angelächelt und sofort ein Echo gefunden“. Deshalb gehe sie optimistisch die ganze Sache an. Das „freundliche Willkommen heißen auf der Bank“ nennt auch Susanne Dausend-Thomas „einen guten Einstieg in das Gespräch“. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass Bedarf besteht, denn viele haben heute keine Ansprechpartner mehr. Was früher in ihrer saarländischen Heimat als „maje gehe“ bezeichnet wurde, ist in der Anonymität der Städte verschwunden. Dabei sei es so wichtig „Schweres oder auch Freude zu teilen“. Doch dafür müsse man Zeit für den Gesprächspartner mitbringen. Für Gemeindereferent Marc Baiersdörfer von der Pfarrei Seliger Paul Josef Nardini, der in Vertretung von Ulrike Schwartz zur Projektvorstellung gekommen war, ist der Aspekt der Niederschwelligkeit ausschlaggebend. Jeder trage Sorgen und Ängste mit sich herum, scheue sich aber, auf Kirche zuzugehen. Doch mit dem Gesprächsangebot traue sich „Kirche zu den Menschen, ohne sich aufzudrängen“.
Wie Krankenhaus-Seelsorgerin Diana Lipps erklärt, habe sie gemeinsam mit ihrem katholischen Kollegen Bernd Adelmann vorgesehen, einmal wöchentlich im Außenbereich des Krankenhauses auf der Zuhörerbank Platz zu nehmen. Ob Patienten, Besucher oder Pflegepersonal – jeder, dem etwas auf der Seele brennt, kann sich aussprechen. Dagegen wird der „Rastplatz“ irgendwo in der Stadt mit einem der acht Hauptamtlichen an keinem festen Termin zu finden sein. „Wir wollen den Bürgern vor Ort - unabhängig von ihrer Herkunft oder religiösen Orientierung - spontan begegnen“, betont Björn Heinrich, der sich von diesem spannenden Pilotprojekt „neue Erfahrungen“ verspricht. Gerne möchte man auch Ehrenamtliche für die unkonventionellen Gespräche gewinnen, die durch spezielle Schulungen auf diese Aufgaben vorbereitet werden.
Wie Björn Heinrich erklärt, könne er sich vorstellen, durch die Veranstaltungsreihe ein Netzwerk aufzubauen, denn neben dem Zuhören wollen die Verantwortlichen bei Bedarf auch Hilfestellung geben. Etwa durch Vermittlung von wichtigen Rufnummern beispielsweise bei „Gewalt in der Familie“ oder Alkoholabhängigkeit. ak
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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