Tochter und Mutter diskutieren über das Einkaufverhalten und dessen Folgen
Ein Klick mit vielen Folgen
Speyer. Für die „Digital Natives“, die Smartphone- und Internetgeneration, ist Online-Einkauf selbstverständlich. Wie schnell das Internet nachhaltig Verhalten verändert, zeigt sich im Streitgesprächen innerhalb der Familie zum Thema Lokal Einkaufen oder Onlinekauf. „Was hast du denn jetzt schon wieder bestellt?“ Kaum habe ich den Anruf angenommen hallt mir diese Frage entgegen. Kein „Hallo“, kein „wie geht es dir mein Kind?“ - nichts. Meine Mutter ist leicht verärgert. Wir haben Donnerstagnachmittag und der Paketbote hat bereits zum dritten Mal in dieser Woche eine Fuhr Pakete bei ihr Zuhause abgeladen. Meine Mutter hat mir bei meinem Auszug vor Jahren angeboten, dass ich meine Bestellungen zu ihr liefern lassen könne, da ich unter der Woche den ganzen Tag arbeite und ich mir so den Weg zur Postfiliale spare. Ich bin überzeugt, mittlerweile bereut sie dieses Angebot. Rasch überfliege ich in Gedanken meine Bestelllisten, doch zu diesem Zeitpunkt lässt sich die Frage meiner Mutter, was ich denn schon wieder bestellt hätte, absolut nicht mehr beantworten. Sicherlich fragt sie spätestens beim wöchentlichen Sonntagsessen wieder nach. Meine Bestellungen tätigte ich an einem Sonntagnachmittag gemütlich auf dem Sofa mit einer Tasse Kaffee in der Hand. Arbeit, Studium, Haushalt, Familie, Freunde oder gar ein Haustier: Alles unter einen Hut zu bekommen, bedeutet schon Stress genug, da bleibt kaum Zeit, sich in das innerstädtische Getümmel zu werfen und Geschenke zu besorgen. Diese Ansichten teilt meine Mutter ganz und gar nicht. Meine Vorahnung bestätigt sich, als ich am Sonntag die Küche betrete. „Was würdet ihr heutzutage nur ohne eure Smartphones, Tablets und das Internet tun? Fast täglich kommen hier neue Päckchen an und du scheinst dir überhaupt keine Gedanken darüber zu machen, welche Konsequenzen damit verbunden sind.“
Das offensichtlichste Argument gegen den Online-Einkauf sei die Verwandlung der Innenstädte in sogenannte Geisterstädte. Darüber habe sie erst vor kurzem eine Reportage im Fernsehen gesehen. Lokal ansässige Unternehmen seien auf jeden einzelnen Kunden angewiesen und wenn es bald jeder so mache wie wir jungen Leute, dann bestehe für diese Unternehmen keine Chance mehr, sich über Wasser zu halten. „Das sieht man ja schon bei uns im Ort, wie viele Geschäfte hier in den letzten zehn Jahren schließen mussten. Das kann doch nicht die Zukunft sein“, entrüstet sich meine Mutter. Ein wichtiger Einwand, den ich bisher außer Acht ließ: Was passiert mit unseren älteren Mitbürgern? Wo sollen sie einkaufen gehen, wenn es kaum noch Geschäfte vor Ort gibt und viele von ihnen nicht einmal einen Internetzugang haben? Gerade wenn man keine Familie oder Verwandtschaft in der Nähe hat, gestalte sich das Einkaufen im Alter doch etwas schwieriger und wenn man dann zum nächsten Lebensmittelgeschäft noch einige Kilometer fahren müsse, mache es das nicht unbedingt einfacher. Ich gerate ins Grübeln. Meine Mutter kauft, wie mir bewusst wird, sehr selten online ein. Bücher bestellt sie in dem kleinen Buchladen einige Straßen weiter und holt sie dann am nächsten Tag ab. Ihre Kleidung möchte sie anfassen, anprobieren, unkompliziert umtauschen, falls nötig, und vor allem schätzt sie die Fachberatung vor Ort. Nach einer freundlichen Beratung, verlasse sie einfach besser gelaunt das Geschäft. Ich gebe zu, wenn ich nicht unter Zeitdruck stehe, ziehe ich den Einkaufsbummel durch meine Lieblingsläden jedem Online-Shopping vor. Ihre Argumente sind nachvollziehbar und bringen mich weiter ins Grübeln. Eine gute Idee, derer sich schon einige lokale Unternehmen angenommen haben, ist das Online-Marketing für sich zu nutzen. Informationsbeschaffung beginnt heutzutage meist im Internet. Ich glaube auch nicht, dass diese Tendenz noch aufzuhalten ist. Doch könnte ein lokales Unternehmen mit einer interessanten Internetpräsenz leicht auf sich aufmerksam machen und neue Kunden in sein Geschäft locken. Meiner Meinung nach, würde es sich für viele Unternehmen lohnen, diesen Ansatz zu verfolgen. Den Kunden vor Ort muss einfach ein Anreiz geboten werden, um in Zukunft weiter lokal einkaufen zu gehen. Meine Argumente für den Online-Einkauf beschränken sich grundlegend auf zwei Schwerpunkte. Zum einen der zeitliche Aspekt: Ich kann schnell, unkompliziert, zu jeder Uhrzeit, von überall meine Einkäufe tätigen. Zum anderen die große Auswahl: Ich finde auf nur einer Plattform, so ziemlich alles, was ich brauche beziehungsweise gerade suche. Nach der heutigen Diskussion ist mir jedoch bewusst, dass ich zwar weiterhin gewisse Dinge im Internet bestellen werde, doch möchte ich darauf achten, den Klick immer öfter in meiner Stadt zu lassen.
Autor:Wochenblatt Speyer aus Speyer |
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