Team31 organisiert in Schifferstadt ehrenamtliche Sprachlernbegleitung
Damit die Sprachbarriere ein bisschen niedriger wird
Schifferstadt. So unterschiedlich ihre Geschichten auch sind, die Menschen, die sich samstags in der Mutterstadter Straße 20 beim Verein Team31 einfinden, haben eines gemeinsam. Sie wollen Deutsch lernen. Dass das für Erwachsene nicht gerade ein leichtes Unterfangen ist, liegt auf der Hand, zumal hinter jedem Schüler hier schon bewegte und oft dramatische Lebenszeit liegt.
Sie kommen hier im ersten Stock jeden Samstag von 10 bis 12.30 Uhr zusammen, um sich mit ihren ehrenamtlichen Sprachlernbegleitern auf die Deutschprüfung B1 vorzubereiten. „Rund 50 Prozent der Prüflinge fallen beim ersten Mal durch“, weiß Carolin Kremer, eine von derzeit vier ehrenamtlichen "Lehrern" im Team31. „Grund zusätzlich zum Kurs zu üben gibt es also auf jeden Fall“, sagt die Volkswirtin.
„Wir suchen dringend weitere Ehrenamtliche, da wir sonst Probleme haben, den Unterricht wirklich jede Woche anzubieten“, berichtet sie. Deutschlehrer müsse man nicht sein, eine gewisse Liebe zur Sprache sei aber durchaus hilfreich. „Was man am dringendsten braucht, ist das Interesse an den Menschen, der Wille, sich auf die Schüler hier einzulassen. Ihre Geschichten, ihr Schicksal, ihre Wünsche und Träume sind ein großer Teil unseres Unterrichts hier." Idealerweise sollte zu zweit unterrichtet werden, die Niveaus der einzelnen Schüler seien nämlich sehr unterschiedlich, erzählt sie. "Das können wir aber leider nicht immer leisten, deshalb suchen wir dringend weitere Lernbegleiter."
Ganz neu anfangen - die Grundlagen der deutschen Sprache
Das wird in der Stunde schnell deutlich: Vor Carolin Kremer sitzen drei Männer, auf dem Tischen haben sie Stifte, Hefte und Bücher. Sie alle haben die Hoffnung, in Deutschland Fuß zu fassen, hier zu arbeiten, mit ihren Familien in Schifferstadt eine neue Heimat zu finden. Grundvoraussetzung: die Sprachprüfung, für viele jedoch eine schier unüberwindbare Hürde.
Emad ist Tierarzt und kommt aus Ägypten. Er ist ehrgeizig, besucht den Samstagsunterricht, um möglichst schnell durch die verschiedenen Deutschprüfungen zu kommen. Ich möchte in Deutschland noch einmal studieren, dann wieder als Tierarzt arbeiten. „dafür braucht er mindestens die C1-Prüfung - das wäre Universitätsniveau, C2 bedeutet in etwa ein muttersprachliches Wissen“, weiß Caroline Kremer. Im Moment kämpft Emad noch mit den Basics. B1: Das heißt einfache Konversation, kurze Briefe schreiben, so genannte Planungsaufgaben, in denen die Prüflinge gemeinsam Aktivitäten planen, Abläufe erarbeiten, sich besprechen.
„Meine Tochter ist acht und geht seit ein paar Monaten hier in Schifferstadt in die Grundschule. Sie kann schon viel besser Deutsch als ich, lernt viel schneller“, sagt Emad. Obwohl er gerne liest und auch sonst sehr motiviert ist, fällt ihm das Sprechen in der fremden Sprache noch schwer. Zuhause reden er und seine Frau nur Arabisch, auch die meisten seiner Bücher sind auf Arabisch. Er weiß, er muss mehr Deutsch sprechen, deshalb kommt er zusätzlich zum Unterricht am Samstag.
Sprechen kann Auliyakhan auf Deutsch schon recht gut, er hat Probleme mit Büchern, mit dem Lesen und Schreiben - auch in seiner Muttersprache, das gibt er offen zu. In Afghanistan war er Rettungssanitäter, das würde er auch in Deutschland gerne machen. Aber er weiß, um medizinische Zusammenhänge zu verstehen und Patienten auch erklären zu können, muss er viel besser Deutsch können. Er lebt bei einer deutschen Familie, die viel mit ihm spricht, auch bei seiner Arbeit würde er gerne Deutsch lernen. „Aber da sprechen alle türkisch“, lacht er. Mir fällt es leichter, beim Sprechen und Zuhören Deutsch zu lernen, ich bin nicht so der Typ für Bücher“, sagt er. Dementsprechend kurz fällt sein samstäglicher Übungsbrief als Antwort auf eine Wohnungsanzeige auch aus. 80 Worte sollen sie schreiben, rund 40 sind es geworden. „Das muss mehr werden“, ermuntert ihn Carolin Kremer freundlich, aber bestimmt. „Du musst Dir notieren, welche Punkte in dem Brief vorkommen müssen und sie dann alle abarbeiten“, rät sie ihm und korrigiert sein Schreiben. Es wird deutlich, mehr als das perfekte Deutsch sind es die Grundbegriffe, die hier gefragt sind und erlernt werden – etwa, wie rede ich wen an, wie stelle ich mich selbst vor, was bedeutet das Wort Einzugstermin. Die Briefaufgaben sind aus dem Leben gegriffen, Ziel ist es schließlich, selbständig in Deutschland zurecht zu kommen, auch im Kontakt mit den Ämtern. „Der ist hier ja schon oftmals ganz anders als in ihren Heimatländern, bei uns schreibt man eben gerne“, weiß Heinrich Schmith, ein Pastoralreferent, der sich seit 2014 in der Flüchtlingshilfe engagiert und seit 2018 samstags Unterricht gibt.
Große Träume und die Angst vor dem Scheitern
Amin hingegen ist mit seiner Frau und seinem Sohn erst wenige Monate in Deutschland, dementsprechend steht er noch ganz am Anfang des Deutschunterrichts. Der Optiker ist motiviert, denn er will so schnell wie möglich wieder in seinem erlernten Beruf arbeiten. „Das mache ich seit 20 Jahren, im Iran hatte ich mein eigenes Geschäft“, erzählt er. Er weiß, dass Optiker in Deutschland gesucht sind, bisher traut er sich aber nicht, in Unternehmen vorzusprechen. „Dafür möchte ich erst besser Deutsch lernen, damit ich auch mit den Kunden und den Chefs sprechen kann“, sagt er. Ähnlich ist es bei Rahaf, sie ist 27 Jahre alt und kommt aus Syrien. Die junge Frau würde gerne eine Ausbildung zur Frisörin machen, ist aber bereits zum zweiten Mal an der B1-Prüfung gescheitert. Aber sie ist motiviert. „Ich mache jetzt noch einen Kurs in Speyer. Und wenn ich zehnmal in die Prüfung muss, ich will das unbedingt schaffen, deshalb komme ich auch regelmäßig hier her und lerne“, sagt sie und weiß, nur mit Deutschkenntnissen hat sie eine Chance, in ihrem Traumberuf zu arbeiten. Die Prüfung sei schwer, vor allem das Briefschreiben und das Hörverstehen, außerdem irgendwann auch sehr teuer, denn schaffen den Schüler die Prüfung nicht, müssen sie im schlimmsten Fall die Kosten irgendwann selbst tragen. „Das ist viel Geld, daher will ich es unbedingt dieses Mal schaffen“, sagt die junge Syrerin und beginnt mit den Übungen des heutigen Samstags. Hier hat sie keinen Druck, kann in Ruhe lernen, nachfragen und wiederholen. „In den Kursen ist das meistens schwierig, da sind viel mehr Menschen und die Lehrer sind für mich noch viel zu schnell.“
„Bei uns kann jeder mitlernen“, erzählt Carolin Kremer. „Der Deutschkurs ist keine Voraussetzung, auch jemand, der schon länger hier ist und keine Prüfung ablegen will, ist herzlich willkommen.“ Ursprünglich war das Angebot ohnehin als Gesprächskreis gedacht, für all jene, die ihre B1-Prüfung geschafft haben und weiter Deutsch sprechen, vertiefen wollen. Das habe aber nicht funktioniert, es wurde nicht angenommen. „Da haben wir aber gemerkt, dass es die Prüfungsvorbereitung ist, die die Menschen wirklich brauchen und wollen, und haben unser Angebot geändert“. Der Unterricht an sich sei schon zeitaufwendig, die Erwachsenen haben ja häufig Familien, um die sie sich kümmern müssen oder arbeiten bereits. Auliyakhan kann davon ein Lied singen: Unter die Woche arbeitet er von 14 bis 22 Uhr, von 8 bis 12 Uhr hat der Deutschunterricht. „Da bleibt nicht viel Zeit für Hausaufgaben oder Lernen“, gibt er zu, „aber deshalb komme ich hierher. Das Training hier hilft mir sehr.“
Ehrenamtliche Sprachlernbegleiter dringend gesucht
Alle Unterrichtsteilnehmer wünschen sich neben den Deutschkursen auch Menschen, die mit ihnen Deutsch sprechen. Einfach so, ganz ohne Unterrichtssituation, lieber im Café als im Klassenzimmer. Und natürlich sucht Team31 immer ehrenamtliche Sprachlernbegleiter, die sich am Samstagsunterricht beteiligen wollen. „Wir sind über jede Unterstützung dankbar, jeder der mithelfen möchte, darf sich gerne melden“, sagen die engagierten Ehrenamtlichen.
Melden können sich Interessierte bei Carolin Kremer 0160 93927631 oder carolin.kremer@t-online.de. Infos über den Verein finden sich im Internet unter www.team31.jimdo.com
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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