Forschungsstation Merzalben
Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Pfälzerwald

Was wird hier alles gemacht? Hans-Werner Schröck führt durch die Messstation in Merzalben. In den Rohren wird der Niederschlag gemessen, in den viereckigen Trichtern herabfallendes Laub und der Umfang der Stämme wird per Maßband ermittelt. | Foto: Tim Altschuck
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  • Was wird hier alles gemacht? Hans-Werner Schröck führt durch die Messstation in Merzalben. In den Rohren wird der Niederschlag gemessen, in den viereckigen Trichtern herabfallendes Laub und der Umfang der Stämme wird per Maßband ermittelt.
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Klimawandel in der Pfalz.Die Bäume stehen unter Stress. Drei heiße und vor allem trockene Sommer in Folge zollen ihren Tribut. Der aktuelle Waldzustandsbericht des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums lässt wenig Raum für Optimismus. „Der Anteil deutlicher Schäden erreicht mit 45 Prozent einen neuen Höchstwert im gesamten Beobachtungszeitraum“, steht darin. Besonders leidtragend ist die Fichte. Die Trockenheit und der Borkenkäfer haben ihr sehr zugesetzt. Bei uns im Pfälzerwald gibt es geschichtlich bedingt, anders als in der Eifel oder dem Westerwald, allerdings keine größeren reinen Fichtenwälder. Doch auch unsere Mischwälder haben zu kämpfen. Der Klimawandel ist da und lässt sich nicht leugnen. Aber: „Wir werden auch künftig Wald haben. Er wird sich allerdings ändern oder hat es zum Teil sogar schon getan“, sagt der Forstwissenschaftler Hans-Werner Schröck.

Von Tim Altschuck

Es ist ein nebelverhangener Dezembermorgen im Wald bei Merzalben. Hier und da liegt noch etwas Schneematsch und es ist feuchtkalt. In den Baumkronen zwitschern ein paar Vögel, ansonsten herrscht Stille. Winterwald-Idylle zwischen uralten Eichen und Buchen. Allerdings ist dieser Eichenwald kein Naturwald. Er entstand vor über 200 Jahren. „Ob die Eichen natürlich gewachsen sind oder gepflanzt wurden ist heute nicht so ganz klar“, erklärt Hans-Werner Schröck. Der Forstwissenschaftler arbeitet in der Zentralstelle der Forstverwaltung, der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz im Trippstadter Schloss. Er ist dort zuständig für Waldmonitoring und Umweltvorsorge. Sicher ist: „Die Eiche ist eine wichtige Baumart in unseren Wäldern. Solch große alte Eichenbestände gibt es sonst nur im Spessart“, sagt der Forstwissenschaftler. Dass es diese Eichenwälder gibt, habe auch einen geschichtlichen Hintergrund: So wurde der Wald in früheren Zeiten zum Eintrieb der Schweine genutzt Heute ist das Holz aufgrund seiner Furnierqualität für Möbel in ganz Deutschland bekannt.

Messung der Umweltfaktoren

Einen richtigen Urwald gibt es bei uns nicht, der Wald wird seit Jahrhunderten durch den Menschen beeinflusst. Heute geschützte Waldflächen können sich langfristig hin zu Urwäldern entwickeln“, erläutert er vor der Forschungsstation. Dieses eingezäunte Gelände ist eine „Versuchsanlage zum Schutz und zur Erhaltung gefährdeter Waldökosysteme“, wie ein Schild erklärt.
Und genau dieser, wenn auch menschengemachte, Eichen- und Buchenwald soll beobachtet werden. Daher wurde das Versuchsgelände hier auf einer Fläche von insgesamt sechs Hektar angelegt, auf dem umfassend und mit teilweise sehr einfachen Mitteln geforscht wird. Vom Durchmesser des Baumstammes bis hin zur Messung der Niederschlagsmenge, der Wasserqualität oder der Bodenfeuchtigkeit. Zahlreiche Indikatoren und Umwelteinflüsse auf das Wachstum des Waldes können von der Trippstadter Forschungsanstalt aus in Echtzeit verfolgt werden. „Klar, manche der elektronischen Messgeräte sind nicht gerade günstig, erleichtern uns aber die Arbeit“, erklärt Schröck. Und das ist aufgrund der dünnen Personaldecke sehr wichtig.

Wie sehen die Versuchsanlagen aus?

Schon vorm Betreten der Anlagen fällt auf, dass jeder Baum nummeriert ist. Sie sind mit Maßbändern versehen, die von einer Feder zusammengehalten werden. Die Maßbänder können also „mitwachsen“ und so kann ständig dokumentiert werden, in welchem Ausmaß der Baum gewachsen ist. Auf der Anlage selbst gibt es einige Bäume, deren Maße sogar elektronisch und in Echtzeit genommen werden. Die sogenannten Dendrometer, hochauflösende Messgeräte, unterstützen die Forscher. Mit ihnen kann das Wachstum ständig verfolgt werden, da sie jegliche Änderungen des Durchmessers registrieren. „Das ist für uns gerade im Sommer hilfreich. Denn der Stamm wird etwas dünner, wenn tagsüber das Wasser fehlt und nachts, wenn es feuchter ist, wird er wieder dicker. Das ist die Tag-Nacht-Kurve“, erklärt der Forstwissenschaftler.

Per Dendrometer wird der Durchmesser einiger Stämme elektronisch ermittelt. | Foto: Tim Altschuck
  • Per Dendrometer wird der Durchmesser einiger Stämme elektronisch ermittelt.
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Niederschlagsmenge messen und auswerten

Außerdem stehen einige Meter rechts und links von der Messhütte entfernt zahlreiche Rohre und viereckige Trichter. Mit den im Durchmesser von etwa 30 Zentimeter dicken Röhren wird die Niederschlagsmenge gemessen. In ihnen ist ein großer „Messbecher“. Sie werden in einem bestimmten Rhythmus geleert. Dann wird nicht nur gemessen, wie viel es geregnet hat, sondern anschließend auch, welche Qualität das Wasser hatte. 

An manchen Bäumen wurde um den Stamm eine "Regenrinne" mit Bauschaum geformt. Über einen Trichter gelangt auch hier das Wasser in einen Messbehälter. So wird geprüft, wie viel Wasser über den Stamm in den Erdboden sickert.

Wie viel Niederschlag gelangt über den Baumstamm in den Boden? | Foto: Tim Altschuck
  • Wie viel Niederschlag gelangt über den Baumstamm in den Boden?
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Laub, Frucht und kleine Äste landen im Trichter

Auch die Stoffmessung gehört zu den Aufgaben in der Forschungsstation. So kann der Ertrag an Nährstoffen errechnet werden, die durch das herabgefallene Laub, kleinere Ästchen oder eben die Früchte (Bucheckern oder Eicheln) zurück in den Waldboden gelangen. Die Behälter für Regenwasser und die Stoffmessung stehen in drei Reihen immer im Wechsel. Die Mitarbeiter können so immer Reihe für Reihe (siehe Bild oben) ablaufen. Das geht schneller und schont den Waldboden, da man nicht kreuz und quer gehen muss.

Wasserqualitätsprüfung in der Hütte

Die Qualität des Regenwassers verändert sich im Boden. Wichtig zu wissen ist, welche Inhaltsstoffe den Boden verlassen und letztendlich in das Grundwasser gelangen. Daher muss auch dies geprüft werden. Die Qualitätsprüfung des Wassers funktioniert über ein System, dass bereits 1986 installiert wurde und seither problemlos funktioniert. In der Hütte stehen zahlreiche beschriftete bauchige Glasflaschen, in die über Plastikschläuche das Wasser geleitet wird. Die Flaschen tragen dabei Nummern wie „16.10“, „16.60“ oder „16.115“. Die 16 stellt den Messpunkt dar, die Zahl hinter dem Punkt die Tiefe der Wasserentnahme in Zentimetern. Das Wasser wird dann auf seine Inhaltsstoffe geprüft. Denn es gibt noch eine Sache zu beachten. „Rechts der Hütte ist die Waldfläche ungekalkt und links wurde sie gekalkt“, erläutert Schröck.

Funktioniert schon seit 1986: Aus verschiedenen Tiefen wird das Grundwasser in die Flaschen gepumpt und dann auf seine Qualität geprüft | Foto: Tim Altschuck
  • Funktioniert schon seit 1986: Aus verschiedenen Tiefen wird das Grundwasser in die Flaschen gepumpt und dann auf seine Qualität geprüft
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Der Unterschied ist groß: Der Kalk ist keine Düngung wie in der Landwirtschaft. Er trägt dazu bei, dass die Bodenversauerung temporär nicht weiter voranschreitet und weitere Schadeinträge kompensiert werden. Dies stärkt das Ökosystem Wald, was mit zunehmender Klimaänderung von besonderer Bedeutung ist.
Außerdem gibt es eine Messstation direkt am Eingang, wo die Feuchtigkeit des Bodens gemessen wird. Diese Daten werden ebenfalls in Echtzeit übertragen. Beim Blick auf Schröcks Handy zeigt sich: „Es sieht in den oberen Bodenbereichen gut aus, denn es hat ja öfter geregnet. Je tiefer wir aber gehen, desto trockener wird der Boden aktuell“, sagt er.

Der Klimawandel und der Wald

„Vielleicht waren die drei warmen und trockenen Sommer in Folge ein Warnschuss zur richtigen Zeit“, befindet der Forstwissenschaftler. Denn so hätten noch einmal viele Menschen, auch Försterkollegen, gesehen, was aktuell mit unserer Natur geschieht.

„Der Wald kann so eine Trockenheit auch mal verkraften. Dreimal in Folge hinterlässt sie jedoch ihre Spuren.“ Und dass auch umweltpolitische Maßnahmen greifen können, habe sich in den 1980er Jahren schon einmal gezeigt. Damals sei immer vom „Waldsterben“ die Rede gewesen. Der Schwefelgehalt der Luft hatte den Bäumen schwer zu schaffen gemacht. Doch schnelle Maßnahmen in der Industrie, der Einbau von Katalysatoren in Autos oder bleifreies Benzin zeigten eine erstaunlich schnelle Wirkung.
Daraus solle man Hoffnung schöpfen. Notwendig erscheine eine Bewusstseinsänderung, weg von hemmungslosem Konsum hin zu verantwortlicherem Umgang mit der Natur. „Ich denke wir sind auf dem richtigen Weg – aber noch viel zu zögerlich“, meint Schröck.

Die Wälder werden sich ändern

Die Wälder in Rheinland-Pfalz werden sich ändern. Heute in tieferen Lagen dominierende Baumarten werden in höhere Lagen wandern. Das Holzwachstum der Bäume wird zurückgehen. Dies führt nicht nur zu einer geringeren Speicherung von CO2, sondern auch dazu, dass vermutlich mehr Holz aus anderen, deutlich weniger nachhaltig bewirtschafteten Wäldern wie in Rheinland-Pfalz importiert wird. Große Probleme seien in den heute wärmsten Regionen wie zum Beispiel der Rheinebene zu erwarten. Möglicherweise bekommen dort nahezu alle heute in größerem Umfang vorhandene Baumarten große Probleme. Dies könne man heute schon beobachten. „Aber den Wald wird es immer geben. Nur in anderer Form“, so Schröck. uck

Weitere Informationen: Das macht die Forschungsanstalt in Trippstadt

Die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz mit Sitz im Trippstadter Schloss hat ein umfassendes Aufgabengebiet. Sie ist zuständig für ganz Rheinland-Pfalz und eingegliedert in die Forstverwaltung. Ihre Aufgaben bestehen, resultierend aus den Forschungsergebnissen, aus der Beratung für die Forstverwaltung sowie Förster und der Beratung der Politik. Beim Umweltmonitoring werden Wald- und Bodenzustandsberichte erarbeitet Die Ergebnisse fliesen in verbindliche Richtlinien zur Humus- und Nährstoffschonenden Waldbewirtschaftung sowie ökosystemstärkenden Kompensationskalkung.

Die Biodiversität und natürliche Waldentwicklung wird anhand von Naturwaldreservaten erforscht. Außerdem werden seltene Baum- und Straucharten vermehrt, die dann wieder in den Wäldern von Rheinland-Pfalz gepflanzt werden. Auf Versuchsflächen wird das Waldwachstum erforscht. „Welche Bäume wachsen künftig wo?“, ist eine der zentralen Fragen die sich aktuell stellt. Ein Sonderprojekt zur Entwicklung von Eichen an trockenen Standorten im Vergleich zu feuchteren Standorten könnte Hinweise auf die künftige Entwicklung der Baumart während des Klimawandels geben. uck

Weitere Informationen: Bayrische Tradition - Warum die Fichte im Pfälzerwald "kein Thema" ist

Die Fichte ist im Pfälzerwald nicht so stark vertreten wie beispielsweise im Westerwald oder der Eifel, wo es große Fichtenmonokulturen gibt. Warum aber? „Das ist sozusagen eine bayrische Tradition“, erklärt Hans-Werner Schröck schmunzelnd. Da die Pfalz einst zum Königreich Bayern gehörte, gab es da auch beim Thema Waldbau große Einflüsse. Denn schon vor über 100 Jahren waren in Bayern Mischwälder, bestehend aus Buche, Eiche und Kiefer, gegeben. Und da es hier im Pfälzerwald recht arme Sandsteinböden gibt, wurde hier auch vermehrt die Kiefer angepflanzt. uck

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Autor:

Tim Altschuck aus Kaiserslautern

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