-Ein kritischer Einwurf-
Stadtradeln – Wie eine urbane Aktion nun auch auf dem Lande wirkt
VG Römerberg-Dudenhofen / Rhein-Pfalz-Kreis und drumherum. Zugegeben: Gemessen daran, dass in Deutschland knapp 60% der Bevölkerung in Gemeinden unter 50.000 Einwohnern lebt ist der Name der Klimaschutz-Aktion „Stadtradeln“ werbetechnisch recht ungeschickt gewählt, denn Klimaschutz endet bekanntlich an keiner Stadtgrenze. Dennoch: Nicht nur Städter*innen können/sollen im Rahmen dieser bereits im Jahr 2008 initiierten deutschlandweiten Kampagne kräftig in die Pedale treten, bei der es um Minderung des motorisierten Verkehrs auf unseren Straßen, eine klimaverträgliche Mobilität (CO2 Vermeidung), Gesundheitsaspekte und mehr Lebensqualität für uns alle geht.
Und wer denkt, dass das „Klima-Bündnis“ parteipolitisch angehaucht sei, der irrt, denn schon vor 30 Jahren - also auch weit vor Zeiten der Fridays for Future Klimaaktivisten - hat sich der global tätige, gemeinnützige Verein mit Sitz in Frankfurt/Main als großes Netzwerk von rd. 1.800 europäischer Kommunen (Deutschland = rd. 530) in Partnerschaft mit indigenen Völkern entwickelt, das lokale Antworten auf den globalen Klimawandel geben möchte.
Und so werben auch in diesem Jahr – trotz Corona – viele Gemeinden wieder die Werbetrommel fürs Radfahren. Die Bürger werden aufgefordert und motiviert, das Auto stehen zu lassen und zum Wohl des Klimaschutzes auf das Fahrrad, Pedelec oder E-Bike umzusteigen. Die gefahrenen Kilometer werden gezählt und auf dem Projektportal im Internet gemeldet oder über die Stadtradeln-App auf dem Mobiltelefon.
In vielen Städten der Region hat sich die weltgrößte Radkampagne als jährliches Sommerspaß-Event für Jung und Alt etabliert. Das Strampeln fürs Klima und die geradelten/gesammelten Kilometer hat sich zwischenzeitlich gar zu einem den Gemeinschaftssinn fördernden Wettstreit unter Kommunalparlamentariern, örtlichen Organisationen/Initiativen, Firmen, Schulen, Vereinen, Privatteams entwickelt. Als 10. Kommune im Rhein-Pfalz-Kreis nimmt nun auch die Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen in der Zeit vom 30.08. bis 19.09.2020 erstmalig an diesem „Wettbewerb“ teil; mit derzeit 19 angemeldeten Teams (Stand 9.8.20) ist das momentan ein Spitzenplatz unter den teilnehmenden Kommunen im Landkreis.
Es irritiert jedoch ein wenig, warum einige der teilnehmenden Kommunen (so auch die VG Römerberg-Dudenhofen) nicht auch die vom Klimabündnis angebotene (integrierte) RADar!-App bewerben, da über diese Meldeplattform alle an der Radelaktion teilnehmenden Personen zugleich den Zustand (z.B. störende und gefährliche Stellen) und Nadelöhre des bestehenden Radwegenetzes einfach und unmittelbar an die Kommunalverwaltung melden können. Die Stadtradel-App stellt insoweit auch ein optimales Planung- und Bürgerbeteiligungsinstrument dar, aus dem wertvolle Informationen zum Ausbau des innerörtlichen Radwegenetzes und/oder eines fahrradfreundlichen Umfeldes innerhalb einer Kommune abgeleitet werden können. Schade, dass die örtliche Kommunalpolitik offensichtlich eine direkte, sicherlich auch kritische Auseinandersetzung über die vorhandene, oft besorgniserregende Infrastruktur scheut, überwiegend wohl nur den Symbolcharakter und Spaßfaktor an der Stadtradel-Aktion sieht, einen wichtigen Nachhaltigkeitsaspekt verkennt und dabei auch die Chance zu einem aktiven partizipativen Diskurs mit der Bürgerschaft verpasst.
Aktionen wie das "Stadtradeln" sind gut gemeint und auch sinnvoll; es darf aber nicht nur beim schönen, öffentlichkeitswirksamen Green Marketing bleiben. Damit die Verkehrs-/Mobilitätswende gelingt, kommt es vor Ort hauptsächlich auch auf entschiedenes, schnelles Handeln durch die politisch Verantwortlichen an.
Autor:Clemens Keller aus Römerberg-Dudenhofen |
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