FVB.hilft auch nach Corona
Nominiert für den Deutschen Engagementpreis
Römerberg. Bundesweit 463 Personen und Gruppen können in diesem Jahr den Deutschen Engagementpreis gewinnen, davon kommen 46 aus Rheinland-Pfalz. Und eine kommt aus Römerberg. Im März 2020, zwei Tage nachdem die Bundesregierung den ersten Corona-Lockdown verkündet hat, war Andreas Ruhnke vom FV Berghausen mit dem Fahrrad unterwegs und hat dabei überlegt, wie der Verein den Menschen in dieser Ausnahmesituation helfen könnte. Auf dieser Radtour entstand in groben Zügen das Konzept von FVB.hilft.
Was zunächst als Corona-Hilfsaktion startete, hat sich - auch aufgrund der überwältigenden Resonanz auf die großen Aktionen zu Anfang - zwischenzeitlich zum Corona-unabhängigen Hilfsangebot entwickelt. Bis zu 100 Helfer gehören zu dem Netzwerk; etwa 90 Prozent sind Mitglieder des Berghausener Fußballvereins. Auch heute noch holt die Organisation Rezepte beim Arzt oder Medikamente aus der Apotheke ab und geht für an Corona Erkrankte einkaufen. Doch schon früh stand für die Verantwortlichen fest, dass sie auch nach der Pandemie weiter helfen wollen. Die Nachfrage ist groß. Hauptsächlich sind es ältere Menschen, die Unterstützung brauchen. "Wir helfen unabhängig von Herkunft, Religion oder Staatsangehörigkeit. Für uns spielt es auch keine Rolle, ob die Person, die wir unterstützen, Mitglied in unserem Verein ist oder nicht", sagt Ruhnke.
"Wir helfen überall da, wo unsere Hilfe gebraucht wird"
Auf einem Wohnungsportal bringt FVB.hilft Anbieter und Wohnungssuchende zusammen. Die Helfer haben Fahrdienste zu Impfzentren organisiert und unterstützen viele Geflüchtete aus der Ukraine, organisieren Kleidung, Kochgeschirr und Möbel und kümmern sich um den Transport. "Wir helfen überall da, wo unsere Hilfe gebraucht wird", bringt es Andreas Ruhnke auf den Punkt. Und diese Hilfe beschränkt sich längst nicht nur auf die unmittelbare Nachbarschaft in Römerberg. Auch in Speyer, Dudenhofen, Harthausen oder Lingenfeld wurden die Berghausener Helfer schon tätig. Nur eines wollen sie nicht: in Konkurrenz zu Gewerbebetrieben treten. Also prüfen die Verantwortlichen gründlich, ob sie helfen können, aber auch, ob sie helfen wollen, weil derjenige, der um Hilfe bittet wirklich zu alt, zu krank oder zu bedürftig ist, um sich selbst zu kümmern.
Wie etwa bei der älteren Dame, die ihre Wohnung in Speyer nicht mehr verlassen und sich innerhalb ihrer vier Wände nur noch mit Rollator bewegen konnte. Ihr Tor zur Außenwelt: der Balkon. Doch wegen einer 18 Zentimeter hohen Schwelle kam die Frau nicht mehr nach draußen. Ganz nach seinem Motto "Wir helfen, wir unterstützen, wir finden Lösungen" hat FVB.hilft den Balkonboden angehoben. Jetzt kommt die Frau wieder raus und rein, kann auf ihre Art am Leben teilhaben. "Die Frau hat vor Glück geweint - sowas bleibt einem im Gedächtnis", sagt Ruhnke, der sich auch gerne daran erinnert, wie die Helfer zu Beginn der Pandemie kostenlos 3.000 Masken und 500 Liter Desinfektionsmittel verteilt und das St. Vincentius-Krankenhaus mit Stoffmasken versorgt haben. Das Konzept von FVB.hilft sei eigentlich ganz simpel - und könnte von vielen Vereinen nachgeahmt werden, glaubt Ruhnke. Unter den rund 600 Mitglieder des FV Berghausen seien nahezu alle Berufsgruppen vertreten - und damit automatisch auch sehr viele Möglichkeiten, anderen zu helfen. Die Belastung des Einzelnen bleibe dabei überschaubar.
"Die meisten können sich gar nicht vorstellen, welche Probleme ihr Nachbarn haben", weiß Andreas Ruhnke. Gerade für Senioren ohne Angehörige fehle es an staatlicher Unterstützung. "Viele ältere Menschen sind auf sich allein gestellt", so die Erfahrung der Helfer aus Berghausen. Mehrfach hat die Organisation bereits beim Medizinischen Dienst um eine Pflegestufe für Senioren in der Region gerungen. Ruhnke, der eigentlich eng mit der öffentlichen Verwaltung zusammenarbeitet, sieht hier eine enorme Lücke im Sozialstaat: "Das ist so ein großer Aufwand und so wichtig am Lebensabend, ich frage mich: Wer macht das, wenn keine Angehörigen da sind?"
"Wer uns nicht kennt, dem können wir nicht helfen"
Der Verein hat dafür gesorgt, dass die Initiative inzwischen sehr bekannt ist - auch außerhalb von Römerberg. Mit Plakaten, Visitenkarten, Flyern und Buttons. "Wer uns nicht kennt, dem können wir nicht helfen", stand für Ruhnke von Anfang an fest. Und auch, wenn das Helfen im Vordergrund steht und nicht die Ehrungen, so haben doch etliche Preise zur Bekanntheit der Berghausener Fußballer beigetragen: Ehrenamtspreis 2022 des Rhein-Pfalz-Kreises, Stern des Sports des Deutschen Olympischen Sportbundes, Auszeichnung des Südwestdeutschen Fußballverbandes und die Sepp-Herberger-Urkunde des DFB.
Jetzt ist FVB.hilft also für den Preis der Preise des freiwilligen Engagements nominiert und hat die Chance, einen der fünf Jurypreise oder den Publikumspreis zu erhalten. Anfang September wird die Jury über die Preisträger in fünf Kategorien entscheiden. Die Jurypreise sind mit jeweils 5.000 Euro dotiert. Alle anderen haben dann die Chance, zwischen dem 8. September und dem 19. Oktober auf Stimmenfang zu gehen, um den Publikumspreis und damit 10.000 Euro Preisgeld zu gewinnen. Alle Gewinner werden am 1. Dezember zur Preisverleihung in Berlin verkündet. Initiator und Träger des seit 2009 vergebenen Deutschen Engagementpreises ist das Bündnis für Gemeinnützigkeit, ein Zusammenschluss von großen Dachverbänden und unabhängigen Organisationen des Dritten Sektors sowie von Experten und Wissenschaftlern. Förderer sind das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Deutsche Fernsehlotterie und die Deutsche Bahn Stiftung.
Weitere Informationen
Andreas Ruhnke
Telefon: 0163 6314860
E-Mail: fvb.hilft@gmail.com
Web: www.fvberghausen.de/abteilungen/fvb-hilft/
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