Fledermäuse in der Südpfalz
Kein Beleg für Übertragung von SARS-CoV2
Rülzheim. Zu Halloween ist sie allgegenwärtig: die Fledermaus. Zu Dekorationszwecken heißgeliebt, kämpft das fliegende Säugetier ansonsten mit zahlreichen Vorurteilen. Mit der Corona-Pandemie ist das nicht besser geworden. Denn hartnäckig hält sich das Gerücht, Fledermäuse seien der Ursprung des Coronavirus SARS-CoV-2. Auch Fledermaus-Botschafter Wolfram Blug aus Rülzheim sieht sich bei seinen Exkursionen manchmal mit dem Vorurteil konfrontiert, Fledermäuse seien wahre Virenschleudern.
"Eine Übertragung direkt auf Menschen ist nur für Tollwut nachgewiesen - und davor kann man sich schützen", stellt Blug klar. Der NABU unterstreicht in einem Hintergrundpapier zum Zusammenhang zwischen Fledermäusen und Coronavirus: "Einheimische Fledermäuse sind nicht mit SARS-CoV2 infiziert und können daher einen Menschen auch nicht mit Covid-19 anstecken." Insgesamt sei eine Übertragung von SARS-CoV2-ähnlichen Viren aus Fledermäusen direkt auf Menschen sehr unwahrscheinlich und noch nie nachgewiesen worden.
Vielmehr seien bei der Übertragung SARS-ähnlicher Coronaviren auf den Menschen nach bisherigen Erkenntnissen immer Zwischenwirte wie Nutz- oder andere Wildtiere sowie Mutationen des entsprechenden Virus im Spiel gewesen. Das Virus habe sich wahrscheinlich schrittweise - erst in einer weiteren Tierart und nach der Übertragung auf den Menschen dann im Menschen selbst - so verändert, dass es Covid-19 auslösen konnte und die Übertragung der Krankheit von Mensch zu Mensch möglich wurde.
Selbst das mit SARS-CoV-2 verwandte Virus Bat-CoV-RaTG13, das bei einer chinesischen Fledermausart aus der Familie der Hufeisennasen nachgewiesen wurde, sei nicht auf den Menschen übertragbar. Dieses Virus könne nicht in menschliche Zellen eindringen. In Europa leben Fledermäuse seit Jahrhunderten sehr nahe bei Menschen, ohne als Krankheitsüberträger eine Rolle zu spielen.
Wenn Wolfram Blug die Fledermäuse, die bei ihm in Pflege sind, auf die Hand nimmt, um sie zu füttern, zu tränken oder ihnen ein paar Streicheleinheiten zukommen zu lassen, dann schützt er sich mit Handschuhen oder einem Tuch. Gegen Tollwut ist er geimpft, auch wenn in den vergangenen 25 Jahren gerade mal ein Fall bekannt geworden ist, in dem es in Rheinland-Pfalz eine Übertragung der Tollwut vom Tier auf den Menschen gegeben hat. "Ich bin nicht sorglos, aber das Risiko, gesundheitlichen Schaden zu erleiden, ist zigfach höher, wenn ich in ein Auto steige", sagt er.
Der 64-jährige Elektroingenieur, der inzwischen an der Montessori Schule in Landau Informatik unterrichtet, ist fasziniert von der Fledermaus - und gibt diese Begeisterung seit 2012 als Fledermaus-Botschafter gerne an andere weiter. Auch an seine Schüler. Anfangs begeisterte ihn vor allem, was die Tiere technisch alles drauf haben, inzwischen hat er auch ihr soziales und emotionales Potenzial zu schätzen gelernt. "Je nach Art gibt es durchaus Fledermäuse, die es genießen gestreichelt und getröstet zu werden", ist seine Erfahrung.
Im Dunkeln fliegen ohne anzustoßen. Bei der Jagd die Herzfrequenz auf 1.100 Schläge hochjagen. Sich vorm Winter auf das Dreifache des eigentlichen Gewichts hochfuttern, um dann bis zu einem halben Jahr zu ruhen. Wolfram Blug könnte stundenlang von seinen Lieblingstieren erzählen. Als Fledermaus-Botschafter hat er eine Ausbildung beim NABU gemacht, war aber auch schon im Rahmen seiner Tätigkeit im Arbeitskreis Fledermausschutz Rheinland-Pfalz an wissenschaftlichen Studien beteiligt. Für ihn steht fest: "Im nächsten Leben werde ich Biologe."
Größter bisheriger Triumph des Naturschützers: 2017 hat er mit einer Gruppe von Mitstreitern und Fledermausbiologen als Erster in der Südpfalz eine Wochenstube der Wimperfledermaus nachgewiesen. Das war für ihn ein spannendes Abenteuer: Von Bau und Aufstellen der Horchbox in einem Kuhstall in Freckenfeld über das Ausstatten eines Weibchens mit einem Minisender, daran anschließend nächtliche Verfolgungsjagden bis hin zum Aufstöbern der Weibchen und ihrer Jungen in einer Scheune in Schaidt.
Blugs neuestes Projekt: Auf einem ehemaligen Schießplatz nördlich von Insheim soll ein Winterquartier für Fledermäuse entstehen. Im ehemaligen Zielzonengang – das ist eine 129 Meter lange und etwa zwei auf zwei Meter breite, im Boden eingelassene Betonröhre – sollen die Tiere künftig ungestört überwintern können.
Ohne passende Bleibe, in denen Fledermäuse ihre Jungen aufziehen, überwintern oder "in Ruhe abhängen" können, ist ihr Überleben bedroht. Schon jetzt stehen Fledermäuse in ganz Europa unter strengem Schutz. Wer den Tieren dauerhaft ein sicheres Zuhause geben möchte, der findet hier nähere Informationen oder meldet sich einfach per Mail an Fledermaus@NABU-RLP.de beim NABU Rheinland-Pfalz. Informationen zum Fledermausschutz speziell in der Südpfalz gibt es beim Naturschutzverband Südpfalz.
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