DorfArt e.V. besucht SoLaWi Vorderpfalz
KulTour meets Natur
Der Kulturverein von Böhl-Iggelheim DorfArt hatte seine Mitglieder erneut zu einer KULTOUR eingeladen. Am 17.9.22 stand die Besichtigung von SoLaWi auf dem Programm. Das klingt fast ein bisschen wie „C’est la vie“: SoLaWi, und so fühlt man sich dort auch gleich wie mitten im guten Leben. Aber die Abkürzung steht für Solidarische Landwirtschaft. In Deutschland gibt es derzeit 400 SoLaWis.
Die SoLaWi Vorderpfalz wird getragen von über 150 Haushalten, die zusammen eine kleinstrukturierte und vielfältige Landwirtschaft ohne Pestizide und ohne mineralischen Dünger ermöglichen. Wöchentlich verteilen sie über ihre SoLaWi um die 100 Ernteanteile und versorgen damit fast 300 Menschen direkt mit Gemüse, Getreide und selbst gebackenem Brot. Seit dem Frühjahr 2022 kommen noch Eier hinzu, von eigenen Hühnern, die in ihrem Hühnermobil über ihre Flächen ziehen.
In der SoLaWi Große Erde 8 in Schifferstadt leben zwei junge Paare mit fünf Kindern und die Eltern eines dieser Paare. Sie stellen sozusagen das hauptamtliche Personal, nämlich die drei Gärtner Ruben, Michael und Willi für den Gemüse- und Getreideanbau. Die Eltern von Ruben Blickensdörfer, Willi und Maria, betreiben die Hofbäckerei und bringen langjährige Erfahrungen und Gerätschaften mit in den Betrieb ein. Von den 150 Mitmacher-Haushalten bringen sich viele Menschen im Gemüseanbau, in der Ernte, aber auch in Verwaltung und Finanzbuchhaltung mit ein. Man arbeitet hier also ohne Angestellte und Saisonarbeiter, sondern eben nach dem solidarischen Prinzip der gegenseitigen Unterstützung. Man kann ganze und halbe Ernteanteile erwerben, zurzeit liegt der Preis für einen ganzen Ernteanteil bei 115 € im Monat, wenn man auch Eier bezieht. Es gibt eine Warteliste, wenn jemand ausscheidet, können andere nachrücken. Groß ausweiten können sie die Zahl der Mitmachenden nicht, dafür reichen die Kapazitäten nicht aus. Die Altersstruktur ist heterogen, die fleißigsten Mitmacher sind "junge Rentner*innen“, die mehr Zeit als andere haben, um sich einzubringen.
Die Familien können von dem Betrieb leben. Ruben und Annemarie Blickensdörfer und Mai und Michael Woinzeck haben gemeinsam eine GbR gegründet. 2019 haben sie zusammen den Hof gekauft, das umliegende Ackerland zwischen Wald und Golfplatz auf 20 Jahre gepachtet und konnten so ihre Anbauflächen rund um den Hof arrondieren. Anfang 2022 sind sie auf dem Hof eingezogen. Sie betreiben extensive Landwirtschaft mit sieben Fruchtfolgen und bauen Sommer- und Wintergetreide an. Ihren Gemüseanbau planen sie anhand des Bedarfs der 150 Mitmacher. So werden Anfang des Jahres ca. 500 Tomatenpflanzen angekauft. Manches Gemüse ziehen sie selbst vor, das meiste kaufen sie in Lustadt ein.
Ein wichtiges Anliegen ist die Bodenbearbeitung und Kulturpflege, die für den biologischen Anbau von großer Bedeutung sind. Da trifft es sich gut, dass in unmittelbarer Nachbarschaft Pferde gehalten werden. Von dort beziehen sie den Pferdemist und füttern damit ihre „Miete“, ein langgezogener flacher Erdhügel, der über das Jahr mit Gemüseabfällen und Grünschnitt angereichert wird. In der Miete herrscht ein reges Würmer- und Nützlinge-Leben. Durch regelmäßiges Umheben und Wenden der Miete entsteht dann die gute fruchtbare Erde, die in die Gemüsefelder eingebracht wird. Mindestens sechs Monate dauert dieser Umwandlungsprozess. Das Mulchen der Anbauflächen um die Pflanzen herum ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Bodenverbesserungsmaßnahmen. Darunter hält sich die Feuchtigkeit und es entwickelt sich ein reges „Helfer“-Leben der Nützlinge.
Zur Bewässerung des Gemüses gibt es Grundwasserbrunnen, aber der Getreideanbau ist Wetter abhängig und hat in diesem Sommer enorm unter der Trockenheit gelitten. Das Sommergetreide konnte nicht geerntet werden.
14 Vereinsmitglieder von DorfArt e.V. ließen sich von Annemarie und Ruben, begleitet von Töchterchen Marta (7 Monate) das Konzept und die Arbeitsweise der SoLaWi Vorderpfalz erläutern. Schwer beeindruckt waren die Teilnehmer*innen von den fahrbaren Gewächshäusern. Noch stehen darin die Tomaten, Gurken und Paprikapflanzen. Aber dahinter unter freiem Himmel ist schon der Winteranbau vorbereitet mit Kohlrabi, Spinat und Kohl. Wenn das Sommergemüse abgeerntet ist, werden die Folienhäuser auf großen Rollen über das Wintergemüse geschoben.
Der DorfArt-Besuch bei SoLaWi endete mit einem Picknick unter der Linde. Hier hatten die Gastgeber Biertische und Bänke aufgestellt, diese mit Gemüse und selbstgemachtem Apfelsaft bestückt. Dazu gab es Brot aus der Hofbäckerei. Die Teilnehmenden hatten sich den Belag dafür selbst mitgebracht. Was für eine köstliche Verpflegung und was für ein spannender Vormittag. C’est vie bei SoLaWi Große Erde 8, eine biologische Insel inmitten der konventionell beackerten „Gemüsewüste“ (Zitat eines Teilnehmers) der Vorderpfalz. Auf dem Heimweg hatten wir das wohltuende Gefühl, in einer Zeit voller Irrsinnigkeiten und schlimmer Nachrichten ein Sinn stiftendes und Hoffnung gebendes Projekt vor unserer Haustür kennengelernt zu haben. Wir kommen wieder, als Kunden, Mitmacher oder einfach als interessierte Besucher*innen.
Autor:Katja Friedrich aus Böhl-Iggelheim |
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