Geheimnisvolle Heimat
Geschichte mit Gruselfaktor und Unterhaltungswert: Unterwegs mit dem Leimersheimer Nachwächter

Nachtwächter Paul Fischer berichtet aus der Geschichte von Leimersheim | Foto: Heike Schwitalla
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Leimersheim. Sie sind schon lange Geschichte, die Nachtwächter von Leimersheim. Ihr Beruf war über viele Jahrhunderte für die Dörfer von essenzieller Bedeutung - und dennoch schlecht bezahlt. Bis zum 1. April 1914, als sie ihren letzten Wachgang durch das Fischerdorf antraten, war es auch in Leimersheim  die Aufgabe der Nachtwächter, die Einwohner vor Feuer, Hochwasser, Dieben und anderen Katastrophen zu warnen. Und weil ihr Job so schlecht bezahlt war, betätigten sie sich meist nebenbei noch als Totengräber und Abdecker - erfährt man gleich zu beginn der Nachtwächterführung des Förderkreises für Heimat- und Brauchtumspflege.
Mit Paul Fischer, dem heutigen Leimersheimer "Hobby-Nachtwächter", gehen rund 20 Interessierte auf eine rund 90-minütige Nachtwanderung durch Leimersheim.
Mit Hellebarde und Laterne ausgestattet wartet er schon am Treffpunkt. Los geht es beim Heimatmuseum Fischerhaus in der Unteren Hauptstraße, von dort aus führt die Tour auf einem Rundweg durchs Dorf. Beim Wachthäusel etwa gibt es einen Einblick in das Leben der Nachtwächter aber auch in die Arrestzelle, wo so mancher Schurke noch im 19. Jahrhundert die Nacht eingesperrt verbringen musste. Aber auch Ernstes aus der Dorfgeschichte wird den Teilnehmern vermittelt - etwa beim Gedenken an die im Nationalsozialismus verschleppten und getöteten Leimersheimer Juden, dort wo einst die Synagoge gestanden hat.

Tour durchs nächtliche Leimersheim - mit vielen illustren Gästen

Waschfrauen, Marketenderinnen, Messdiener, Burgfrau, Schlossgespenster, Auswanderer begleiten die Teilnehmer auf ihrem Spaziergang - berichten aus ihrer Sicht Geschichte, Anekdoten, Tragisches, Lustiges und Wissenswertes - verschwinden so schnell, wie sie aufgetaucht sind. So erfährt man allerlei über die Leimersheimer Dorfgeschichte: Über die Geschäfte, das älteste Gasthaus am Ort, die Schifffahrt und die Landwirtschaft, den Glauben und die Politik. 
Wir erfahren etwa, dass der Schiffer- und Fischerverein  der erste Verein am Ort war. Gegründet von ortsansässigen Binnenschiffern, unterstützte er die Hinterbliebenen verunglückter Schiffer. Und das sei auch bitter nötig gewesen: Denn auf den Schiffen bevorzugte man dereinst Mitarbeiter, die nicht Schwimmen konnten, da diese im Falle einer Notsituation nicht einfach "von Bord gehen" konnten, sondern bis zuletzt -  auch im eigenen Interesse - versuchten, das Schiff zu retten. So waren Unfälle und Unglücke in dieser Branche nicht selten.
In diesen Zusammenhang passt auch die spannende und tragische Geschichte der Leimersheimer Schmuggler - deren Kreuz noch heute auf dem Friedhof zu finden ist. Man erfährt, wo in Leimersheim einmal eine Wasserburg gestanden hat, besucht, die Arbeitsplätze der Waschfrauen, hört vom Weidenanbau und der Korbmacherei und begegnet einem Auswanderer, der Armut und Leid in der Südpfalz satt hat und sich - obwohl damals verboten - im 19. Jahrhundert auf den Weg nach Amerika macht. Das haben, so berichtet der gut Nachtwächter, damals viele so gemacht. Rund ein Drittel der Leimersheimer Bürger sind damals nach Amerika ausgewandert. So führt der 90-minütige Rundgang durch Dorf am Rathaus vorbei wieder zurück zum Fischerhaus. Dort, am Heimatmuseum klingt der unterhaltsame Abend gesellig aus.

Auf den Geschmack gekommen? 

Der Verein für Heimat- und Brauchtumspflege bietet auch im Dezember noch eine Nachtwächterführung an. Und zwar am Samstag, 3. Dezember, um 19 Uhr, am Heimatmuseum Fischerhaus, Untere Hauptstraße 42
Telefonische Anmeldung (verpflichtend!)
bei Nachtwächter Paul (07272 75137) oder bei Burgfräulein Gerda (07272 4529)




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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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